Ecclesia semper reformanda est

Es ist eine echte Revolution:

Kardinal Christoph Schönborn akzeptiert den bekennenden Homosexuellen Florian Stangl als Pfarrgemeinderat von Stützenhofen im Weinviertel.

Am revolutionären Charakter dieser Aktion kann auch die Tatsache nichts ändern, dass der Kardinal vor seiner endgültigen Entscheidung (die er – auch das ist ungewöhnlich! – nach einem persönlichen Gespräch mit Florian Stangl und seinem Lebensgefährten traf) daran gedacht hatte, der bisherigen konservativen Linie treu zu bleiben und den Pfarrgemeinderat abzulehnen.

Selbst als aufgeklärter Atheist möchte man ob solch unerwarteter Liberalität ein begeistertes „Halleluja!“ gen Himmel rufen.

Damit hatte wohl niemand gerechnet, vor allem nicht der Pfarrer von Stützenhofen, der mit der Entscheidung des Kardinals rein gar nichts anzufangen weiß und Schönborn daher nun mit einem aufgezeichneten Telefonat unter Druck setzen möchte.

Wenn selbst ein nicht gerade als liberal verschriener Kardinal es schafft, über seinen eigenen Schatten zu springen, könnte man das doch eigentlich auch von einem Dorfpfarrer erwarten.

Ob die Entscheidung Schönborns bloß ein einmaliges Zugeständnis an die Kirchenbasis von Stützenhofen (der homosexuelle Pfarrgemeinderat bekam eine große Mehrheit der Stimmen der Gemeindemitglieder) war oder doch eine ehrlich gemeinte und somit äußerst mutige Handlung darstellt, wird sich zeigen.

Wenn der Kardinal die Lauterkeit seiner Absichten beweisen will, darf er die Bestimmungen zur Wahl der Pfarrgemeinderäte jetzt keinesfalls überarbeiten, um einen Fall „Stangl“ in Zukunft zu verhindern. Er sollte ihn vielmehr als „Präzedenzfall“ für künftige Entscheidungen heranziehen.

Ob Christoph Schönborn auch im Streit mit den Vertretern der „Pfarrer-Iniative“ wahre Größe zeigt, indem er klein beigibt (so fern das kirchenrechtlich für ihn überhaupt möglich ist), bleibt abzuwarten.

So oder so:

Es gibt noch viele Baustellen in der Katholischen Kirche.

Ecclesia semper reformanda est.

Zweck und Mittel

Es braut sich etwas zusammen.

Die Menschen geben sich nicht mehr damit zufrieden, unzufrieden zu sein.

Viele sind bereit, für Freiheit und Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen und sich zumindest zu empören.

Ob der „Wutbürger“ immer den richtigen Ton und vor allem den richtigen Gegner trifft, sei dahin gestellt.

Doch die grundsätzliche Bereitschaft, sich nicht (mehr) alles gefallen zu lassen, sich nicht als kleines Zahnrädchen im großen, undurchschaubaren und nicht beeinflussbaren Getriebe verstecken und instrumentalisieren zu lassen, ist vorhanden und wächst.

Eine der Formulierungen des „kategorischen Imperativs“ von Immanuel Kant (aus der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“) lautet:

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“

Wir dürfen, nein: müssen in der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft einander wechselseitig auch als Mittel verwenden.

Ich brauche den Straßenbahnfahrer, um in die Stadt zu kommen, den Koch in meinem Lieblingsrestaurant, weil er mein Lieblingsessen besser zubereitet als ich, den Arzt, der mich mit Wissen und Erfahrung behandelt, über die ich nicht verfüge.

Doch all diese Dienstleister sind nicht nur das, sind nicht bloß Mittel zu meinen Zwecken, sondern auch Menschen und somit Zwecke an sich selbst, die es zu respektieren gilt.

Das Unbehagen, das sich immer stärker ausbreitet, resultiert aus der Erfahrung, dass es nicht mehr nur die Menschen in den ärmsten Regionen der Welt sind, die ihrem Schicksal ausgeliefert sind.

