2017 meets 1983

Die SPÖ hat schon einmal mit der FPÖ koaliert – von 1983 bis 1986, unter Fred Sinowatz (SPÖ).

Sein damaliger Partner bei der FPÖ: Norbert Steger.

1986 kam die „Waldheim-Affäre“, durch die auch Jörg Haider nach oben gespült wurde und die Macht in der FPÖ übernahm.

Dem neuen SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky, der auf Fred Sinowatz folgte, waren die „Blauen“ suspekt genug, um sie auf Dauer aus dem Kreis möglicher Koalitionspartner auszuschließen – die sogenannte „Vranitzky-Doktrin“ war geboren.

Im Jahr 2017 dient der sozialdemokratische Bundeskanzler Christian Kern sich ohne große Not den Freiheitlichen an: Sollten diese den von der SPÖ aufgestellten „Kriterienkatalog“ erfüllen, so wäre auch mit ihnen, entgegen der „Vranitzky“-Doktrin“, eine Zusammenarbeit möglich.

Ob diese Neupositionierung der SPÖ mehr Wähler wegnehmen oder bringen wird, lässt sich schwer abschätzen. Grob betrachtet gibt es innerhalb der Partei nämlich zwei Gruppierungen:

Eine, die partout nicht mit den „Blauen“ koalieren will, weil dies nach Ansicht dieser Gruppe einem Verrat sozialdemokratischer Werte gleichkäme.

Und eine andere, die – man muss es wohl so nüchtern betrachten – den Verlust der Regierungsbeteiligung durch eine schwarz-blaue Koalition befürchtet und daher lieber den Tabu-Bruch zu begehen bereit ist und mit der FPÖ zusammenarbeiten will.

Dieses „Um keinen Preis die Macht verlieren“ redet sich diese, in politischen Dingen nüchtern-pragmatische Gruppe damit schön, dass eine ÖVP-FPÖ-Koalition das größere Übel wäre als eine zwischen SPÖ und FPÖ, und dass es mehr inhaltliche Übereinstimmungen zwischen „Rot“ und „Blau“ gäbe als etwa zwischen „Rot“ und „Schwarz“ (oder „Schwarz“ und „Blau“).

Ob letzteres stimmt, hängt vor allem davon ab, wie man die einzelnen thematischen Punkte innerhalb der verschiedenen politischen bzw. weltanschaulichen Lager gewichtet.

So viel stimmt jedoch: Die meisten Stimmen, welche die SPÖ in den letzten Jahren verloren hat, sind an die FPÖ gegangen. Die Analyse der „Übereinstimmungen“ dürfte also nicht ganz falsch sein.

Dennoch muss das kein Grund sein, sich den Freiheitlichen mit Haut und Haaren in den Rachen zu werfen.

Ein deutlich sozialdemokratischer akzentuiertes Profil könnte die SPÖ stärken – vorausgesetzt, die Partei sagt klar, dass sie lieber in die Opposition gehen, als Abstriche bei ihren Forderungen machen würde, und zieht das dann auch durch.

Ob einmal mehr die Angst vor dem Verlust der Pole Position an den Futtertrögen der Macht über die intellektuelle und moralische Redlichkeit siegen wird?

Im Herbst werden wir es erfahren.