Böse Türkei..! Böse Türkei..?

Seit ein paar Tagen geistert ein Artikel durch die sozialen Netze.

Sein brisanter Inhalt:

Die Türkei würde Sex mit Kindern per Gesetz erlauben.

Das ist – so böse es auch klingen mag – reiner Blödsinn.

Tatsache ist vielmehr:

Das Schutzalter, also jenes Alter, ab dem ein Mensch mit einem anderen Menschen jeden Alters (ab dem Schutzalter aufwärts) legal Sex haben darf, beträgt in der Türkei laut Gesetz 15 Jahre.

Der einvernehmliche Sex von Menschen im Alter von 15 bis 12 Jahren soll nun per Gesetz legalisiert werden.

Ist das ein unmoralisches Vorhaben, über das sich etwa die Kronen Zeitung (sie schreibt am lautesten gegen dieses Verbrechen per Gesetz an) zu Recht empört?

Nein.

Denn in Österreich liegt das Schutzalter sogar niedriger, nämlich bei 14 Jahren.

Einvernehmlicher Sex ist hierzulande für Menschen ab dem Alter von 13 Jahren erlaubt, sofern der ältere der beiden Partner nicht mehr als drei Jahre älter, also maximal 16 Jahre alt, ist.

Man kann vieles an der Türkei kritisieren, z.B. die durch die Regierung Erdogan schrittweise unter Bedrängnis geratene Demokratie, die Art, wie der Präsident mit politischen Gegnern umgeht, welche Vorstellung von Pressefreiheit er hat und wie er auf Kritik an seiner Person reagiert.

Das „Strafrecht“ in Bezug auf das Thema „Sexualität“ hingegen eignet sich nicht für Kritik.

Zurück zum Start…

Der Verfassungsgerichtshof hat die Stichwahl aufgehoben.

Zwar konnten keine Manipulationen nachgewiesen werden, dennoch haben in 14 von 120 (also mehr als zehn Prozent) aller österreichischen Wahlbezirke illegale Handlungen stattgefunden:

Die Kuverts, in welchen die Wahlzettel der Briefwahl steckten, wurden zu früh, in Abwesenheit eines oder mehrerer Wahlbeisitzer und das auch noch teilweise von unbefugten Personen geöffnet.

Der zweite, von VfGh-Präsident Holzinger genannte Grund für die Aufhebung war die ebenfalls illegale Informationspolitik des Innenministeriums: Ausgewählte Personen (vor allem Mitarbeiter von Meinungsforschungsinstituten und Journalisten) erhielten Teilergebnisse der Wahl (und diese Praxis findet seit Jahren statt) vor 17 Uhr.

Für Kritiker des Urteils des VfGh war der erste Grund (die illegale „Weiterverarbeitung“ der Briefwahlkarten) nicht ausreichend (und der zweite eine Bagatelle): Die Verfassung sehe wörtlich vor, dass nicht nur der Vorgang gegen das Gesetz verstoßen haben muss, sondern auch eine Manipulation nachgewiesen werden konnte. Wohlgemerkt: Die Möglichkeit, dass manipuliert werden hätte können, reicht laut Gesetzestext nicht aus.

Dennoch hat der VfGh so entschieden und er tat gut daran.

Wenn auch nur der leiseste Verdacht bestehen bliebe, es hätte Manipulationen gegeben (und ausschließen kann das niemand), wäre der Demokratie kein Gefallen getan.

Jene, die nun befürchten, Norbert Hofer könnte durch die Entscheidung des VfGh einen Vorteil errungen haben, der sich in seiner Wahl zum Bundespräsidenten Anfang Oktober niederschlagen könnte, sollten folgendes bedenken:

Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, „Politik“ zu machen. Durch die Annulierung der Stichwahl hat er einzig und allein die Demokratie (und eine legale, korrekte Abwicklung einer Wahl, noch dazu der einzigen direkten Wahl eines hohen Amtsträgers durch das Wahlvolk, ist DIE demokratische Handlung schlechthin) im Auge behalten.

Das scheint mir wichtiger zu sein als die (vielleicht vorhandene) Gefahr, dass Norbert Hofer tatsächlich im Herbst zum Bundespräsidenten gewählt wird.