Auch wir fühlen uns zunehmend im Griff von Politik, Wirtschaft und einer Welt, die immer komplexer, immer unübersichtlicher und in mancher Hinsicht leider auch immer egoistischer wird.

Um nicht unter die Räder dieser Entwicklung zu kommen, bedarf es großer und vor allem permanenter Anstrengungen.

Den Respekt, den wir uns selbst schulden und von den Anderen bekommen wollen, müssen wir auch ihnen täglich aufs Neue erweisen.

Das ist keine naiv-moralische Forderung eines Idealisten.

Es ist die einzig realistische Möglichkeit, wie wir uns retten können – gegenseitig.

De senectute

Klar, von Griechenland trennen uns derzeit noch Welten.

So schlecht geht es Österreich nicht, weder wirtschaftlich, noch politisch.

Jedoch: Sparen und umstrukturieren müssen auch wir, wenn wir wollen, dass unser Wohlstand erhalten bleibt.

Doch schon zeichnet sich ab, dass keiner der Erste sein will, wenn es darum geht, die Lasten zu schultern.

Links und Rechts, die Vertreter des „kleinen“ und „großen Mannes“ stehen einander gegenüber, in ihre Positionen einzementiert, keiner will klein beigeben.

Das liegt natürlich an den Positionen selbst und den dahinter stehenden ideologischen Überzeugungen.

Es liegt aber auch daran, dass die Stellvertreter und Lobbyisten beider Seiten in Wahrheit Vertreter der Gruppierung des „großen Mannes“ sind.

Denn die Funktionäre, auch jene, die den „kleinen Mann“ vertreten, haben zunächst einmal ihre eigenen Interessen im Blick:

Sie engagieren sich vehement gegen Einschnitte bei ihrer Klientel, ganz egal, wie realitätsfremd dies sein mag – um durch dieses zur Schau gestellte Kämpfertum nicht die eigene Legitimation zu verlieren.

Welcher Pensionisten-Vertreter etwa hätte Chancen, den gut bezahlten Job in der nächsten Amtsperiode wieder zu bekommen, wenn er nicht hier und jetzt gegen Einsparungen bei den Pensionen auftritt?

Dass dabei die Realität auf der Strecke bleibt, liegt auf der Hand.

Die Menschen werden immer älter, das ist primär dem medizinisch-technischen Fortschritt zu verdanken, der übrigens ein indirektes Ergebnis des gerne kritisierten Kapitalismus ist.

Dass bei kontinuierlich steigender Lebenserwartung entweder das Pensionsantrittsalter erhöht werden muss oder die Pensionen selbst, wenn schon nicht gesenkt werden müssen, so doch wenigstens nicht ins Unendliche gesteigert werden dürfen, sollte jedem einigermaßen vernünftigen Menschen klar sein.

Wo steht geschrieben, dass die Pensionen jedes Jahr über die Inflationsabgeltung hinaus wachsen sollen, ja, wachsen müssen?

Genau genommen ist sogar die Inflationsabgeltung kein ein für allemal gültiger, in Stein gemeißelter Anspruch.

Sie mag in Zeiten volkswirtschaftlicher Höhenflüge als Teil einer gesamtgesellschaftlichen „Gewinnausschüttung“ an alle Staatsbürger argumentiert werden.

Einen moralischen Anspruch auf diese „Gewinnausschüttung“ haben die Pensionisten, die nicht mehr aktiv an der Erzeugung dieses Gewinns beteiligt waren, aber nicht.

All jene unter den Pensionisten-Funktionären, die darauf beharren, dass ihre Klientel – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – ihre so genannten Ansprüche abgegolten bekommt, sollten sich ein italienisches Sprichwort zu Herzen nehmen:

„Siamo vecchi troppo presto, e intelligenti troppo tardi.“

Wir werden zu schnell alt, aber zu spät intelligent.

Zweck..! Optimismus..!

Es ging uns schon mal besser, so viel steht fest.

Alle reden davon, dass die Krise vor der Tür steht oder schon da ist – und wahrscheinlich ist da auch etwas Wahres dran.

