Unter der Haube

Die Diskussion ist spannend – und brisant:

Soll Österreich per Gesetz junge Musliminnen dazu zwingen dürfen, in der (öffentlichen) Schule kein Kopftuch zu tragen?

Rechte und Linke kommen sich bei dieser Frage ziemlich nahe:

Dass die FPÖ und jene, die mit ihren Ansichten sympathisieren, ein Kopftuchverbot für legitim und notwendig erachten, leuchtet ein, doch auch für viele aufgeklärte Linke scheint ein solches Verbot legitim, also aus ethischer Sicht argumentierbar zu sein.

Die Annahme lautet, unter Rechten und Linken übereinstimmend:

Es darf nicht sein, dass Minderjährige gegen ihren Willen in eine bestimmte Weltanschauung hinein gezwungen werden – zumindest nicht in öffentlichen Schulen. Dort wenigstens sollten die jungen Mädchen die Chance haben, Säkularität zu erfahren und zu leben und nicht die Leibeigenen ihrer männlichen Verwandten zu sein, die ihnen vorschreiben zu dürfen glauben, wie sie sich zu kleiden haben.

Doch spätestens an dieser Stelle gerät das Argument mit sich selbst in Widerspruch.

Wer Menschen dazu zwingen will, sich bestimmte Kleidungsstücke NICHT anzuziehen, weil er damit verhindern will, dass sie dazu gezwungen werden, bestimmte Kleidungsstücke zu tragen, tut genau das, was er zu bekämpfen vorgibt.

Das ist bereits aus logischen Gründen problematisch, doch auch aus ethischer Sicht ist es unseriös, weil Freiheit, wenn überhaupt, nur durch das Angebot der freien Wahl erreicht werden kann.

In unserer auf weite Strecken ziemlich offenen Gesellschaft dürfen wir selbstverständlich darauf Wert legen, dass Menschen keinen irreversiblen (physischen, aber auch psychischen) Schaden durch andere Menschen, und seien es auch die eigenen Eltern, erfahren.

Der Beweis, dass der von den Eltern erwirkte „Zwang zum Kopftuch“ die jungen Mädchen irreversibel in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stört, ist m.E. bisher nicht wirklich erbracht.

Im Unterschied zur Beschneidung bei Buben (im Judentum und im Islam) und der Genitalverstümmelung bei Mädchen, die beide irreversibel und schmerzhaft (und somit potenziell traumatisierend) sind, verhält es sich anders.

Doch wer Eltern das Recht nehmen will, ihre Kinder nach ihren eigenen Werten zu erziehen, lehnt sich zu weit aus dem Fenster und opfert jene Freiheit, für die er einzutreten vorgibt, der eigenen Intoleranz.

Ich selbst bin seit meinen frühen Teenager-Jahren Atheist, obwohl ich nicht nur in einer katholischen Familie aufgewachsen, sondern auch acht Jahre lang in eine katholische Privatschule gegangen bin. Eine Zeit lang war ich sogar Ministrant.

Meine weitere Persönlichkeitsentwicklung war von ganz unterschiedlichen Menschen und Faktoren geprägt, die Möglichkeit, als gläubiger Mensch oder als Atheist zu leben, hatte ich stets, entsprechende Vorbilder gab es zuhauf. Als (kleines) Kind zwangen meine Eltern mich mehr oder weniger, regelmäßig in die Kirche zu gehen. Durch meine Schule war ich ebenfalls dazu verpflichtet, regelmäßig zur Beichte zu gehen und die Kommunion zu empfangen, weil ich, bei Verweigerung, von der Schule (die nur ca. 1,3 km von meinem Elternhaus entfernt lag) verwiesen worden wäre.

Diese „Indoktrination“ hat nicht funktioniert. Im Gegenteil: Sie hat wohl eher (neben meinem frühen Kontakt mit philosophischen Büchern, die mich zum kritischen Nachdenken geführt haben) zu einer gewissen Aversion und zum Widerstand geführt und mich schließlich dazu gebracht, meine religiöse Sozialisation hinter mir zu lassen.