PS: Wir werden es zwar nie erfahren, aber die – hypothetische – Frage, was die Grünen getan hätten, wenn die Stichwahl knapp zugunsten Norbert Hofers ausgegangen wäre, darf dennoch gestellt werden. Ich denke, sie hätten – mit denselben Gründen – die Wahl angefochten. Mit vielleicht den gleichen Motiven, wie sie sie der FPÖ nun unterstellen.

Aber nichtsdestotrotz mit demselben Recht und legitimer Weise.

Endstation Kreisverkehr

Ein fulminanter Neuanfang hätte es werden können.

Nach der Ablöse von Werner Faymann durch Christian Kern sah es ein paar Herzschläge lang so aus, als könnte sich an der politischen Dauerstarre etwas ändern, an der das Land seit Jahren leidet.

Mit Kern trat ein Mann an die Spitze der Regierung, der nicht bloß ehrlich und intelligent zu seinem Publikum spricht, sondern seine Botschaften auch noch in elegante Sätze zu verpacken versteht.

Tatsächlich hatte es den Anschein, als würde ein neuer Typ Sozialdemokrat sich startklar machen und die Ärmel aufkrempeln, um als Kanzler mit seinem ÖVP-Vize das alte Spiel von gegenseitiger Blockade und Proporz zu durchbrechen und substantielle Veränderungen – im Interesse Österreichs – in den Blick zu nehmen.

Aus, vorbei. Der Traum hat sich in Luft aufgelöst. Die Magie des Neuanfangs ist der tristen Realität gewichen: Christian Kern mag ein besserer Redner sein als sein Vorgänger, er ist aber genau so ein Sklave seiner Gesinnungsgemeinschaft.

Dasselbe trifft ceteris paribus auf sein schwarzes Gegenüber zu. Auch Reinhold Mitterlehner kann sich nicht freispielen von seinen Leuten. Symbolisch für die Fortsetzung der ewigen Wiederkehr des Gleichen dürfen wir die Farce rund um die Bestellung der neuen Rechnungshofpräsidentin nehmen.

Frischer Wind weht anders und riecht nach Veränderung. Das Lüftchen, das uns jetzt in die Nase steigt, stinkt nach Abgestandenem.

Es geht nichts mehr – und das wird immer so weiter gehen.

Endlich sind wir angekommen:

Endstation Kreisverkehr.

Der grüne Erlöser

Er hat es also geschafft:

Alexander Van der Bellen ist der neue österreichische Bundespräsident.

Das ist gut so, denn Van der Bellen ist ein sympathischer, gebildeter und vor allem überlegter Mann mit politischer Erfahrung, Hausverstand und einer gehörigen Portion Humor.

Man muss sich nicht für ihn schämen, er wird Österreich im Ausland würdig vertreten.

Das ist die gute Nachricht.

Eine Sache könnte die Jubelstimmung unter seinen Fans jedoch trüben:

Wenn Van der Bellen ein Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher sein will, muss er nolens volens einige realitätsferne Ideale jener ignorieren, die ihn zum grünen Erlöser hochgejubelt haben.

Dass er kurz vor der Wahl plötzlich zum TTIP-Gegner mutierte, mag einer strategischen Überlegung entsprungen sein (Norbert Hofer sprach sich auch gegen TTIP aus, insofern hätte es hier nichts zu gewinnen gegeben, eine konträre Haltung einzunehmen). Besonders reflektiert ist diese Einstellung aber nicht – vor allem für einen studierten Ökonomen im Range eines Universitätsprofessors.

Wenn Van der Bellen als Türöffner für österreichische Wirtschaftsdelegationen im Ausland agieren will, kann er nicht als Merkantilist und Gegner freien internationalen Handels auftreten.

Und auch die Anhänger einer undifferenzierten Willkommenskultur wird der neue Bundespräsident wohl oder übel vor den Kopf stoßen müssen. Die Flüchtlingsproblematik kann nicht von Österreich, Deutschland und Schweden im Alleingang gelöst werden. Wenn sich alle anderen Länder innerhalb und außerhalb der EU aus ihrer Verantwortung stehlen, kann Österreich trotzdem nicht die Tore weit aufmachen. Denn das würde die Bevölkerung früher oder später überlasten und zu einem Rechtsruck führen, der sich im Sieg der FPÖ bei den nächsten, spätestens bei den übernächsten Nationalratswahlen niederschlagen würde.