Doch halt:

Leben wir nicht in einem Land, in welchem es den Menschen im Großen und Ganzen gut geht, in dem Frieden herrscht und die Verbrechensrate niedrig ist?

Natürlich wissen wir nicht, was am nächsten Tag auf uns zukommen wird.

Morgen könnte bereits alles anders sein, viel schlimmer, keine Frage.

Aber derzeit haben wir doch alles im Griff, oder etwa nicht?

Ist zu viel Optimismus schädlich?

Vielleicht.

Doch was ist die Alternative?

Vom Jammern wird es auch nicht besser.

Mag sein, dass wir uns in vielen Fällen etwas vormachen.

Doch seien wir ehrlich:

Wir haben keine andere Wahl.

Zweckoptimismus ist in jedem Fall angesagt.

Denn wenn wir zum Scheitern verurteilt sein sollten, wird uns dieses Schicksal noch früh genug und ohne unser Zutun ereilen.

Ausziehen..! Ausziehen..! Ausziehen..???

Nein, ich bin nicht prüde, ganz im Gegenteil.

Aber vielleicht bin ich einfach zu alt und zu analytisch eingestellt, um der neuesten Mode des Protests das abgewinnen zu können, was ihre Proponenten von ihren Zusehern zu erwarten behaupten.

Bei aller Weltoffenheit und eifrigem Bemühen, den diversen Kundgebungen halb- oder ganz nackter Frauen einen tieferen Sinn und somit Verständnis für diese Form des politischen Engagements zu entlocken:

Es gelingt mir leider nicht.

Das liegt nicht daran, dass die Protagonistinnen nicht auch meine Aufmerksamkeit erregen würden.

Welcher heterosexuelle Mann würde es nicht – aus rein sexueller Sicht – interessant finden, wenn sich anziehende Frauen öffentlich ausziehen und er – ganz unverschämt – hinsehen darf, indem er dies elegant hinter dem Interesse am Inhalt, nicht der Form der Veranstaltung verstecken kann?

Doch was hat das alles mit Politik, und sei es auch nur mit einer Art basisdemokratisch-anarchischem politischen Statement zu tun?

Warum müssen Kritikerinnen des Neoliberalismus, Stichwort „Occupy Wall Street..!“, ihrem Groll Ausdruck verleihen, indem sie die Hüllen fallen lassen?

Immer wieder kritisieren Feministinnen (zu Recht..!) die sexuelle Ausbeutung von (halb- oder ganz nackten) Frauen zum Zwecke der (Werbe-)Wirtschaft, Stichwort: „Autoverkauf mit Frauen im Bikini“.

Warum springen engagierte Frauen dann genau auf diesen Zug auf und fahren damit in die Richtung, aus der sie sich eigentlich entfernen möchten?

Welchen Sinn macht es, wenn ukrainische Frauen der Gruppe FEMEN, die gegen Sexismus im Allgemeinen und gegen Sextourismus in der Ukraine im Besonderen eintritt, sich halb- oder ganz nackt in der Öffentlichkeit zeigen?

Welcher (potenzielle) Sextourist oder Vergewaltiger soll durch so ein „Statement“ zum Umdenken angeregt werden (können)?

Besteht nicht viel eher die Gefahr, dass z.B. die Ukrainerinnen, die eigentlich weniger Sextouristen in ihrem Land haben wollen, genau diese anlocken, wenn durch solche Aktionen (unbeabsichtigt) signalisiert wird: „Solch’ hübsche Mädels rennen hier rum, und sie sind liberal genug, sich in der Öffentlichkeit auszuziehen!“

Die besondere Ironie an der Sache: 

Alle jene, die das freizügige Statement verstehen und nicht als Einladung interpretieren, fallen nicht in die Zielgruppe der Aktion – für die Anderen gilt das oben Gesagte.

Das „sich Ausziehen“ als politisches Statement haben schon die 68er eingesetzt. 

Sie sind schon lange wieder davon abgekommen.

Zu Recht.

Wer sich heute auszieht, um gegen was auch immer zu protestieren, ist schon vor Beginn der Schlacht dem Feind erlegen, gegen den er / sie vorgibt anzutreten.

