Eigentlich hatte ich ja noch vor, mir den Film von P. A. Straubinger, „Am Anfang war das Licht“, anzusehen. Nicht etwa deshalb, weil ich daran glaube, dass Menschen nur von Sonnenlicht leben können. Das halte ich für ausgeschlossen.
Es gibt kein einziges Lebewesen, das sich NUR von Sonnenlicht ernährt. Selbst die zur Photosynthese fähigen Pflanzen brauchen Wasser und entziehen dem Boden mit diesem zugleich auch Nährstoffe. Wer das nicht weiß, sollte nachlesen, wer es nicht glaubt, kann gerne die Probe aufs Exempel machen und eine Pflanze ungedüngt in einem Topf über längere Zeit wachsen lassen:
Irgendwann ist Schluss mit lustig.
(Bevor mich die logisch geschulten unter den Esoterik-Affinen zurück pfeifen, indem sie rufen: „Induktionsproblematik!“, gestehe ich ihnen zu, dass es natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass mir morgen jemand begegnet, der sich nur von Licht ernährt. Aber ich muss ergänzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass das geschieht, ist – aus meiner Sicht – nicht besonders hoch.)
Zurück zum Film:
Seit gestern Abend weiß ich, dass ich ihn mir nicht mehr anzusehen brauche. Denn im Rahmen der Promotionsfeier einer Freundin habe ich IHN persönlich kennen gelernt:
P. A. Straubinger.
Eines gleich vorweg: Ich halte ihn – nach dem kurzen Gespräch, das wir mit einander geführt haben – für einen durchaus sympathischen, ruhigen, friedfertigen Zeitgenossen, im Unterschied zu einem Freund der Gastgeberin, der ebenfalls mit uns am Tisch saß. Den Namen dieses Freundes habe ich mir leider nicht gemerkt, daher nenne ich ihn an dieser Stelle den „Adepten“, was insofern gerechtfertigt ist, als er an den Lippen seines Meisters, P. A. Straubinger, hing.
Der Adept (er beabsichtigt, einen Film über „Chanelling“ zu drehen – wer mehr darüber wissen will, soll das bitte „googeln“, ich will weder Öl, noch Mühe darauf verschwenden, ins Detail zu gehen) reagierte ziemlich verschnupft auf meine kritischen Fragen und Einwände – und das, obwohl ich geduldig versuchte (was mir im Angesicht von naturwissenschaftlichem Halbwissen und wissenschaftstheoretischer Unbildung nicht immer leicht fällt), das Verbindende zwischen seiner (aus meiner Sicht) mystischen Position und meinem Naturalismus herzustellen.
Er meinte, sinngemäß, wir alle wären doch eigentlich mit einander verbunden, eine Einheit sozusagen, woraufhin er irgend etwas von unsterblicher Seele und Wiedergeburt daher faselte. Ich versuchte, ihm zu erläutern, dass und warum ich die hinter seiner Theorie stehende idealistische Metaphysik für falsch halte, die praktischen Handlungsanweisungen, die er daraus ableitet, sich jedoch mit meinen decken:
Wir sitzen – mit all unseren Bedürfnissen, Schwächen und Ängsten – in einem Boot mit jenen Lebewesen, die ebenfalls leidensfähig und sterblich sind. Wenn wir es also vermeiden können, ihnen weh zu tun, wäre es angebracht, dies auch zu tun.
Aber das lässt sich auch utilitaristisch begründen, ohne eine unsterbliche Seele, Wiedergeburt und einen unsichtbaren Faden postulieren zu müssen, der uns alle durch Raum und Zeit und bis hinein ins – vermeintliche, aber bisher unbewiesene (und unbeweisbare) – Jenseits mit einander verbindet.
Doch auch dieser Versuch einer Einigung auf ethischer Ebene scheiterte – genau so wie die anderen, die dazu gedacht waren, die Inkonsistenzen seiner Aussagen aufzuweisen.
Der Adept wurde ein klein wenig aggressiv, was zuletzt in seiner Aussage gipfelte, er hätte sich offensichtlich ans falsche Ende des Tisches gesetzt.
Nun, so kann man die Suche nach Wahrheit natürlich auch betreiben…
P. A. Straubinger wiederum meinte, nachdem er meine wissenschaftstheoretischen Einwände mit schneller Hand vom Tisch gewischt hatte, ohne mir die Möglichkeit gegeben zu haben, sie vollständig zu entfalten und sich selbst die Chance, sie zu verstehen:
Er würde sich schon seit zehn Jahren mit dem Thema „Lichtnahrung“ befassen und hätte unzählige Anekdoten gesammelt, die als Beleg für seine Überzeugungen dienen.
Mein Einwand, Anekdoten gäbe es viele, aber was mag das schon beweisen? war der letzte den ich vorbringen konnte, bevor die Gastgeberin – etwas unsanft – unseren Diskurs unterbrach und für den Rest des Abends untersagte.
Schade eigentlich.
Denn vielleicht wäre mir gestern ja doch noch ein Licht aufgegangen…