Van der Bellen darf und soll seine Ideale bzw. diejenigen seiner Anhänger zu verwirklichen versuchen. Aber er sollte es stets im Bewusstsein tun, für alle Österreicherinnen und Österreicher verantwortlich zu sein und nicht nur für jene, die ihn gewählt haben.

Ungerechte Welt..?

„Die da oben können es sich richten und tun es auch!“ lautet eine oft geäußerte Vermutung, die nun wieder lauter zu hören ist, seit die so genannten „Panama Papers“ aufgetaucht sind: geleakte Dokumente eines Offshore-Dienstleisters in Panama, die zeigen sollen, wie die „Reichen“ und „Mächtigen“ ihr Geld am Fiskus und somit an der Allgemeinheit vorbeimanövrieren, um es in sicheren Verstecken zu bunkern.

Doch trifft es wirklich zu, dass DIE „Reichen“ und „Mächtigen“ es sich richten, dass diese Eliten die Allgemeinheit ausbeuten und sich um ihre Verantwortung für das „bonum commune“ drücken?

In dieser Undifferenziertheit stimmt das sicherlich nicht.

Zwar mag es einige, ja, vielleicht sogar viele „Reiche“ und „Mächtige“ geben, die das tun, die Mehrzahl dieser Menschen leistet aber brav ihren Teil an der Verantwortung für die Allgemeinheit – und zwar zunächst einmal dadurch, dass sie als Unternehmer nicht nur Menschen Arbeit bieten, sondern auch noch darüber hinausgehende positive volkswirtschaftliche Effekte erzielen.

Gerade in jenen Ländern, in denen der Fiskus sich besonders gierig an den Besserverdienenden (und das sind nun einmal großteils Unternehmer) bedient, steigt der Verdacht, dass Ungerechtigkeit existiert: nämlich jenen Besserverdienern gegenüber, die sich zunehmend ausgenutzt fühlen.

Wen wundert es da, wenn sie alle – legal zur Verfügung stehenden – Möglichkeiten ausreizen, ihr Geld behalten zu dürfen?

Wenn der Staat oder besser: die Staatengemeinschaft Wert darauf legt, dass die Allgemeinheit nicht im Stich gelassen wird, sollte sie ihre Leistungsträger nicht über Gebühr in die „Pflicht“ nehmen, sondern lieber dafür sorgen, dass die Zahl der Leistungsträger ansteigt, anstatt jene der so genannten „Leistungsempfänger“.

Das klingt zwar nach bösem „Neoliberalismus“, ist aber nichts anderes als die Forderung, den Kampfruf nach „Gerechtigkeit!“ ernst zu nehmen und ihn konsequent zu Ende zu denken:

Gerechtigkeit ist eine wechselseitige Verpflichtung und kein einseitiges Recht.

Kein Oscar für Donald

Wir dürfen eigentlich nicht lästern.

Bei uns gibt es auch hin und wieder Kandidaten bei Bundespräsidentenwahlen, die bei vielen Menschen gut ankommen, obwohl man sie eigentlich in eine geschlossene Anstalt stecken oder sich die Frage stellen müsste:

Ist das ernst gemeint oder bloß Theater?

Nein, ich werde jetzt nicht über Richard Lugner schreiben und mich über ihn und seine aktuelle Kandidatur lustig machen. Das schafft er selbst am besten.

Viel lieber möchte ich mit dem republikanischen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der USA widmen:

Donald Trump.

Durch Immobilien-Geschäfte zum Milliardär aufgestiegen könnte man meinen, dass er eine gewisse Mindestintelligenz und zumindest rudimentäre Ansätze von Höflichkeit im Umgang mit anderen Menschen vorzuweisen hätte.

Doch die letzten Wochen bzw. Monate lassen das Gegenteil immer wahrscheinlicher erscheinen.