Neue Werte?

Skandale, wo man nur hin sieht: 

ÖVP und FPÖ / BZÖ stehen derzeit im Brennpunkt der Kritik, aber auch die SPÖ bleibt nicht hinter den beiden „Konservativen“ zurück (Stichwort „Inserate“).

War es früher besser? fragte kürzlich Christian Rainer, Herausgeber des profil.

Gute Frage.

Ich denke, Illegales und Unmoralisches gab es immer schon. 

Die heutigen Malversationen von Politikern, Wirtschaftsbossen und diversen Kultur-Managern, die im Sold der Republik (und somit auf Kosten von uns allen) ebendiese zu ihren ganz privaten Zwecken missbrauchen, unterscheiden sich jedoch in einem wesentlichen Punkt von jenen vor vielleicht 50, 100 oder 500 Jahren.

Wenn damals ein Kapitalist oder ein Aristokrat den kleinen Mann für seine Zwecke ausgebeutet hat, mag er dies auf eine uns heute absurd erscheinende Argumentation aufgebaut und für gerechtfertigt angesehen haben.

Die heutigen „Mächtigen“ jedoch haben ihre Macht weder von Gott verliehen bekommen, noch durch besondere kriegerische Leistungen für die Gemeinschaft erworben. Sie wurde ihnen nur im Auftrag der Staatsbürger von eben diesen geliehen.

Sie könnte, nein: sollte ihnen auch wieder entzogen werden – spätestens bei den nächsten Wahlen.

Immer wenn sich die Skandale häufen, erschallt der Ruf nach „neuen Werten“ bzw. einer Wiederbelebung der Moral in unserer Gesellschaft.

Die Werte gibt es schon längst, sie müssen nicht neu erfunden werden. Ob ein Mensch, sei es eine Privatperson oder ein Politiker, moralisch oder unmoralisch agiert, hängt nicht nur davon ab, welche Werte er selbst (durch Fremd- oder Selbsterziehung) verinnerlicht hat. Es hängt auch davon ab, welche Möglichkeiten zum Missbrauch seiner Macht wir ihm bieten.

Es wird Zeit, die Demokratie denen zurück zu geben, denen sie gehört: den Staatsbürgern, uns allen.

Doch wer sollte sie uns zurück geben?

Wir selbst müssen sie uns holen!

Wer sich über die schwarz-blauen und roten Skandale aufregt, bei der nächsten Wahl aber wieder brav sein Kreuzerl bei den üblichen Verdächtigen macht, ist selber schuld.

Es braucht wahrlich keine neuen Werte, es braucht bloß den Mut, die vorhandenen ernst zu nehmen und Diejenigen, die sie mit Füßen treten, aus ihren Positionen zu entfernen.

Wer dazu nicht bereit ist, hat genau die Politiker, Wirtschaftsbosse und Kultur-Manager, die er verdient.

ten years after

Heute vor genau zehn Jahren fand jene Terror-Attacke auf die USA statt, die seither unter dem Kürzel „9/11“ (in Worten: „Nine-Eleven“) firmiert.

Durch Flugzeug-Attentate von radikalen Islamisten – die zwei spektakulärsten davon auf die beiden Türme des „World Trade Center“ in New York – waren rund 3.000 Menschen ums Leben gekommen.

Waren die gezielten Flugzeug-Abstürze auf US-amerikanischem Boden zwar zeitlich befristete, punktuelle Ereignisse, so haben sie doch der Politik weltweit einen nachhaltigen Stempel aufgedrückt.

Zweifelhafte Aktivitäten, getarnt als „Selbstverteidigungsmaßnahmen“ („USA PATRIOT Act“, „Irakkrieg“, „Invasion in Afghanistan“, „Errichtung und Betrieb von Guantánamo Bay“ usw.), strengere Sicherheitsbestimmungen und die damit einhergehende Untergrabung der nationalen (und internationalen – Stichwort „Flugdaten“) Bürgerrechte waren und sind Effekte, die sich weit über die Grenzen der USA hinaus auf die Menschen auswirkten.