Eine offene Gesellschaft, die Eltern erlaubt, ihre Kinder religiös zu erziehen, in der aber auch andere (z.B. atheistische, liberale, sozialdemokratische) Lebensmodelle angeboten werden, ist m.E. die beste Garantie dafür, dass Menschen ihren eigenen Weg finden und beschreiten.

Der Zwang zum einzig wahren Fühlen, Denken, Handeln hingegen verwandelt unsere offene in eine geschlossene Gesellschaft.

Ich lehne ein Kopftuchverbot ab.

Bad vibrations

95.000,- Euro – so viel Geld kann man verdienen, wenn man eine Dienstleistung verkauft, die niemand sehen, hören, fühlen, riechen oder schmecken kann.

Vorausgesetzt, man findet einen Dummkopf, der einem glaubt. Und davon dürfte es leider einige geben.

Jener „Bewusstseinsforscher“, dem es gelungen ist, der Projektverantwortlichen des Krankenhauses Nord eine „energetische Reinigung“ anzudrehen – auf Kosten der Wienerinnen und Wiener, die mit ihrem Steuergeld diesen Hokuspokus finanzieren -, darf sich glücklich schätzen.

Er hat „seinen“ Dummkopf gefunden.

Dass diese Geschichte kein Einzelfall sein dürfte, davon kann man getrost ausgehen.

Welche Leichen der Dummheit, von denen wir vielleicht nie erfahren werden, haben öffentliche Einrichtungen noch im Keller liegen?

Es ist beängstigend, wie leichtfertig mit Steuergeld umgegangen wird.

Noch viel übler ist es jedoch, wenn damit nachweislich Schwachsinn finanziert wird.

Dass die Höhe des Betrags für die „energetische Reinigung“ jene Grenze, ab welcher ein Auftrag der öffentlichen Hand ausschreibungspflichtig wäre – 100.000,- Euro -, haarscharf unterschreitet, dürfte wohl auch kein Zufall sein.

Vielleicht ist der Auftrag ja doch nicht aus Dummheit zustande gekommen, sondern aus Freunderlwirtschaft?

Ich bin mir nicht sicher, welche der beiden möglichen Erklärungen die schlimmere ist.

Quis custodiet ipsos custodes..?

Die britische Hilfsorganisation Oxfam ist in die Kritik geraten.

Angeblich sollen Oxfam-Mitarbeiter Sexpartys mit Prostituierten in Haiti und im Tschad veranstaltet haben. Helen Evans, eine frühere Managerin von Oxfam, gab dem britischen Fernsehsender „Channel 4“ gegenüber an, dass Oxfam-Mitarbeiter Frauen zu Sex gezwungen haben sollen – als Gegenleistung für Hilfe in Not.

Wo Menschen im Einsatz sind, menschelt es, keine Frage. Doch gerade eine Organisation, die ihre Arbeit mit großer moralischer Geste, mit permanent erhobenem Zeigefinger durchzuführen vorgibt, sollte besonders strenge Maßstäbe an sich selbst und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlegen.

Dass die Art der „Beweisführung“, welche Oxfam immer wieder in Bezug auf die Problematik von „Armut & Reichtum“ verwendet, schon öfters in die Kritik geraten ist, bekommt durch Skandale wie die oben genannten, eine besondere Brisanz.

Wie soll die Öffentlichkeit einer Organisation vertrauen, die behauptet, sich für Gerechtigkeit in der Welt zu engagieren, dabei aber methodisch unsauber handelt und darüber hinaus auch noch selbst an jener Ausbeutung beteiligt ist, die sie – in der Theorie – kritisiert?

Es drängt sich nicht nur die Formel vom „Wasser predigen und Wein trinken“ auf, sondern auch die Frage:

Wer wacht eigentlich über die Wächter?