Der 69-Jährige trampelt wie der sprichwörtliche Elefant durch den Porzellanladen und zerstört dabei Feind und Freund gleichermaßen. Mit seinen Sprüchen (ganz unten ein Auszug des „Best of Trump“) schadet er allen – mit einer verblüffenden Ausnahme:

Sich selbst.

Ganz egal, was Donald Trump von sich gibt, wie sexistisch, rassistisch, gegen den guten Geschmack, die Menschenrechte und sogar die Gesetze und ungeschriebenen Regeln seines eigenen Landes er sich auch äußern mag, die Menschen scheinen ihn trotzdem zu lieben.

Ein ähnliches Phänomen kennt man als Europäer eigentlich nur aus Italien:

Silvio Berlusconi war (bzw. ist) bei einer großen Zahl von Italienern und Italienerinnen beliebt, ganz egal, wie absurd sich seine Auftritte und Kommentare gestalteten und was er „privat“ (nichts davon blieb wirklich privat) so trieb und mit wem.

Schlimm genug.

Im Unterschied zum Amt des italienischen Ministerpräsidenten ist jenes des Präsidenten der USA jedoch mit relativ großer Macht ausgestattet.

Dass Donald Trump als Kandidat der Republikaner ins Rennen geschickt wird, scheint, aufgrund seiner Erfolge in den so genannten Vorwahlen, so gut wie sicher.

Dass er gegen eine demokratische Kandidatin, die (mit hoher Wahrscheinlichkeit) Hillary Clinton heißen wird, gewinnt, ist nicht sehr wahrscheinlich. Unmöglich ist es aber nicht.

Und dann könnte, nach einer zwei Amtsperioden dauernden „Erholungsphase“ für die Welt während der Präsidentschaft von Barack Obama, der auf George W. Bush folgte, erneut das Chaos ins Weiße Haus einziehen.

Hoffen wir, zusammen mit unseren Freunden in den USA, dass ihnen, uns und dem Rest der Welt dies erspart bleiben mag und Donald Trump in letzter Sekunde den Schwanz einzieht und seine Kandidatur als das zu erkennen gibt, was sie wahrscheinlich von Anfang an war:

eine große Theaterinszenierung, ein ziemlich schräger (Eigen-)PR-Gag eines exzentrischen Egomanen.

Probleme erkannt und benannt. Lösungen?

Dass es unmöglich ist, dass Europa (und innerhalb dieses Kontinents die drei Länder Österreich, Deutschland und Schweden) die „Flüchtlingskrise“ im Alleingang lösen wird können, dürfte allen bewusst sein.

Was sind nun aber mögliche Ansätze für ihre Lösung?

Zunächst einmal sollten die drei oben genannten Staaten im eigenen Interesse darauf hinwirken, dass in einem ersten Schritt – gemäß der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention – „Erste Hilfe“ geleistet wird. Das muss europaweit akkordiert ablaufen, was aber auch bedeutet, dass weder Flüchtlinge sich aussuchen können, wo sie untergebracht werden, noch Länder sich aussuchen dürfen, ob sie überhaupt Flüchtlinge aufnehmen oder nicht.

Wer weiterhin Teil der „Europäischen Union“ sein will, dieses exklusiven Clubs, der gerade für die Staaten aus Zentral- und Osteuropa, die mehrheitlich der Gruppe der so genannten „Nettoempfänger“ angehören, große Vorteile mit sich bringt, muss auch die Gemeinschaftsregeln respektieren und die ihm zuzuordnende Verantwortung für das Gesamte übernehmen.

Die Trennung zwischen „echten“, also Kriegsflüchtlingen gemäß der beiden oben genannten Rechtssatzungen, und so genannten „Wirtschaftsflüchtlingen“ muss konsequent durchgeführt werden; letztere, also die „Wirtschaftsflüchtlinge“, sollten umgehend abgeschoben bzw. gar nicht erst nach Europa gelassen werden und falls doch, nur nach Bedarf nach (qualifizierten) Arbeitskräften gemäß entsprechender (Länder-)Quoten.

Um die ansässige Bevölkerung nicht zu überfordern, sollte aber während der Durchführung von „Erste Hilfe“-Maßnahmen daran gearbeitet werden, Flüchtlingszonen in den benachbarten Regionen außerhalb jener Kriegsgebiete  einzurichten. Diese sollen von der EU, aber auch von anderen „Global Players“, z.B. den USA, Russland, den reichen Golfstaaten, großzügig mit Geld und Logistik ausgestattet werden.