Dass nicht nur außerhalb der USA, sondern auch im Land selbst eine große Zahl von Menschen der Bush-Administration zutraut, von den Attacken gewusst zu haben, ja, sogar an ihnen beteiligt gewesen zu sein oder diese selbst ausgeübt zu haben, um die darauf folgenden Engagements im In- und Ausland vor der eigenen Bevölkerung und der Welt zu legitimieren, ist beängstigend.

Der Grund dafür liegt aber weniger in den kruden (und aus meiner Sicht höchst unplausiblen) Verschwörungstheorien, welche als Erklärungen für die Ereignisse des 11. September 2001 aufgeboten werden.

Wer schon einmal von der „Operation Northwoods“ (ein vom Pentagon im Jahr 1962 dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy vorgelegter Plan, Terroranschläge gegen den zivilen Luft- und Schifffahrtsverkehr innerhalb der USA zu inszenieren, die man später Fidel Castro in die Schuhe hätte schieben wollen) gehört hat, muss zugeben: 

Möglich ist alles.

Dennoch: 

Wer den führenden Politikern bis hinauf zum Präsidenten so etwas zutraut, sagt ziemlich Erschreckendes über sich selbst und über das Land aus, dessen Staatsbürger er ist.

Haben die USA in der zehnjährigen Geschichte der Aufarbeitung von „9/11“ neben der rein technischen Ursachenforschung zum Ablauf der Ereignisse eigentlich auch die globalen politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen untersucht, die zu einem nicht geringen Teil von den USA selbst verursacht, gefördert oder zumindest nicht verhindert wurden und die zum Hass so vieler Menschen auf das Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ führen konnten?

Haben sie ihre eigene Rolle im internationalen Geschehen, welche solche Terroranschläge zwar niemals rechtfertigen, aber doch (im rein psychologisch-erklärenden Sinn) verständlich machen können, ernsthaft selbstkritisch hinterfragt?

Als Barack Obama 2009 das Amt des US-Präsidenten von George W. Bush übernahm, war eine seiner ersten offiziellen Handlungen, die Schließung von „Guantánamo Bay“ unter großem internationalen Applaus anzukündigen.

Das Gefangenenlager, in welchem auf völkerrechtswidrige Weise hunderte Menschen eingesperrt wurden, ist bis auf den heutigen Tag in Betrieb.

Kann es sein, dass die „Arroganz der Macht“, die hier auf perfekte Weise zum Ausdruck kommt, verdrängt und konsequent aus der Analyse von „9/11 – ten years after“ heraus gehalten wird?

Revolution..!

Zwei Länder, zwei Kulturen, aber dennoch strukturelle Ähnlichkeiten bei der Anwendung des Prinzips „Gruppenegoismus“ – so könnte man den Vergleich zwischen den USA und Österreich beschreiben.

Während in den Vereinigten Staaten von Amerika eine einzelne politische Gruppierung – die Tea Party, nicht einmal vollständig deckungsgleich mit den Republikanern – das gesamte Land und via Globalisierung die ganze Welt in Geiselhaft nimmt, ist es hierzulande ein Provinzpolitiker aus Kärnten: 

Uwe Scheuch.

Auch er ist nicht „die Österreicher“, nicht „die Kärntner“, ja nicht einmal „die FPK“.

Und doch zwingt er mit seiner Machtgier der Partei, seinem Bundesland und der gesamten Republik sein sonderbares Demokratie- und Rechtsverständnis auf.

„Law & Order“ sind jene Begriffe, derer sich das rechte Lager mit Vorliebe bedient – so lange es um die Anderen geht: die Mitglieder anderer Parteien, andere Menschen im allgemeinen und insbesondere die „Ausländer“.

Wer stets nach der harten Hand des Gesetzes schreit, macht sich unglaubwürdig, wenn er gegen Iustitia wettert, sobald er selbst von ihr gerichtet wird.

