Verschnaufpause – aber nicht lange

Er hat es tatsächlich geschafft:

Alexander Van der Bellen hat die Wiederholung der Stichwahl gewonnen und wird der nächste Bundespräsident.

Natürlich ist das für das Land selbst nach innen hin, aber auch in der Außenwirkung gut so.

Eine beinahe hörbare Erleichterung geht durch Österreich, zumindest aber durch jene Hälfte der Bevölkerung, die Van der Bellen ihre Stimme gegeben hat.

Ist dies tatsächlich eine „Richtungsentscheidung“, wie viele im linken Lager das behaupten?

Jein.

Es stimmt zwar, dass Van der Bellens Wahl zeigt, dass Österreich noch nicht ganz an den Rechtspopulismus verloren zu sein scheint.

Doch wenn die beiden etablierten Parteien, SPÖ und ÖVP, nicht erkennen, dass die Bundespräsidentenwahl (inklusive Ausscheiden ihrer beiden Kandidaten und zwei doch relativ knapper Stichwahlen) ein Schuss vor den Bug, eine Warnung darstellt, haben sie nichts verstanden.

Die nächste Nationalratswahl kommt bestimmt – spätestens in zwei Jahren.

Und bis dahin sollten diejenigen, die keinen FPÖ-Kanzler an der Regierungsspitze sehen wollen, endlich ernsthaft arbeiten – und vor allem zusammenarbeiten: über die Parteigrenzen und die wechselseitigen Ressentiments hinweg.

Wenn der Stillstand, der in vielen Bereichen des Landes herrscht, nicht durch mutige Taten beseitigt wird, ist die Gefahr groß, dass der nächste Kanzler H.C. Strache (oder Norbert Hofer) heißen könnte.

Es ist ganz egal, ob die Probleme, die Österreich hat, objektiv groß genug sind, um diesen Regimewechsel zu rechtfertigen.

Die subjektive Wahrnehmung vieler (der meisten?) Menschen in diesem Land ist keine positive.

Und das reicht leider für viele, um eine politische Veränderung herbeizuwünschen und herbeizuwählen, koste es, was es wolle.

Mit der Wahl Alexander Van der Bellens zum Bundespräsidenten haben Österreich und die etablierte Politik bloß eine kurze Verschnaufpause gewonnen.

Allzu lange sollten die gemäßigten Kräfte aber nicht rasten, denn das Rennen geht weiter.