Die EU und die übrigen „Global Players“ sollten gemeinsam daran arbeiten, Konflikte in der Region, wie z.B. jenen in Syrien so zu lösen, damit eine Rückkehr der Flüchtlinge und ein friedliches Zusammenleben der Menschen in diesen Länder wieder möglich gemacht wird. Das ist bestimmt die schwierigste der vorgeschlagenen Maßnahmen, aber langfristig die nachhaltigste, wenn wir nicht wollen, dass Europa von unzähligen Flüchtlingswellen überschwemmt wird.

Apropos: Jene Menschen, die als Flüchtlinge anerkannt und im Rahmen der „Erste Hilfe“-Maßnahmen bei uns aufgenommen werden, müssen von Anfang an über die bei uns geltenden Gesetze und „Konventionen“ (z.B. über den Umgang der Geschlechter, die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Verhältnis von Religion und Staat) informiert werden – und darüber, dass sie bei Zuwiderhandeln keine Chance darauf haben, (auf Dauer) hier zu bleiben.

Nach gesetzlicher Möglichkeit sollten jene, die straffällig geworden sind, abgeschoben werden. Sollte dies aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nicht möglich sein, sollten die Gesetze (EU-weit) entsprechend adaptiert werden. Dies ist nicht nur im Interesse der „Einheimischen“, sondern auch im Interesse jener Menschen, die auf der Flucht vor Krieg und Terror (z.B. des „Islamischen Staats“) darauf hoffen, ein neues Leben in Frieden und Freiheit beginnen zu können.

Gutes Klima

Schon wieder Paris.

Doch diesmal sind es keine Hiobsbotschaften über Terroranschläge, die uns von dort erreichen.

Nein, bei den neuesten Nachrichten aus der französischen Hauptstadt geht – im übertragenen und im wörtlichen Sinne – die Sonne auf:

Auf der Klimakonferenz, die dort bis zum 12. Dezember 2015 stattfand, konnten sich so gut wie alle Staaten dieser Welt (also auch jene, die bisher als so genannte „Klimasünder“ galten) auf eine neue Klimaschutz-Vereinbarung in der Nachfolge des „Kyoto-Protokolls“ einigen.

Beschlossen wurde die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C, möglichst auf 1,5°C.

Das ist ein durchaus ambitionierter Vorsatz, so ambitioniert, dass man meinen könnte, dass er das Papier nicht wert ist, auf dem er festgehalten wurde. Dazu kommt, dass das Abschlussdokument zwar völkerrechtlich bindend ist, jedoch keine Strafen bei Missachtung der Vertragspunkte drohen.

Dennoch beurteilen nicht nur PolitikerInnen, sondern auch VertreterInnen von NGOs (wie z.B. Greenpeace) das „Paris-Abkommen“ durchaus als Meilenstein. Das scheint, vorsichtig betrachtet, legitim.

Trotz allem – berechtigten – Enthusiasmus gilt jedoch:

Paris kann nur der Anfang sein.

Ob das Dokument hält, was es verspricht, werden die kommenden Jahre zeigen – und die Bereitschaft der Unterzeichner, großen Worten ebensolche Taten folgen zu lassen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Paris, November 2015

Man muss kein Franzose sein, um Trauer zu verspüren, Trauer darüber, dass nach kaum einem Jahr (im Jänner 2015 fand das Attentat auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ statt) schon wieder islamistische Attentäter ein Blutbad in der Stadt an der Seine angerichtet haben.

Besucher eines Fußballmatches, Besucher eines Konzerts, Besucher von Cafés – aus diesen Menschen setzt sich die Gruppe der mehr als 120 Toten zusammen.

Waren die Opfer des Anschlags auf „Charlie Hebdo“ Karikaturisten, die sich über radikale Ausprägungen des Islam lustig gemacht haben, so sind es nun völlig Unbeteiligte, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Nur damit ich nicht missverstanden werde:

Auch die Karikaturisten hatten es nicht verdient, erschossen zu werden.