Cool, Britannia..!

Kommt der Rücktritt vom Rücktritt bzw. vom Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union?

Nach dem – wohl auch für die Briten selbst – überraschenden Ausgang des Referendums (52 Prozent stimmten 2016 für einen Austritt aus der Gemeinschaft) macht sich langsam Katzenjammer breit im Vereinigten Königreich und sogar einer der prominentesten Brexiteers, Nigel Farage, spricht sich mittlerweile für ein neuerliches Referendum aus. Allerdings in der Hoffnung, das Lager der Brexit-Befürworter könnte beim zweiten Durchgang sogar noch wachsen – wahrscheinlich eine Fehleinschätzung.

Die Briten, durch den Ärmelkanal von Kontinentaleuropa getrennt, bekommen gerade kalte Füße. Zu tief und zu kalt könnte der Graben sein, den sie auf dem Weg nach Europa als Nicht-EU-Mitglieder künftig durchwaten müssten.

Dass der Austritt Großbritanniens für beide Seiten, also auch für die Briten, Nachteile mit sich bringt, bestreitet mittlerweile niemand mehr.

Die Umkehrung des bisher eher zögerlich angelaufenen Austrittsprozesses wäre juristisch und technisch möglich, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprachen sich soeben dafür aus und würden den „verlorenen Sohn“ mit offenen Armen empfangen.

Falls es tatsächlich zum Rücktritt vom Austritt kommen sollte, hatte die Sache doch ihr Gutes:

Mitgliedsstaaten, die in Zukunft darüber nachdenken sollten, die EU zu verlassen und nicht über so viele „Alleinstellungsmerkmale“ verfügen wie Großbritannien, werden es sich wohl dreimal überlegen, ob sie sich das wirklich antun wollen.

Gut so.

Alles auf Anfang

Das neue Jahr steht kurz bevor und die neue, schwarz-blaue Regierung ist bereits angelobt.

Ob sie das Land zum Besseren führen oder ins soziale Chaos treiben wird, darüber streiten sich die Kommentatoren noch.

Da ich mich selbst als Liberalen verstehe, habe ich keine der beiden Parteien gewählt, weil sie mir beide, aus unterschiedlichen Gründen, unsympathisch sind und, jede auf ihre Weise, eine gewisse Art des Illiberalismus verkörpern.

Mit der FPÖ kann ich prinzipiell nichts anfangen, weil mir ihre allgemeine Haltung, sich auf (vermeintliche oder tatsächliche) Probleme zu konzentrieren anstatt auf Lösungsvorschläge, kontraproduktiv erscheint.

Darüberhinaus ist mir ihre mehr oder weniger offen zur Schau getragene reaktionäre und teils unverblümt rassistische Haltung höchst unsympathisch.

Obwohl mir die ÖVP ökonomisch sympathisch ist und mir weit weniger reaktionär zu sein scheint als die FPÖ, kann ich mit dem „katholischen Mief“, mit dem sie trotz ihres jungen Parteichefs imprägniert zu sein scheint, nichts anfangen.

Was spricht im Jahr 2017, um nur ein einziges, sehr plakatives Beispiel zu nennen, dagegen, die „Ehe“ für alle, also heterosexuelle und homosexuelle Paare freizugeben?

Welchem heterosexuellen Paar nimmt ein homosexuelles, das sich trauen lässt, dadurch etwas weg?

Doch dieses Beispiel steht m.E. stellvertretend für eine prinzipiell konservative Haltung, die für einen Liberalen wie mich inakzeptabel ist.

Ich bin vorsichtig skeptisch, aber nicht panisch pessimistisch, wie sich Österreich unter den beiden rechten Parteien verändern wird.

Zwischen Ungarn, das gerne zum Vergleich herangezogen wird, und Österreich liegen Welten.