Die Anhänger von FPK, BZÖ und FPÖ haben ein fundamentales Problem: 

Aus falsch verstandener Solidarität tragen sie seit Jahren illegale Aktionen „ihrer“ Politiker mit. Zunächst waren das nur solche Handlungen, mit denen die Rechten den politischen Gegner klein kriegen wollten (z.B. durch die Veröffentlichung von Daten, Stichwort „EKIS“ und Jörger Haiders „Taferln“).

Kaum an der Macht, haben sie jedoch das Betätigungsfeld ihrer Malversationen ausgeweitet.

In der „schwarzblauen Ära“ haben Haider & Co. nachdrücklich gezeigt, dass auch sie nicht davor zurück schrecken, sich am „kleinen Mann“, eigentlich ihrem Stammwähler, zu bereichern.

Wenn nun Uwe Scheuch mit rauchendem Colt erwischt wurde, wäre es hoch an der Zeit, dass die letzten Fans der sich selbst als „Anständige und Tüchtige“ bezeichnenden Gauner, aufwachen.

Der kleine Mann hat es selbst in der Hand, diejenigen, die ihn gleich mehrfach missbrauchen, vom Thron zu stürzen.

Eine politische Revolution kann nur von unten nach oben stattfinden: indem die Menschen die korrupten Politiker nicht mehr wählen.

Doch das erfordert (selbst)kritisches Nachdenken und den Mut und Willen, sich vom Gängelband der politischen Rattenfänger zu befreien.

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ schrieb Immanuel Kant.

Das ist jetzt fast 230 Jahre her.

Müssen wirklich erst 500 Jahre vergehen, bevor auch der letzte Dummkopf erkennt, was zu tun ist?

Griechischer Schein…

Nun ist es also doch passiert.

Die Griechen bzw. ihre Parlamentarier haben sich – Zeus sei Dank! – dafür entschieden, das Sparpakt anzunehmen, das ihnen die EU als conditio sine qua non für die Gewährung weiterer finanzieller Unterstützung vorgeschrieben hat.

Gut so.

Aber damit wird es wohl nicht getan sein. 

Um das zu erkennen, braucht man nicht erst das Orakel von Delphi befragen.

Viele (die meisten?) Griechen haben ein echtes Moral-Problem. Die Schuld an der jetzigen Misere ausschließlich einer „ausbeuterischen Oberschicht“ in die Schuhe zu schieben, die sich – auf Kosten der Allgemeinheit und somit der „kleinen Leute“ – bereichert hätte, ist verlogen.

Auch der „kleine griechische Mann“ und die „kleine griechische Frau“ wissen, wie sie ihren Staat und damit indirekt auch die europäische Gemeinschaft missbrauchen.

Zur Veranschaulichung:

Vergangenes Jahr verbrachte ich zusammen mit einem Freund zwei Wochen an der Südküste Kretas. Rund um den Ort, in dem wir uns niedergelassen hatten, sah es aus wie auf einer Müllhalde. Die Pfade durch Olivenhaine und Orangenplantagen waren gesäumt mit leeren Plastikflaschen, alten Autoreifen, Blechdosen und diversem anderen Mist.

Als ich einmal von der Terrasse unsers Apartments blickte, sah ich einen alten, nicht gerade wohlhabend scheinenden Griechen aus dem gegenüber liegenden Haus kommen. Er bemerkte den Flugzettel einer Partei (es waren gerade Wahlen), der in seinem Postkasten steckte, zog ihn heraus, zerknüllte ihn und warf ihn über den Zaun in das von Abfällen bereits übersäte Gestrüpp außerhalb seines Grundstücks.

Hinter mir die Sintflut.

Beim ersten Einkauf im „Minimarkt“ des Ortes besorgte ich drei Flaschen Rotwein, Brot, Oliven, Spagetti, aber kein Obst.

Auf der Rechnung ausgewiesen waren drei Positionen mit den Preisen der Weine, die mit „Frutos“ bezeichnet waren.

Ich gehe davon aus, dass beim Verkauf von Alkohol andere, nämlich höhere Steuern zu entrichten wären, als bei dem von Obst.

Die Besitzerin des Ladens – ganz offensichtlich keine reiche Supermarktketten-Inhaberin – beging also Abgaben-Betrug.

