Mustafa Kemal Atatürk rotiert im Grab

Das Referendum in der Türkei ist gelaufen.

Vorerst.

Denn wer weiß, ob die Opposition es nicht doch noch schafft, das Ruder herumzureißen und die von Präsident Erdogan angestrebte Verfassungsänderung, die ihm quasi-absolutistische Macht verleiht, zu verhindern. Immerhin ist die Entscheidung für „Ja“ relativ knapp ausgefallen, die Hälfte der Bevölkerung ist nicht damit einverstanden, sich „ihrem“ Präsidenten bedingungslos auszuliefern.

Sehr wahrscheinlich ist es jedoch nicht, dass sich am Ausgang des aktuellen Referendums noch etwas ändern lässt, da Erdogan in den letzten Monaten viele Kritiker ungeniert öffentlich mundtot gemacht hat und dabei auch nicht davor zurückgeschreckt ist, politische Gegner ins Gefängnis stecken zu lassen.

Und das, wohlgemerkt, schon vor dem Referendum, das ihm – knapper Ausgang hin oder her – Rückenwind verschaffen dürfte.

Die Türkei befindet sich seit geraumer Zeit auf dem Weg in einen autoritären Staat. Wie Erdogan wirklich tickt, welche Ziele er verfolgt und ob er sein Land streng islamisch ausrichten möchte, ist schwer zu sagen.

Tatsache ist aber:

Mit der säkularen Republik, wie sie ihrem Gründer Mustafa Kemal Atatürk 1923 vorgeschwebt war, hat die Türkei des Jahres 2017 ab sofort nicht mehr viel gemein.

Die Zukunft des Landes ist ungewiss, ein EU-Beitritt in weite Ferne gerückt. Er wird wohl auf immer verunmöglicht werden, falls Erdogan mit seiner Ankündigung Ernst macht und ein zweites Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe abhalten lässt.