Es gibt eine starke linke und (links)liberale Opposition, zahlreiche kritische Intellektuelle und Medien, Österreich ist durch die Bedeutung, die es als Standort diverser internationaler Organisationen und als Tourismusland hat, sowie durch seine Mitgliedschaft in der EU, relativ ungefährdet, in eine rechte bzw. rechtspopulistische Quasi-Diktatur zu mutieren.

Dass es in einer Demokratie möglich sein muss, auch einmal eine Politik auszuprobieren, die etwas liberaler, meinetwegen „rechter“ ist als die bisherige, sollten wir mit Fassung tragen.

Wenn sich diese Politik als Irrtum herausstellt, können wir sie in fünf Jahren wieder abwählen.

#methree

Ich wurde bereits (von Frauen und Männern) belästigt, ich habe schon misslungene Annäherungsversuche Frauen gegenüber unternommen und ich bin schon ein paar Mal eingeschritten, wenn Frauen von anderen Männer belästigt wurden.

Drei meiner (mittlerweile ehemaligen) Chefinnen haben mich „angebaggert“, mehr oder weniger subtil. In jedem Fall aber war dies aus meiner Sicht unprofessionell. Niemals würde ich, wenn ich irgendwo „Chef“ wäre, mit einer Mitarbeiterin anbandeln. Denn das hielte ich für unseriös, ganz egal, wie nett auch immer es ablaufen würde und selbst dann, wenn die Frau prinzipiell interessiert wäre. Doch das ist meine persönliche Position in dieser Frage, die ich nicht verallgemeinert wissen will. Hier soll jeder Mensch es halten, wie er will.

Andererseits habe auch ich schon, nüchtern oder „angeheitert“ (das macht keinen Unterschied, weil ich im betrunkenen Zustand nichts tue, was ich nicht auch nüchtern tun würde), Frauen Komplimente gemacht oder sie mehr oder weniger offensiv verbal „angemacht“. In manchen Fällen stieß dies nicht auf Gegenliebe, woraufhin ich meine Annäherungsversuche sofort eingestellt habe. Diese missglückten „Flirts“, für die ich mich jedes Mal entschuldigt habe, waren mir noch Tage danach peinlich.

Auf einer Firmenfeier eingeladen, beobachtete ich, wie einer der Chefs in ziemlich alkoholisiertem Zustand einer Mitarbeiterin, die neben ihm auf der Couch saß, die Hand auf den Oberschenkel legte. Auf ihren Hilfe suchenden Blick in meine Richtung stand ich auf und setzte mich zwischen sie und ihren Chef.

Wenn jetzt Frauen (und Männer) ihre Geschichten über unerwünschte Belästigungen öffentlich ausbreiten, finde ich das einerseits richtig und wichtig. Wahrscheinlich ist das Bewusstsein für diese Thematik in unserer Gesellschaft noch nicht groß genug.

Andererseits beunruhigt mich, wie viele Frauen (Feministinnen?) sich ausschließlich auf die „Täter“ konzentrieren und starke Frauen, wie Nina Proll, attackieren, die sich gegen das, was sie nicht wollen, selbst zur Wehr setzen, aber nicht alles, was ihnen von Männern „angetan“ wird (z.B. „verbale Belästigungen“), gleich als Bedrohung ihrer Würde ansehen.

Damit ich nicht missverstanden werde: Ich finde Belästigung vollkommen inakzeptabel.

Doch es macht keinen Sinn, wenn Frauen ausschließlich nach strengeren Gesetzen rufen, aber darauf verzichten, jene Möglichkeiten, die ihnen selbst unmittelbar zur Verfügung stehen, zu nutzen.

Ich habe keine Kinder, doch wenn ich eine Tochter hätte, würde ich zu ihr sagen: „Wenn dich jemand belästigt, dir ohne dein Einverständnis die Hand auf den Hintern oder wohin auch immer legt, dann gib ihm sofort eine Ohrfeige!“

Viele Feministinnen sagen: „Die Männer sollen gefälligst ihre Hände bei sich behalten, das ist deren Verantwortung, die darf man nicht den Frauen umhängen!“

Ja, klar, natürlich sollen Männer das tun.

