Sinnlose Gewalt

Bei einem Angriff auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch wurden rund 50 Menschen getötet und mehrere weitere verletzt.

Was treibt Menschen dazu, andere Menschen zu töten, die gerade in ihrem Gotteshaus der Ausübung ihrer Religion nachgehen?

Welche Gefahr geht aus Sicht eines Terroristen, der zu so seiner Tat fähig ist, von betenden Menschen aus?

Es gibt noch kein Bekennerschreiben, die Hintergründe der Tat sind noch nicht bekannt.

Doch eines lässt sich bereits jetzt sagen:

Die sinnlose Gewalt hat einmal mehr zugeschlagen.

In einer Welt, die eigentlich immer aufgeklärter und friedfertiger wird (siehe Steven Pinker: „Gewalt“ und „Aufklärung jetzt“), erschüttern solche blutigen Ereignisse umso mehr.

Ist es im 21. Jahrhundert wirklich notwendig, mit Waffen auf einander loszugehen?

Haben wir nicht mittlerweile genügend Erfahrungen gesammelt, um erkennen zu können, dass Gewalt in den meisten Fällen wieder nur Gewalt gebiert?

Im Kreisverkehr der Bedeutungslosigkeiten

Wer, so wie ich, gerne auf Facebook mit „Freunden“ diskutiert, stellt bald fest:

Diese Diskussionen führen nirgendwo hin.

Die immer gleichen Positionen werden mit den immer gleichen Argumenten vertreten, Streit, der zu persönlichen Beleidigungen führt, ist meistens vorprogrammiert.

Woran liegt das?

Die meisten Menschen treten in solche „Diskussionen“ nicht deshalb ein, weil sie wissen wollen, was andere Menschen denken, welche Meinung sie zu verschiedenen Themen haben und wie sie diese begründen.

Facebook ist keine „offene Gesellschaft“ (und damit meine ich nicht die Zensur von Bildern, auf denen nackte Frauenbrüste zu sehen sind).

Das „social web“ besteht aus einer Ansammlung von Predigern, die versuchen, mit allen Mitteln ihre Botschaft rüberzubringen und – idealer Weise – alle anderen davon zu überzeugen.

Ich nehme mich bei dieser Kritik selbst nicht aus.

Über die psychologischen Effekte von Facebook & Co. kann man trefflich streiten, dass die Konzentrationsfähigkeit der Menschen immer stärker sinkt, ist ein Faktum, das wohl nicht zuletzt durch die massenmediale Reizüberflutung erklärbar sein dürfte.

Doch das ist nicht das Schlimmste an den neuen Technologien.

Viel gravierender ist die Tatsache, dass die sogenannten Informationen, mit denen Menschen ihre Meinungen zu untermauern versuchen, wissenschaftlich betrachtet fragwürdig bis wertlos sind.

„Social media“ sind keine „scientific communities“, wo faktenbasiert und mit empirisch seriösen Belegen diskutiert wird.

Die Gewinner dieser Pseudo-Diskussionen sind jene, welche die besten rhetorischen Fähigkeiten besitzen, die richtigen Trigger zur passenden Zeit setzen und durch das Sammeln von „likes“ ihre Überzeugungen stark machen.

Auf Facebook wird nicht überzeugt, hier wird überredet oder – dort, wo mit persönlichen Angriffen gearbeitet wird – gezwungen.

Der zwanglose Zwang des besseren Arguments, wie ihn Jürgen Habermas im Rahmen seiner Diskursethik propagiert, unterliegt dem „ästhetischen Argument“:

Wer es schöner, knackiger, politisch korrekter ausdrückt, gewinnt.

Non scholae sed vitae discimus…

Das geht gar nicht:

Eine der SPÖ nahestehende Lehrerin wagt es öffentlich aufzutreten und auszusprechen, was viele wissen, aber keiner sich bisher zu sagen traute:

Dass es Probleme mit (vor allem) männlichen Schulkindern mit muslimischem Background gibt.

