Ein Freund, wir kennen uns seit 20 Jahren, hat mir gestern atemlos gemailt: „Du, ich kenne da ein Mädel, Arbeitskollegin von mir, die schreibt.“ Aber das war noch nicht alles: „Außerdem tritt sie heute Abend beim ‚Poetry Slam’ im ‚Metropol’ auf. Das müssen wir uns unbedingt live geben!“
Noch nie zuvor war ich bei einem „Poetry Slam“ gewesen. Bis dahin dachte ich immer, dass das höchstwahrscheinlich ein bisserl was von „Kritische Schülerzeitung“ hat und von „Wir lesen uns gegenseitig unsere pubertierenden Gedichte von verlorener Liebe vor, umarmen und trösten uns dabei wechselseitig und haben einander ganz toll lieb.“
Von wegen.
Der „Poetry Slam“ war ein Hammer.
12 TeilnehmerInnen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich gaben auf der Bühne Gereimtes und Prosa zum Besten. Unter Einsatz ihres ganzen Körpers, also nicht nur ihrer Stimme, rissen sie die (großteils jungen) Menschen im Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Meistens übrigens mit beängstigender Geschwindigkeit – beängstigend für mich: So schnell, wie die reden können, dachte ich bei mir, kann ich nicht einmal denken…
Aber die Poetinnen und Poeten konnten beides: Schnell reden UND schnell denken, und das, was sie scheinbar mühelos aus Ihrem Inneren, wahrscheinlich aus ihrem Innersten hervor zauberten, hatte Tiefgang, ohne weltverbesserisch humorlos zu sein, hatte Kraft und Poesie, war voller Leidenschaft, Wut und Feuer und wich somit von meinen Erwartungen vollständig ab.
Die „Frohbotschaft“ nach diesem wunderbaren Abend (der mit spannenden Gesprächen mit einigen der TeilnehmerInnen in einem Schanigarten in den Stadtbahnbögen bis in die späte Nacht hinein andauerte):
Weder die Sprache, noch die Kreativität überhaupt sind im Zeitalter des Internet und der elektronischen Medien der Verflachung oder gar dem Untergang geweiht – auch und gerade nicht unter jungen Menschen (denen man heutzutage gerne nachsagt, sie würden nur mehr vor dem Computer sitzen und langsam, aber sicher verblöden).
Das Gegenteil ist wahr:
Die Sprache lebt.
Raus damit..!