Doch was mache ich als Frau, wenn mir ein Mann begegnet, der das nicht beherzigt? Lasse ich es geschehen und denke mir: „Der darf das jetzt nicht tun! Der darf das jetzt nicht tun! Der darf das jetzt nicht tun!“?

Es geht nicht um eine Täter-Opfer-Umkehr, sondern darum, dass Frauen lernen müssen, „Nein!“ zu sagen und ihrem „Nein!“ notfalls auch Taten folgen zu lassen.

Dass die Beweislastumkehr eingeführt wird, wie das manche Feministin fordert, hoffe ich nicht, denn das wäre ein Rückschritt in unserem Rechtssystem.

Dass jede Frau in jeder Situation einen persönlichen Bodyguard dabei hat, wird auch nicht passieren.

Vielleicht wäre es klüger, wenn Feministinnen Frauen wie Nina Proll nicht als Verräterinnen an ihrer Sache sehen, sondern als Vorbilder:

Ja, man kann auch als Frau stark sein, sogar in einer von Männern dominierten Welt. Und wenn man nicht alles allzu ernst nimmt, ist diese Welt vielleicht gar nicht mehr so männerdominiert. Wer bereit ist, so zu denken, wird stärker und freier.

Bei viele Feministinnen habe ich jedoch den Eindruck, dass sie gar nicht wollen, dass Frauen stark und frei sind. Anstatt ihre „Klientinnen“ vollständig zu befreien, tauschen sie bloß deren vermeintliche oder tatsächliche Abhängigkeit vom Patriarchat gegen eine neue – diejenige vom Feminismus und seiner Definitionshoheit darüber, was DEN Frauen gefallen darf und was nicht.

Was als „Belästigung“ anzusehen ist und was eher „Belustigung“ auslöst, kann jedoch niemals das Ergebnis einer für alle gleichermaßen gültigen inhaltlichen Definition durch einzelne Frauen, hier: Feministinnen sein. Was der eine Mensch als Kompliment ansieht, ist für den anderen bereits ein Übergriff und sei es „nur“ ein verbaler.

Die Kriterien, was eine Frau wie bewertet, sollte jede selbst entwickeln – ohne Vorgabe von Männern. Und ohne Vorgabe anderer Frauen.

Alles im grünen Bereich?

Die Österreicherinnen und Österreicher haben gewählt.

Endlich liegt einer der anstrengendsten Wahlkämpfe der letzten Jahre hinter uns.

Die beiden „Großparteien“ ÖVP und SPÖ haben sich nichts geschenkt beim Kampf darum, wer den anderen schlechter machen könnte.

Ob das der Demokratie einen nachhaltigen Schaden zugefügt hat, wird die Zukunft weisen.

Nun aber geht es darum, aus dem Wahlergebnis das Beste zu machen: für Österreich, aber vor allem auch für Europa.

Unser Land ist keine Insel der Seligen mehr, wir sind schon lange eingebettet in ein größeres Ganzes, die Europäische Union.

Zwar hat die ÖVP immer beschworen, für eine europafreundliche Politik zu stehen, durch eine Koalition mit der FPÖ könnte sie jedoch dabei gebremst werden.

Die Volkspartei, die vor allem auch eine wirtschaftsliberale Partei ist, hat sich für CETA ausgesprochen, die FPÖ und die SPÖ waren dem Handelsabkommen mit Kanada gegenüber skeptisch bis ablehnend eingestellt.

Doch auch die Beantwortung der Frage, ob Österreich in Fragen der Migration eine europäische oder eine nationalstaatliche Gangart einschlägt, könnten davon abhängen, wie sich die kommende Koalition gestalten wird.

Dabei ist nicht einmal gesagt, dass eine schwarz-rote Regierung, falls es diese, sehr unwahrscheinliche, Variante geben sollte, hier weniger problematisch agieren würde als eine schwarz-blaue.

