Er hat es also geschafft:
Alexander Van der Bellen ist der neue österreichische Bundespräsident.
Das ist gut so, denn Van der Bellen ist ein sympathischer, gebildeter und vor allem überlegter Mann mit politischer Erfahrung, Hausverstand und einer gehörigen Portion Humor.
Man muss sich nicht für ihn schämen, er wird Österreich im Ausland würdig vertreten.
Das ist die gute Nachricht.
Eine Sache könnte die Jubelstimmung unter seinen Fans jedoch trüben:
Wenn Van der Bellen ein Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher sein will, muss er nolens volens einige realitätsferne Ideale jener ignorieren, die ihn zum grünen Erlöser hochgejubelt haben.
Dass er kurz vor der Wahl plötzlich zum TTIP-Gegner mutierte, mag einer strategischen Überlegung entsprungen sein (Norbert Hofer sprach sich auch gegen TTIP aus, insofern hätte es hier nichts zu gewinnen gegeben, eine konträre Haltung einzunehmen). Besonders reflektiert ist diese Einstellung aber nicht – vor allem für einen studierten Ökonomen im Range eines Universitätsprofessors.
Wenn Van der Bellen als Türöffner für österreichische Wirtschaftsdelegationen im Ausland agieren will, kann er nicht als Merkantilist und Gegner freien internationalen Handels auftreten.
Und auch die Anhänger einer undifferenzierten Willkommenskultur wird der neue Bundespräsident wohl oder übel vor den Kopf stoßen müssen. Die Flüchtlingsproblematik kann nicht von Österreich, Deutschland und Schweden im Alleingang gelöst werden. Wenn sich alle anderen Länder innerhalb und außerhalb der EU aus ihrer Verantwortung stehlen, kann Österreich trotzdem nicht die Tore weit aufmachen. Denn das würde die Bevölkerung früher oder später überlasten und zu einem Rechtsruck führen, der sich im Sieg der FPÖ bei den nächsten, spätestens bei den übernächsten Nationalratswahlen niederschlagen würde.
Van der Bellen darf und soll seine Ideale bzw. diejenigen seiner Anhänger zu verwirklichen versuchen. Aber er sollte es stets im Bewusstsein tun, für alle Österreicherinnen und Österreicher verantwortlich zu sein und nicht nur für jene, die ihn gewählt haben.