Doch anstatt Susanne Wiesinger und ihr Anliegen ernst zu nehmen, wird gegen sie polemisiert, was das Zeug hält.

„Instrumentalisieren“ habe sie sich lassen, weil sie den „falschen Medien“ Interviews gegeben habe.

(Wiesinger ließ sich von Addendum und Servus TV interviewen bzw. zu Diskussionen einladen – beide Medien gehören Red Bull-Chef Didi Mateschitz, der mit Sicherheit kein Linker ist.)

Den „Konsens, Problem intern anzusprechen und auszudiskutieren“ habe sie verletzt.

Ihre Eindrücke wären „Einzelfälle“, einer „persönlichen Wahrnehmung“ geschuldet.

Was ist von diesen Vorwürfen zu halten?

Wenn es möglich wäre, als Lehrerin in einer politisch von Rot(-Grün), also von „Links“ dominierten Stadt Kritik zu äußern, die dann auch wahr- und ernstgenommen und öffentlich diskutiert würde, wäre es ja prinzipiell okay, auch mit anderen, „linkeren“ Medien zu sprechen.

Doch wenn die sich lange Zeit von der an der Macht befindlichen Politik dazu missbrauchen haben lassen, nicht Klartext zu reden, ist man – selbst als „rote“ Lehrerin – irgendwann dazu gezwungen, sich liberalen (oder meinetwegen konservativen) Medien zuzuwenden.

Das trifft auch auf die Verletzung des Konsens, Probleme „intern“ zu besprechen, zu.

Wenn „intern“ zwar geredet wird, diese Gespräche aber zu keinen Verbesserungen führen, weil die Verantwortlichen nicht zugeben können (oder wollen), dass sie Fehler gemacht haben, ist es unvermeidbar, an die Öffentlichkeit zu gehen, sozusagen „Whistle Blowing“ zu betreiben.

Dass man mit „Reden“ (internem noch dazu) nicht weiterkommt, ja, dass vielleicht schon viel zu lange bloß „geredet“ worden ist, bewies der Wiener Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer beim „Talk im Hangar 7“, wo er u.a. mit eben jener Susanne Wiesinger diskutierte:

„Reden“, „Analysieren“ usw. müsse und wolle man.

Ja, eh.

Dass Wiesingers Eindrücke bloß ihre „persönlichen“ und somit nicht repräsentativ wären, ist ein weiterer Versuch, die Lehrerin als „hysterisches Hascherl“ abzukanzeln, um sich nicht weiter mit ihren Themen befassen zu müssen.

Doch Wiesinger war Jahre lang Personalvertreterin, sie dürfte also durchaus einen wesentlich umfangreicheren Blick auf die Problematik haben, als bloß jenen auf Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen als Lehrerin an einer bestimmten Schule.

Der Spruch des Titels dieses Kommentars – „Non scholae sed vitae discimus.“ – geht auf den römischen Dichter Seneca den Jüngeren zurück.

Im Original lautet er übrigens genau umgekehrt und war als Kritik am Schulsystem seiner Zeit gedacht:

„Non vitae sed scholae discimus.“

Frei übersetzt könnte das ungefähr dies bedeuten:

„So, wie unser Schulsystem derzeit aussieht, lernen unsere Schüler nicht für ihr Leben, sondern bloß für die Schule.“

Mit nur wenig Aufwand lässt sich diese Analyse auf die Wiener Schulpolitik und ihre Diskursbereitschaft übertragen:

Diese Art von Politik dient bestenfalls den Politikerinnen und Politikern.

Der Schule und den Schülerinnen und Schülern bringt sie nichts.

Eher das Gegenteil.

Aufrechter Gang & gebückte Haltung

Deutschland ist Fußballweltmeister – herzliche Gratulation!