Wie sich die SPÖ, die wohl ebenfalls versucht, an der Macht zu bleiben und dafür bereit sein dürfte, eine rot-blaue Koalition anzustreben, in den beiden über Österreichs Grenzen hinausreichenden Fragen positioniert, ist schwer einzuschätzen.

Doch wenn sie tatsächlich mit den „Blauen“ koaliert, können wir davon ausgehen, dass auch die Sozialdemokratie nicht gänzlich frei von nationaleren Elementen agieren wird.

Dass die Grünen es nicht geschafft haben, in den Nationalrat zu kommen, ist tragisch, wenn auch größtenteils selbstverschuldet. Da hilft kein Hinpecken auf Peter Pilz. Die Probleme der Partei sind hausgemacht.

Dass die Umweltpolitik darunter leiden könnte, wenn die Grünen nicht mehr im Parlament sitzen, ist fraglich. Das steigende ökologische Bewusstsein der Menschen stellt eine Entwicklung dar, die wohl nicht einmal durch die Abwesenheit der Grünen umgekehrt werden kann.

Als soziales Gewissen, auch und gerade rund um das Thema „Migration“, könnte man die Grünen im Hohen Haus wahrscheinlich vermissen.

Zwar sind ihre Ideen und die daraus abgeleiteten Forderungen oftmals überzogen und realitätsfremd.

Als Korrektiv zur normativen Kraft des Faktischen, wie sie von rechter und rechtsliberaler Seite nun öfters zu hören sein wird, wären sie dennoch beziehungsweise gerade deshalb nötig.

Quälende Wahl

Noch knapp ein Monat ist es hin bis zur Nationalratswahl und obwohl der Wahlkampf erst seit ein paar Wochen läuft, fühlt es sich so an, als würde er bereits Jahre dauern.

Das könnte nicht zuletzt auch daran liegen, dass die Kandidatinnen und Kandidaten von einem TV-Auftritt zum nächsten weitergereicht werden.

Doch wer möchte wirklich irgendeine der zur Wahl stehenden Personen öfters als ein, zwei Mal im Fernsehen dabei beobachten, wie sie die immer gleichen Phrasen dreschen, das eigene Parteiprogramm in mehr oder weniger elegante Sätze verpacken und diese bis zum Erbrechen wiederholen?

Die verkrampften Versuche des ORF sowie der privaten TV-Sender, dem Blick auf die heimische Politik durch neue Formate alternative Seiten abzugewinnen, sind zum Scheitern verurteilt.

Die neuen Perspektiven können nämlich nichts daran ändern, dass die „dramatis personae“ von ihren Medien-Coaches perfekt darauf vorbereitet worden sind, auf jede nur erdenkliche Frage möglichst eloquent nicht zu antworten.

Wer weiß also wirklich, was ihn oder sie nach der Wahl erwarten wird? Wer wagt es, sich auf eine Wette einzulassen, die für ihn oder sie so gut ausgeht, dass sich der Einsatz lohnt, einer ganz bestimmten Partei die Stimme zu geben? Immerhin könnte diese Partei aus reinem Opportunismus, um jeden Preis an der Macht zu bleiben, mit einem Partner, den man selbst nicht gewählt hat und niemals gewählt hätte, in eine Koalition gehen.

Fühlt man sich eher „links“ zuhause und wählt z.B. die SPÖ, kann man nach dem 15. Oktober nicht ausschließen, die am weitesten von der ursprünglichen Ideologie der Sozialdemokraten entfernte Partei in Regierungsämtern wiederzufinden: die FPÖ.

Die Wahl einer kleinen „linken“ Partei (derer es einige gibt, rechnet man die Grünen ein, was aus vielen Gründen legitim erscheint) wird in Anbetracht der großen Auswahl nicht viel bewirken. Die Sympathisantinnen von „linker“ Politik jenseits der SPÖ, werden durch ihre Wahl die Welt nicht verändern. Sie können höchstens ein Zeichen setzen – für mehr „Gerechtigkeit“, was auch immer das bedeuten mag.

