Roma non locuta. Causa finita?

Darf eine Firma, gegen deren Mitarbeiter täglich neue schwere Missbrauchsvorwürfe erhoben werden, diese Vorwürfe einfach schweigend aussitzen?

Die zynische, auf die Logik von „Public Relations“ blickende Analyse lautet:

Nein.

Keine Organisation, nicht einmal die katholische Kirche, kann es sich in Zeiten von Facebook, Sensationsjournalismus und Talkshows, in denen der kleine Mann schonungslos sein Innerstes nach außen kehrt, leisten zu schweigen.

Die Tage, wo noch „Zucht und Ordnung“ herrschten, wo die heilige Dreifaltigkeit aus Vater, Lehrer und Pfarrer noch uneingeschränkt und ohne Gewaltentrennung absolut regierte und dort, wo ihre Autorität zaghaft hinterfragt wurde, Rohrstaberl und „gsunde Watschn“ abgeirrte Schafe auf den Weg der Tugend zurück führten, sind längst vorbei.

Wer heute Gewalt an Kindern und Jugendlichen verübt, braucht gute – psychologische – Gründe oder einen guten Anwalt.

Es gibt aber auch noch eine andere Betrachtungsweise, eine Betrachtungsweise, welche die katholische Kirche bei ihrem eigenen Wort nimmt:

Gerade eine Institution wie sie, deren Kerngeschäft auf der Idee von Schuld, Beichte, Sühne und Vergebung beruht, darf es sich nicht erlauben, diese Essenz ihres Selbstverständnis zu vergessen, wenn es ums eigene Personal und dessen Taten geht.

Das wäre unmoralisch, zumindest aber ein krasser Widerspruch.

Nicht alle gläubigen Menschen sind bereits aufgeklärt und kritisch genug, „ihrer“ Kirche wegen der aktuellen Skandale den Rücken zu kehren. Die Aufforderung Immanuel Kants, Aufklärung als den Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu verstehen und sich dementsprechend aus der Gewalt fremder Autoritäten zu befreien, ist leider noch nicht bis in die Köpfe aller gläubigen Menschen vorgedrungen.

Noch nicht.

Viele hängen trotz all ihrer Scheinheiligkeit noch an „ihrer“ Kirche.

Noch.