Aber welchen Affront gegenüber dem Islam haben sich die Opfer des 13. November 2015 geleistet, um so „bestraft“ zu werden?

Offensichtlich gehört es – aus Sicht radikalisierter Muslime – bereits zur Gottlosigkeit, Fußballfan, Liebhaber moderner Musik und Kaffeetrinker zu sein.

Nein, das wäre zu einfach.

Laut Augenzeugenbericht hätten die Attentäter Frankreichs Engagement im Kampf gegen den Islamischen Staat in Syrien als Grund für ihren Rachefeldzug genannt.

Aber kann man es sich als Terrorist tatsächlich so einfach machen und riskieren, Menschen zu töten, die vielleicht gar nicht geschlossen hinter ihrer Regierung und deren außenpolitischen Entscheidungen stehen?

Was, wenn es sich bei den Opfern um muslimische Franzosen handelt?

Um solche, die dezidiert das Syrien-Engagement Frankreichs nicht gutheißen?

„Kollateralschaden!“ würde ein überzeugter islamistischer Terrorist auf diesen Einwand wohl antworten.

Aber mit jeder weiteren Pirouette, die ein Gehirn dreht, drehen muss, um solche Taten zu „argumentieren“, zeigt sich, welches Ausmaß an Wahn von ihm Besitz ergriffen haben muss.

Und dennoch:

Es mag paradox erscheinen, aber Fanatismus, ganz egal, in welches Mäntelchen er sich hüllen, zu welchen „hehren“ Zielen auch immer er sich bekennen mag, ist meistens der Ausdruck großer Hilflosigkeit.

Je gewalttätiger ein Mensch ist, je mehr „Stärke“ er in seine Taten investiert, umso klarer gibt er zu erkennen, wie schwach er in Wahrheit ist.

Vertrauen ist wertvoll – und muss daher teuer sein

Nun haben sie es also auch getan, die Wiener Grünen:

Gelogen.

Die Wiener Vize-Bürgermeisterin Maria Vassilakou hat vor der Wahl angekündigt zurückzutreten, sollten die Grünen Verluste einfahren.

Bereits am Wahlabend, als feststand, dass die Grünen rund ein Prozent (und somit ein Mandat) gegenüber der Wahl von 2010 eingebüßt hatten, war plötzlich alles anders und Vassilakou darum bemüht, zurückzurudern.

In den darauffolgenden Stunden folgten halbgare Ausreden und Entschuldigungen.

Ein Fehler sei es gewesen, den sie bedauere, aber sie wolle im Amt bleiben, noch dazu, wo ihre MitstreiterInnen ihr das Vertrauen ausgesprochen hätten.

Wie würden die Grünen reagieren, wenn Michael Häupl, trotz seiner Ansage von vor der Wahl, mit der Strache-FPÖ unter keinen Umständen zu koalieren, nun plötzlich eine SPÖ-FPÖ-Koalition ausrufen und Kritik unter Erinnerung an sein Versprechen mit dem Hinweis auf einen „Fehler“ ausräumen würde?

Die Grünen würden ihn zu Recht der Lüge zeihen.

Aber ist es dann legitim, wenn die Grünen, die letzte aller bereits seit mehreren Jahren im österreichischen Polit-Betrieb aktiven Parteien, die sich solche Lügen noch nicht geleistet haben, eine solche Lüge ihrer Wien-Chefin Vassilakou durchgehen lassen?

Nein.

Gerade weil die Grünen bisher eine „anständige“ Partei waren und bei jeder Gelegenheit den moralischen Finger in die Wunden ihrer politischen Mitbewerber gelegt haben, dürfen sie jetzt nicht demselben Fehler erliegen wie alle anderen:

Politik zu einem reinen Strategie-Spiel verkommen zu lassen.

Wenn die Grünen ihre Glaubwürdigkeit bewahren wollen, müssen sie Maria Vassilakou an ihr Versprechen erinnern und zum Rücktritt veranlassen. Auch wenn das noch so teuer für die bisherige Vizebürgermeisterin sein mag.

Der Partei selbst kann es nur Pluspunkte bringen:

ein weiterhin starkes Vertrauen von Seiten der WählerInnen der Grünen.