Wer sich selbst eher als liberal ansieht kann, je nachdem, ob dieser Liberalismus sich nur auf die Wirtschafts-, aber nicht auch auf die Gesellschaftspolitik erstreckt, eher die ÖVP oder die NEOS wählen, wobei letzteres einen ähnlichen Effekt haben dürfte wie die Wahl der Grünen.

Österreich teilt sich seit Jahrzehnten primär in zwei Lager auf: in dasjenige der ÖVP- und in jenes der SPÖ-Fans. Die Anhängerinnen und Anhänger der FPÖ sind jenes knappe Drittel an Menschen, die sich von den beiden „Etablierten“ ausgeschlossen und von der Welt verraten fühlen.

Eine der beiden großen Parteien wird nach der Wahl mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der FPÖ zusammenarbeiten.

Die Politik, die dabei herauskommt, wird wohl oder übel ziemlich klar die Handschrift der SPÖ oder der ÖVP tragen. Die FPÖ selbst wird wohl nur als Steigbügelhalter dienen und dafür mit ein paar Ministerposten und Ämtern abgespeist werden, ohne allzu großen politischen Schaden anrichten zu können.

Eine SPÖ/FPÖ- oder eine ÖVP/FPÖ-Koalition könnte fünf Jahre lang eine deutlicher „rote“ oder „schwarze“ Politik verwirklichen, als dies in der „Großen Koalition“ aus Gründen der gegenseitige Blockade jemals möglich war.

So gesehen könnte man selbst bei der auf den ersten Blick beängstigenden Variante einer SPÖ/FPÖ- oder ÖVP/FPÖ-Regierung nach der Oktober-Wahl optimistisch in die Zukunft blicken. Denn als Souverän bekommt man in fünf Jahren einen guten Einblick in das, was uns im Falle einer „Absoluten“ einer der beiden Großparteien erwarten könnte und was wir vielleicht nicht mehr so bald erleben wollen.

Im Idealfall könnte dies die bisher kleineren Parteien stärken und sie zu neuen, tatsächlichen Alternativen auf der linken (z.B. Peter Pilz) und gemäßigt rechten bzw. liberalen Seite (z.B. NEOS) heranwachsen lassen.

Vielleicht sollten wir einfach gelassener auf die Dinge blicken.

Mag es auch nicht für alle von uns perfekt sein, irgendetwas wird schon rauskommen, bei dieser Wahl.

Wenn sie nur endlich vorüber wäre!

Der Wahnsinn des islamistischen Terrors

Worin besteht der Sinn, in ein Auto zu steigen und wahllos Menschen tot zu fahren?

Welche Religion oder Ideologie kann so eine Tat rechtfertigen?

Was soll damit erreicht, welcher – vermeintliche oder tatsächliche – Misstand auf dieser Welt könnte damit behoben werden?

Die Attentäter der jüngsten Anschlagsserie in Spanien haben Menschen getötet, die sie nicht persönlich kennen, nicht kennen konnten.

Sie wissen nicht, ob nicht der eine oder andere aus der Gruppe ihrer Opfer ihren eigenen politischen Idealen nahestand oder nicht. Somit könnten sie also auch Brüder im Glauben bzw. im Geiste getötet haben.

Es könnte sich um Muslime handeln oder um Nicht-Muslime, die vielleicht ebenfalls mit der Welt unzufrieden sind, sie aus welchen Gründen auch immer für ungerecht halten und die Ursachen dafür diversen Ländern in die Schuhe schieben.

Spätestens anhand solcher möglicher Kollateralschäden zeigt sich die Absurdität, die Selbstwidersprüchlichkeit einer solchen Aktion blinden Hasses.

Durch solche Handlungen wird nichts besser, kein Missstand kann durch sie korrigiert, die Welt nicht zu einem gerechteren Ort gemacht werden.