Als wir unser Apartment kurz vor der Abreise bezahlen wollten und einen Beleg dafür verlangten, stellte sich unsere Vermieterin zunächst dumm. Erst, als wir ihr klarmachten, dass wir nur dann bezahlen würden, wenn wir auch eine Rechnung bekämen, rückte sie diese heraus.

Auch diese Frau war keine reiche Villenbesitzerin.

Ich liebe Griechenland, das habe ich schon immer getan. In der Schule hatte ich neben Latein auch noch Altgriechisch, studierte nach der Matura Philosophie und schätze vor allem die Denker und Künstler der griechischen Antike.

Das Land, das am Anfang der europäischen Kulturgeschichte stand, mag auf eine lange Geschichte verweisen. Von seiner Kultur ist jedoch nicht allzu viel übrig geblieben. Da mögen die hoch polierten „antiken Stätten“, etwa die Akropolis von Athen, die wir in den Sujets der Griechenland-Werbung stolz vor Augen geführt bekommen, noch so sehr glänzen vom Ruhm vergangener Zeiten.

Das „wahre Sein“ hat in der Philosophie der klassisch-griechischen Metaphysik eine große Bedeutung.

Das heutige Griechenland dürfte sich stärker dem Schein zugewandt haben.

Tödliche Doppel-Mühle

Angela Merkel hat ein Problem.

Die deutsche Kanzlerin hat ihre Worte nicht im Griff oder, was vielleicht noch schlimmer ist, ihre Gedanken.

Wenn Merkel „ihren“ Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg, der ganz offensichtlich beim Betrug erwischt wurde (es gilt die Unschuldsvermutung), damit verteidigt, sie hätte (sinngemäß) „einen Verteidigungsminister“ ins Kabinett geholt und „nicht einen Wissenschafter“, ist das schon schwer zu verdauen.

Wenn sie aber auf die Bekanntmachung des Todes (der gezielten Ermordung?) von Osama bin Laden mit den Worten: „Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten.“ reagiert, ist das völlig inakzeptabel.

Denn wir sprechen hier von der deutschen Kanzlerin, nicht von einem US-amerikanischen Provinzpolitiker aus dem republikanischen Lager.

Zur Erinnerung: 

Als George W. Bush Partner für seinen Feldzug im Irak zusammen trommelte, wehrten sich viele (leider nicht alle) Staaten dieser Welt, diese – auf Vorspiegelung falscher Bedrohungen basierte – Aktion zu unterstützen.

Ganz vorne mit dabei bei den Gegnern eines Irak-Einsatzes:

der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Der war zwar von der SPD, aber dennoch.

Einem deutschen Politiker und schon überhaupt der Bundeskanzlerin, steht es nicht an, sich über den Tod eines Menschen zu freuen. Eigentlich stünde es niemandem an, ganz egal, wie „böse“ der Getötete auch immer gewesen sein mag.

Wenn sich die Repräsentanten des Staates, eines Konstruktes, das gegründet wurde, um das Gewaltmonopol zu verwalten, das Faustrecht in den Griff zu bekommen und seine Staatsbürger vor Angriffen von innen und außen zu schützen, dazu verleiten lassen, in Cowboy-Manier dieses Faustrecht wieder hoch leben zu lassen, könnten sie auch gleich dafür plädieren, den Staat aufzulösen.

Möge der Stärkere gewinnen..!

Ob die deutsche Kanzlerin aus Vorsatz, also mit der Überlegung: „Ich muss mich als toughe Politikerin positionieren!“ gehandelt hat, oder ob ihr der neueste Sager unabsichtlich raus gerutscht ist, spielt keine Rolle.

Letzteres enttarnt sie als irrationalen Menschen, der nichts in diesem wichtigen politischen Amt verloren hat, ersteres entblößt sie als zynische Machtstrategin und Populistin.

Angela Merkel hat ein Problem.

Es ist nicht ersichtlich, wie sie es lebendig zwischen Skylla und Charybdis von Dummheit und Zynismus hindurch schaffen könnte.