Alles auf Anfang

Das neue Jahr steht kurz bevor und die neue, schwarz-blaue Regierung ist bereits angelobt.

Ob sie das Land zum Besseren führen oder ins soziale Chaos treiben wird, darüber streiten sich die Kommentatoren noch.

Da ich mich selbst als Liberalen verstehe, habe ich keine der beiden Parteien gewählt, weil sie mir beide, aus unterschiedlichen Gründen, unsympathisch sind und, jede auf ihre Weise, eine gewisse Art des Illiberalismus verkörpern.

Mit der FPÖ kann ich prinzipiell nichts anfangen, weil mir ihre allgemeine Haltung, sich auf (vermeintliche oder tatsächliche) Probleme zu konzentrieren anstatt auf Lösungsvorschläge, kontraproduktiv erscheint.

Darüberhinaus ist mir ihre mehr oder weniger offen zur Schau getragene reaktionäre und teils unverblümt rassistische Haltung höchst unsympathisch.

Obwohl mir die ÖVP ökonomisch sympathisch ist und mir weit weniger reaktionär zu sein scheint als die FPÖ, kann ich mit dem „katholischen Mief“, mit dem sie trotz ihres jungen Parteichefs imprägniert zu sein scheint, nichts anfangen.

Was spricht im Jahr 2017, um nur ein einziges, sehr plakatives Beispiel zu nennen, dagegen, die „Ehe“ für alle, also heterosexuelle und homosexuelle Paare freizugeben?

Welchem heterosexuellen Paar nimmt ein homosexuelles, das sich trauen lässt, dadurch etwas weg?

Doch dieses Beispiel steht m.E. stellvertretend für eine prinzipiell konservative Haltung, die für einen Liberalen wie mich inakzeptabel ist.

Ich bin vorsichtig skeptisch, aber nicht panisch pessimistisch, wie sich Österreich unter den beiden rechten Parteien verändern wird.

Zwischen Ungarn, das gerne zum Vergleich herangezogen wird, und Österreich liegen Welten.

Es gibt eine starke linke und (links)liberale Opposition, zahlreiche kritische Intellektuelle und Medien, Österreich ist durch die Bedeutung, die es als Standort diverser internationaler Organisationen und als Tourismusland hat, sowie durch seine Mitgliedschaft in der EU, relativ ungefährdet, in eine rechte bzw. rechtspopulistische Quasi-Diktatur zu mutieren.

Dass es in einer Demokratie möglich sein muss, auch einmal eine Politik auszuprobieren, die etwas liberaler, meinetwegen „rechter“ ist als die bisherige, sollten wir mit Fassung tragen.

Wenn sich diese Politik als Irrtum herausstellt, können wir sie in fünf Jahren wieder abwählen.