Die Leistungen des deutschen Teams, nicht zuletzt der 7:1-Sieg gegen den Gastgeber Brasilien, waren tatsächlich beachtlich und auch die Coolness, im Finale gegen Argentinien Ruhe zu bewahren und den zum Greifen nahen Sieg nicht im wahrsten Sinne des Wortes zu verspielen, hat die deutsche Nationalmannschaft gut hingekriegt.

Weniger cool war jedoch die Einlage, welche die Spieler nach ihrer Rückkehr unter den Jubelrufen ihrer Fans vor dem Brandenburger Tor in Berlin geboten haben:

„So geh’n die Gauchos, die Gauchos, die geh’n so!“ spotteten Mario Götze, Miroslav Klose, Toni Kroos, André Schürrle, Shkodran Mustafi und Roman Weidenfeller über die unterlegenen Argentinier und stolperten dabei in gebückter Haltung über die Bühne.

Die darauf folgende Textzeile des Siegerliedes – „So geh’n die Deutschen, die Deutschen, die geh’n so!“ – absolvierten sie im aufrechten Gang.

In welchem Kontrast zu solch‘ würdelosem Verhalten steht dazu dasjenige von Jogi Löw, der nach dem Sieg über Brasilien einige der Spieler der gegnerischen Mannschaft umarmte und tröstete und ihnen damit seinen Respekt zollte.

Mann muss keine Nazi-Vergleiche anstellen – es muss Deutschland im Jahr 2014 selbstverständlich genauso vergönnt seine, eine Fußball-WM zu gewinnen und sich darüber zu freuen, wie jedem anderen Land dieser Welt -, aber das geht einfach nicht.

Wer sich so über den eigenen Erfolg freut, dass er das unterlegene Team auch noch außerhalb des Spielfeldes demütigt, hat den Sieg vielleicht aus fußballerischer Sicht verdient.

Aus moralischer aber bestimmt nicht.

Zweck..! Optimismus..!

Es ging uns schon mal besser, so viel steht fest.

Alle reden davon, dass die Krise vor der Tür steht oder schon da ist – und wahrscheinlich ist da auch etwas Wahres dran.

Doch halt:

Leben wir nicht in einem Land, in welchem es den Menschen im Großen und Ganzen gut geht, in dem Frieden herrscht und die Verbrechensrate niedrig ist?

Natürlich wissen wir nicht, was am nächsten Tag auf uns zukommen wird.

Morgen könnte bereits alles anders sein, viel schlimmer, keine Frage.

Aber derzeit haben wir doch alles im Griff, oder etwa nicht?

Ist zu viel Optimismus schädlich?

Vielleicht.

Doch was ist die Alternative?

Vom Jammern wird es auch nicht besser.

Mag sein, dass wir uns in vielen Fällen etwas vormachen.

Doch seien wir ehrlich:

Wir haben keine andere Wahl.

Zweckoptimismus ist in jedem Fall angesagt.

Denn wenn wir zum Scheitern verurteilt sein sollten, wird uns dieses Schicksal noch früh genug und ohne unser Zutun ereilen.

Ausziehen..! Ausziehen..! Ausziehen..???

Nein, ich bin nicht prüde, ganz im Gegenteil.

Aber vielleicht bin ich einfach zu alt und zu analytisch eingestellt, um der neuesten Mode des Protests das abgewinnen zu können, was ihre Proponenten von ihren Zusehern zu erwarten behaupten.

Bei aller Weltoffenheit und eifrigem Bemühen, den diversen Kundgebungen halb- oder ganz nackter Frauen einen tieferen Sinn und somit Verständnis für diese Form des politischen Engagements zu entlocken:

Es gelingt mir leider nicht.

Das liegt nicht daran, dass die Protagonistinnen nicht auch meine Aufmerksamkeit erregen würden.

Welcher heterosexuelle Mann würde es nicht – aus rein sexueller Sicht – interessant finden, wenn sich anziehende Frauen öffentlich ausziehen und er – ganz unverschämt – hinsehen darf, indem er dies elegant hinter dem Interesse am Inhalt, nicht der Form der Veranstaltung verstecken kann?

