Ein Y für ein X vormachen?

Imane Khelif hat die Goldmedaille im Weltergewicht im Boxen bei den Olympischen Spielen 2024 in Frankreich errungen – bei den Frauen.

Bereits vor dem Sieg hat sich eine Debatte darüber entzündet, ob Khelif zu Recht im Frauenbewerb hätte antreten dürfen.

Im März 2023 wurde Khelif bei der Box-WM drei Tage nach ihrem Sieg gegen die bis dahin ungeschlagene Russin Azalia Amineva vom Wettkampf ausgeschlossen und rückwirkend disqualifiziert.

Über die damals durchgeführten Tests bzw. deren Ergebnisse weiß niemand so wirklich bescheid.

Spekuliert wurde darüber, dass bei Khelif zu hohe Testosteronwerte und / oder XY-Chromosomen festgestellt worden wären.

Die Unterstützer des Antritts von Khelif bei den Olympischen Spielen 2024 begründen ihre Position damit, dass Khelif – ihrer Vermutung nach – mit weiblichen Geschlechtsorganen geboren und von ihren Eltern als Mädchen aufgezogen worden sei. Somit sei Khelif eine Frau und als solche dürfe SIE selbstverständlich in Frauenbewerben antreten.

Mir scheint diese Argumentation problematisch.

Natürlich weiß ich nicht, worum es sich bei Imane Khelif phänotypisch und genotypisch handelt.

Die These, Khelif wäre zwar mit XY-Chromosomen geboren, aufgrund einer genetischen Störung jedoch mit weiblichen Genitalien zur Welt gekommen und könnte daher als „intersexuell“ bezeichnet werden, scheint mir plausibel.

Doch macht dies Khelif zur Frau und berechtigt es „sie“, als Frau an Wettbewerben mit anderen Frauen teilzunehmen?

Jenseits von ideologisch aufgeladenen Diskussionen zwischen dem konservativen Lager, das auf der binären Weltsicht, es gibt nur zwei biologische Geschlechter, besteht, und dem linksliberalen Lager, das darauf pocht, dass nicht nur das soziale, sondern auch das biologische Geschlecht eine komplexe Angelegenheit zu sein scheint, benötigen wird klare Kriterien, um Fairness im Wettkampfsport zu ermöglichen.

Wenn es nach mir ginge, dürfte Imane Khelif nicht bei den Frauen antreten, wenn „sie“ mit XY-Chromosomen geboren wurde, wobei es für mich unerheblich ist, wie Khelif selbst sich sieht bzw. als was die beiden oben genannten weltanschaulichen Lager Khelif sehen mögen.

Die Träger von XY-Chromosomen sind statistisch betrachtet Trägern von XX-Chromosomen bezüglich der für den Wettkampfsport relevanten Anatomie (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer) überlegen.

Es mag Imane Khelif ungerecht erscheinen, nicht bei Frauenbewerben antreten zu dürfen, doch diese vermeintliche oder tatsächliche Diskriminierung wird aus meiner Sicht dadurch überwogen, dass es für die überwiegende Mehrzahl der in den Frauenbewerben antretenden Individuen unfair wäre, wenn sie gegen XY-Träger kämpfen müssten.

Denn für sie alle reicht eine einzige Person mit diesen Charakteristika aus, um ihre Chancen gleichsam auf Null zu reduzieren.