Mit solchen Taten wird nur die Gesamtsumme an Schmerz und Leid vergrößert.

Es gibt keinen Glauben, keine Ideologie, keine persönliche Verletzung, die solche Taten jemals in irgendeiner vernünftig nachvollziehbaren Form rechtfertigen könnte.

Sie sind der Ausdruck reiner Irrationalität, nichts weniger als geistige Umnachtung, kompletter Wahnsinn.

Der Zweck heiligt die Mittel. Heiligt der Zweck die Mittel?

Beim G20-Gipfel in Hamburg haben Linksautonome schwere Sachbeschädigung verursacht, indem sie Autos angezündet und Schaufenster eingeschlagen haben.

Dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind, dürfte eher dem Zufall zu verdanken sein als der Intention, denn schwarz vermummte Gestalten („Schwarzer Block“) warfen auch von Hausdächern im Schanzenviertel Steine nach unten.

Vielen Linksintellektuellen fällt es schwer, sich von linker Gewalt zu distanzieren.

Während sie – zu Recht – Gewalt von rechts verurteilen, scheinen sie bei derjenigen aus ihrer eigenen politischen Richtung ein Auge zuzudrücken.

Woran liegt das?

Aus der Sicht vieler Linker ist die Welt ungerecht, beherrscht von den Mächten des Kapitalismus, die Menschen sind dem Neoliberalismus ausgeliefert.

Gegen diese – vermeintlichen – Missstände darf und soll revoltiert werden, so die Ansicht der Linken, notfalls auch mit Gewalt.

Doch ist Gewalt prinzipiell abzulehnen, ganz egal, mit welcher politischen Legitimation sie daherkommt.

Und zwar zunächst einmal deshalb, weil sie meistens nicht präzise jene trifft, die für das – angebliche – Leid der Welt unmittelbar verantwortlich gemacht werden.

Was können die Anrainer des Hamburger Schanzenviertels dafür, dass der mächtigste Mann der Welt, der neue US-Präsident, Donald Trump heißt und sich nicht um den Klimawandel oder die – vermeintliche – Ausbeutung der so genannten Dritten durch die sogenannte Erste Welt schert?

Ist jedes Auto, das in Brand gesteckt wurde, im Besitz eines „Kapitalisten“ oder könnte es nicht sein, dass das eine oder andere einem hart arbeitenden „Proletarier“ gehört hat?

Ist es gut, wenn Schaufenster von Geschäften eingeschlagen werden, in welchen Menschen arbeiten, weil sie arbeiten müssen, um sich ihr Leben leisten zu können?

Doch selbst wenn man die – vermeintlichen – Übeltäter, die Verursacher allen Leides auf dieser Welt, präzise identifizieren könnte:

Ist Gewalt das richtige Mittel, um sie von ihrem Tun abzubringen?

In der aktuellen Ausgabe des deutschen Wochenmagazins „Der Spiegel“ findet sich sinngemäß folgende Aussage:

Das Anzünden eines Autos stoppt nicht den Kapitalismus, ganz im Gegenteil: Es fördert ihn, weil es zum Kauf eines neuen Autos führt.

Eine Frage, welche sich die Linksautonomen vom G20-Gipfel in Hamburg und ihre intellektuellen Sympathisanten unbedingt stellen sollten, bevor sie das nächste Mal – in Gedanken, Worten und Werken – zur Tat schreiten:

Ist die Welt tatsächlich so schlecht, wie wir glauben?

Oder könnte es nicht sein, dass der Kapitalismus, trotz aller Vorwürfe, die man ihm zurecht machen kann (Stichwort „Umweltverschmutzung“), der Menschheit unterm Strich mehr Vorteile als Nachteile gebracht hat (und immer noch bringt)?

Ein kleiner Lektüre-Tipp an dieser Stelle:

Guido Mingels, „Früher war alles schlechter“