Doch was hat das alles mit Politik, und sei es auch nur mit einer Art basisdemokratisch-anarchischem politischen Statement zu tun?

Warum müssen Kritikerinnen des Neoliberalismus, Stichwort „Occupy Wall Street..!“, ihrem Groll Ausdruck verleihen, indem sie die Hüllen fallen lassen?

Immer wieder kritisieren Feministinnen (zu Recht..!) die sexuelle Ausbeutung von (halb- oder ganz nackten) Frauen zum Zwecke der (Werbe-)Wirtschaft, Stichwort: „Autoverkauf mit Frauen im Bikini“.

Warum springen engagierte Frauen dann genau auf diesen Zug auf und fahren damit in die Richtung, aus der sie sich eigentlich entfernen möchten?

Welchen Sinn macht es, wenn ukrainische Frauen der Gruppe FEMEN, die gegen Sexismus im Allgemeinen und gegen Sextourismus in der Ukraine im Besonderen eintritt, sich halb- oder ganz nackt in der Öffentlichkeit zeigen?

Welcher (potenzielle) Sextourist oder Vergewaltiger soll durch so ein „Statement“ zum Umdenken angeregt werden (können)?

Besteht nicht viel eher die Gefahr, dass z.B. die Ukrainerinnen, die eigentlich weniger Sextouristen in ihrem Land haben wollen, genau diese anlocken, wenn durch solche Aktionen (unbeabsichtigt) signalisiert wird: „Solch’ hübsche Mädels rennen hier rum, und sie sind liberal genug, sich in der Öffentlichkeit auszuziehen!“

Die besondere Ironie an der Sache: 

Alle jene, die das freizügige Statement verstehen und nicht als Einladung interpretieren, fallen nicht in die Zielgruppe der Aktion – für die Anderen gilt das oben Gesagte.

Das „sich Ausziehen“ als politisches Statement haben schon die 68er eingesetzt. 

Sie sind schon lange wieder davon abgekommen.

Zu Recht.

Wer sich heute auszieht, um gegen was auch immer zu protestieren, ist schon vor Beginn der Schlacht dem Feind erlegen, gegen den er / sie vorgibt anzutreten.

ten years after

Heute vor genau zehn Jahren fand jene Terror-Attacke auf die USA statt, die seither unter dem Kürzel „9/11“ (in Worten: „Nine-Eleven“) firmiert.

Durch Flugzeug-Attentate von radikalen Islamisten – die zwei spektakulärsten davon auf die beiden Türme des „World Trade Center“ in New York – waren rund 3.000 Menschen ums Leben gekommen.

Waren die gezielten Flugzeug-Abstürze auf US-amerikanischem Boden zwar zeitlich befristete, punktuelle Ereignisse, so haben sie doch der Politik weltweit einen nachhaltigen Stempel aufgedrückt.

Zweifelhafte Aktivitäten, getarnt als „Selbstverteidigungsmaßnahmen“ („USA PATRIOT Act“, „Irakkrieg“, „Invasion in Afghanistan“, „Errichtung und Betrieb von Guantánamo Bay“ usw.), strengere Sicherheitsbestimmungen und die damit einhergehende Untergrabung der nationalen (und internationalen – Stichwort „Flugdaten“) Bürgerrechte waren und sind Effekte, die sich weit über die Grenzen der USA hinaus auf die Menschen auswirkten.

Dass nicht nur außerhalb der USA, sondern auch im Land selbst eine große Zahl von Menschen der Bush-Administration zutraut, von den Attacken gewusst zu haben, ja, sogar an ihnen beteiligt gewesen zu sein oder diese selbst ausgeübt zu haben, um die darauf folgenden Engagements im In- und Ausland vor der eigenen Bevölkerung und der Welt zu legitimieren, ist beängstigend.

