Immer wieder hört man die Forderung, die Ukraine nicht länger oder wenigstens nicht mit potenteren Waffen zu versorgen, damit dieser Krieg endlich von der physischen Ebene auf jene des Verhandelns wechseln könne.
Zu viele Menschen mussten bereits ihr Leben lassen, auf beiden Seiten. Und das wahrscheinlich nicht immer freiwillig.
Trotzdem ist es nicht nachvollziehbar, warum man die Ukraine nicht mehr dabei unterstützen sollte, sich gegen den Angriff Russlands verteidigen zu können.
Ich will nicht Beispiele bzw. Vergleiche mit vergangenen Angriffskriegen ins Spiel bringen, obwohl es selbstverständlich leicht wäre, eine moralische Bringschuld aus ihnen abzuleiten.
Doch unabhängig von dieser vielleicht global-moralischen Reziprozität lässt sich durchaus auch mit anderen guten Argumenten begründen, der Ukraine weiter beizustehen.
Es kann nicht sein, dass ein souveräner Staat von einem anderen überfallen und in einen Krieg verwickelt wird. Wer das anders sieht, nimmt bewusst in Kauf, dass dies ein problematisches Signal an potenzielle künftige Aggressoren sendet – dass es sich nämlich lohnen kann, einen Angriff auf fremdes Territorium zu riskieren.
Wer Frieden will, muss leider immer noch in Kauf nehmen, dass dazu in manchen Fällen ein Krieg – zur (Selbst-)Verteidigung – unverzichtbar ist.
Es geht um mehr als nur um die Ukraine und Russland und die beklagenswerten Tode. Die Freiheit und Selbstbestimmung aller Menschen werden bei jedem solcher Konflikte stets mitverhandelt.
Lektor, Autor, Philosoph