Der Grund dafür liegt aber weniger in den kruden (und aus meiner Sicht höchst unplausiblen) Verschwörungstheorien, welche als Erklärungen für die Ereignisse des 11. September 2001 aufgeboten werden.

Wer schon einmal von der „Operation Northwoods“ (ein vom Pentagon im Jahr 1962 dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy vorgelegter Plan, Terroranschläge gegen den zivilen Luft- und Schifffahrtsverkehr innerhalb der USA zu inszenieren, die man später Fidel Castro in die Schuhe hätte schieben wollen) gehört hat, muss zugeben: 

Möglich ist alles.

Dennoch: 

Wer den führenden Politikern bis hinauf zum Präsidenten so etwas zutraut, sagt ziemlich Erschreckendes über sich selbst und über das Land aus, dessen Staatsbürger er ist.

Haben die USA in der zehnjährigen Geschichte der Aufarbeitung von „9/11“ neben der rein technischen Ursachenforschung zum Ablauf der Ereignisse eigentlich auch die globalen politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen untersucht, die zu einem nicht geringen Teil von den USA selbst verursacht, gefördert oder zumindest nicht verhindert wurden und die zum Hass so vieler Menschen auf das Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ führen konnten?

Haben sie ihre eigene Rolle im internationalen Geschehen, welche solche Terroranschläge zwar niemals rechtfertigen, aber doch (im rein psychologisch-erklärenden Sinn) verständlich machen können, ernsthaft selbstkritisch hinterfragt?

Als Barack Obama 2009 das Amt des US-Präsidenten von George W. Bush übernahm, war eine seiner ersten offiziellen Handlungen, die Schließung von „Guantánamo Bay“ unter großem internationalen Applaus anzukündigen.

Das Gefangenenlager, in welchem auf völkerrechtswidrige Weise hunderte Menschen eingesperrt wurden, ist bis auf den heutigen Tag in Betrieb.

Kann es sein, dass die „Arroganz der Macht“, die hier auf perfekte Weise zum Ausdruck kommt, verdrängt und konsequent aus der Analyse von „9/11 – ten years after“ heraus gehalten wird?

Public going public

Es wurde aber auch langsam Zeit. 

Wer die Web 2.0-Entwicklung der letzten Jahre verfolgte und sich, aus beruflichen Gründen, nolens volens an der Nutzung diverser Applikationen beteiligte, musste immer wieder schmerzvoll feststellen: 

Hier gehen Redundanz und Trivialität eine perfekte Symbiose ein.

Die mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks jeden Tag um dieselbe Stunde auf Facebook publizierte „Information“, Person X oder Y wäre gerade „im Büro angekommen“, würde sich mal eben schnell „eine Tasse Kaffee“ holen oder hätte ein „tolles Wochenende“ hinter sich gebracht, konnte in ihrer gähnend langweiligen Unbedeutsamkeit nur noch durch die entsprechende Bebilderung übertroffen werden.

„Nein“, schrie da selbst der von High und Low Society-Shows und Illustrierten schon lange von der Hochkultur weg entführte Mensch innerlich auf, „dieser Schwachsinn interessiert mich nun aber wirklich überhaupt nicht..!“ um gleich darauf seufzend zur Kenntnis nehmen zu müssen: Das hält die Autoren solch niederschmetternd uninteressanter Botschaften keineswegs davon ab, sie weiter in die Welt zu setzen, als wären es Prophezeiungen, von deren allgemeiner Kenntnisnahme das Schicksal der gesamten Menschheit abhinge.

Nun, endlich! ist die Generation Web 2.0 aufgewacht.

Mit WikiLeaks und den kämpferischen Reaktionen ihrer Sympathisanten auf die Versuche der USA, die Enthüllungsplattform mundtot zu machen, zeigt sich die wahre Stärke dieser zugleich beängstigend und betörend anarchistischen Technologie sowie ihrer Anwender und Verteidiger:

Unterdrückung der Wahrheit durch „die da oben“ ist so nicht mehr möglich, wenn „die da unten“ sich das nicht gefallen lassen wollen. Und dass sie es sich nicht gefallen lassen wollen, tritt immer klarer zu Tage.

In einer Zeit, in der die so genannten Eliten aus Politik und Wirtschaft nicht nur klammheimlich hinter, sondern immer öfter und ungeniert auch vor den Kulissen intrigieren und gegen jene, in deren Auftrag und Interesse sie eigentlich tätig sein sollten, sämtliche Register der Macht ziehen, scheint es nicht nur aus demokratiepolitischen Gründen nötig, sondern auch aus moralischen Überlegungen heraus zulässig, diesem Treiben notfalls auch auf illegale Weise Einhalt zu gebieten.

Auf illegale Weise?

Soll das als Aufruf zu Gesetzesbruch und Gewalt zu lesen sein?

Wenn die USA legal (!) gegen ihr ungenehme Personen vorgehen, wie dies die neueste Attacke auf Twitter-User zeigt, stößt die Forderung nach gesetzestreuem Gehorsam gegenüber der Staatsmacht an ihre Grenzen.

Dass die USA gegen das Recht auf Meinungsfreiheit verstoßen, wenn sie WikiLeaks & Co. bedrohen, wird erst noch zu beweisen sein. Im Hintergrund läuft jedenfalls bereits die juristische Maschinerie auf Hochtouren, um der Enthüllungsplattform und ihren Anhängern Taten nachzuweisen, mit denen sie trotz oder gerade durch die Anwendung der Meinungsfreiheit gegen Gesetze verstoßen haben könnten.

Dass es hier aber nicht nur um die Frage der Legalität (oder Illegalität) der Ausübung von Meinungsfreiheit geht, zeigt ein wichtiger Gedanke, zu dem sich Thomas Jefferson, dritter Präsident der USA und wichtigster Autor der „Declaration of Independence“ von 1776 von seinem Ideengeber, dem englischen Philosophen John Locke (1632 bis 1704), hatte inspirieren lassen.

Im zweiten seiner „Two Treatises of Government“ schrieb Locke nämlich, dass schon alleine ein Vertrauensbruch durch die Regierung und nicht erst ein legaler Bruch des „original contract“, also des Vertrages zwischen Volk und Regierung, das Recht auf gewaltsamen Widerstand gebiert.

Weder Locke in seinem „Second Treatise“, noch Jefferson in der „Declaration“ führen näher aus, worin dieser Widerstand im Detail bestehen soll bzw. bestehen darf. 

Die Guerilla-Aktionen, mit denen die WikiLeaks-Fans weltweit für ihr Verständnis von Meinungsfreiheit kämpfen, sind vielleicht illegal. In der Art jedoch, wie sie die technischen Möglichkeiten der Generation Web 2.0 für ihr Ziel einsetzen, könnten sie kaum stimmiger sein:

Die Staatsmacht missbraucht ihren ursprünglichen Auftrag durch das gezielte (und vielleicht sogar als legal darstellbare) Beschneiden der Informations- und Meinungsfreiheit durch die versuchte Beeinträchtigung von deren Trägermedium und seiner Nutzer.

Das Volk begehrt dagegen auf und leistet Widerstand: durch Gegenangriffe mittels eben dieses Mediums, dem wichtigsten Mittel, auf das die Vertreter von Informations- und Meinungsfreiheit heute global zurückgreifen können.

Die Weltöffentlichkeit hat soeben begonnen zu begreifen, dass sie öffentlich werden muss.

Gute Menschen & das Glück

Soeben sind meine beiden Bücher

„Gut Mensch“ (Goldegg Verlag) und

„Glück“ (facultas.wuv)

erschienen.

ZUM INHALT von „Gut Mensch“

„Gut Mensch“ ist eine allgemein verständlich geschriebene Abhandlung über Ethik, sprich: Moralphilosophie.

Zunächst werden die für das Thema wichtigsten Grundbegriffe wie z.B. „Freiheit“, das „Gute“, „Sollen“ erläutert. Anschließend gehe ich auf die bekanntesten Versuche ein, Moral zu begründen, unter Rückgriff auf „Gott“, die „Natur“, das „Gewissen“ usw. Diesen eher allgemeinen Ansätzen folgt eine Darstellung der wichtigsten „klassischen Positionen“, von Aristoteles über Kant und den Utilitarismus (Bentham, Mill) bis hin zur Diskursethik (hier: nach Habermas) und dem interessenbasierten Ansatz von Norbert Hoerster.

Die letzten sechs Kapitel von „Gut Mensch“ diskutieren die aus meiner Sicht spannendsten Themenkomplexe der so genannten „angewandten Ethik“. Dies sind unter anderem „Bioethik“, „Tierethik“ und „Wirtschaftsethik „.

ZUM INHALT von „Glück“:

„Glück“ ist kein Ratgeber im üblichen Sinne, sondern eine kulturhistorische Abhandlung: Was haben antike Mythologie, Märchen und Volkssagen, was Theologie, Philosophie und politische Theorie, was Psychologie und Glücksforschung zum Thema „Glück“ herausgefunden?

„Glück“ ist Teil einer aus zehn Bänden bestehenden und von Konrad Paul Liessmann heraus gegebenen Reihe mit dem Titel: „Grundbegriffe der europäischen Geistesgeschichte“. Weitere Bände aus dieser Reihe sind etwa „Freiheit“, „Gerechtigkeit“, „Macht“, „Wahrheit“, „Tod“.

Hau den Rogan?

Der österreichische Schwimmer Markus Rogan wurde, eigenen Angaben zufolge, in einer italienischen Diskothek von vier Türstehern verprügelt.

Die Aussage der Türsteher fällt, erwartungsgemäß, anders aus: Rogan hätte, stark alkoholisiert und mit einer zerbrochen Flasche in der Hand, im Lokal getanzt, wäre als Gefahr für die übrigen Besucher eingestuft und daher von den Security-Männern nach draußen gebracht worden.

Daraufhin wollte er sich angeblich wieder in die Disko zurück schleichen, wäre dabei über einen Zaun gekraxelt, hinunter gefallen und hätte sich im Zuge dieses Sturzes selbst verletzt.

Hier steht Aussage gegen Aussage und es ist sehr unwahrscheinlich, dass jemals geklärt werden kann, wer die Wahrheit sagt und wer lügt. Beide Seiten werden wohl „ihre“ Zeugen finden.

Dominic Heinzl, Anchorman von „Hi Society“, der Boulevardsendung auf ATV, scheint, im Unterschied zum Rest der österreichischen Journalisten, Informationen zu besitzen, die Rogan als Lügenbaron überführen könnten.

Zumindest klingt es danach, denn in seiner Sendung führt er den – so oder so – geprügelten Sportler süffisant vor, informiert sogar – „neutral“ – über eine Internetseite, auf der man Rogan in einem Computerspiel schlagen, nein, nicht im spielerisch-sportlichen, sondern im wörtlichen Sinn, also verprügeln könne und lässt gegen Ende der Sendung den Skifahrer Rainer Schönfelder zu Wort kommen, der zu Ehrlichkeit aufruft und damit ebenfalls implizit unterstellt, Rogan könnte vielleicht doch…

Man kann Markus Rogan mögen oder auch ob seiner – angeblichen – Arroganz für unsympathisch halten. Ob er jedoch lügt oder nicht, ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entschieden.

Nach österreichischem Recht gilt bis zum Beweis des Gegenteils – Gottlob – noch immer die Unschuldsvermutung.

In Dominic Heinzls Sendung „Hi Society“ aber offenbar nicht.