Es bleibt finster

Eigentlich hatte ich ja noch vor, mir den Film von P. A. Straubinger, „Am Anfang war das Licht“, anzusehen. Nicht etwa deshalb, weil ich daran glaube, dass Menschen nur von Sonnenlicht leben können. Das halte ich für ausgeschlossen.

Es gibt kein einziges Lebewesen, das sich NUR von Sonnenlicht ernährt. Selbst die zur Photosynthese fähigen Pflanzen brauchen Wasser und entziehen dem Boden mit diesem zugleich auch Nährstoffe. Wer das nicht weiß, sollte nachlesen, wer es nicht glaubt, kann gerne die Probe aufs Exempel machen und eine Pflanze ungedüngt in einem Topf über längere Zeit wachsen lassen:

Irgendwann ist Schluss mit lustig.

(Bevor mich die logisch geschulten unter den Esoterik-Affinen zurück pfeifen, indem sie rufen: „Induktionsproblematik!“, gestehe ich ihnen zu, dass es natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass mir morgen jemand begegnet, der sich nur von Licht ernährt. Aber ich muss ergänzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass das geschieht, ist – aus meiner Sicht – nicht besonders hoch.)

Zurück zum Film:

Seit gestern Abend weiß ich, dass ich ihn mir nicht mehr anzusehen brauche. Denn im Rahmen der Promotionsfeier einer Freundin habe ich IHN persönlich kennen gelernt:

P. A. Straubinger.

Eines gleich vorweg: Ich halte ihn – nach dem kurzen Gespräch, das wir mit einander geführt haben – für einen durchaus sympathischen, ruhigen, friedfertigen Zeitgenossen, im Unterschied zu einem Freund der Gastgeberin, der ebenfalls mit uns am Tisch saß. Den Namen dieses Freundes habe ich mir leider nicht gemerkt, daher nenne ich ihn an dieser Stelle den „Adepten“, was insofern gerechtfertigt ist, als er an den Lippen seines Meisters, P. A. Straubinger, hing.

Der Adept (er beabsichtigt, einen Film über „Chanelling“ zu drehen – wer mehr darüber wissen will, soll das bitte „googeln“, ich will weder Öl, noch Mühe darauf verschwenden, ins Detail zu gehen) reagierte ziemlich verschnupft auf meine kritischen Fragen und Einwände – und das, obwohl ich geduldig versuchte (was mir im Angesicht von naturwissenschaftlichem Halbwissen und wissenschaftstheoretischer Unbildung nicht immer leicht fällt), das Verbindende zwischen seiner (aus meiner Sicht) mystischen Position und meinem Naturalismus herzustellen.

Er meinte, sinngemäß, wir alle wären doch eigentlich mit einander verbunden, eine Einheit sozusagen, woraufhin er irgend etwas von unsterblicher Seele und Wiedergeburt daher faselte. Ich versuchte, ihm zu erläutern, dass und warum ich die hinter seiner Theorie stehende idealistische Metaphysik für falsch halte, die praktischen Handlungsanweisungen, die er daraus ableitet, sich jedoch mit meinen decken:

Wir sitzen – mit all unseren Bedürfnissen, Schwächen und Ängsten – in einem Boot mit jenen Lebewesen, die ebenfalls leidensfähig und sterblich sind. Wenn wir es also vermeiden können, ihnen weh zu tun, wäre es angebracht, dies auch zu tun.

Aber das lässt sich auch utilitaristisch begründen, ohne eine unsterbliche Seele, Wiedergeburt und einen unsichtbaren Faden postulieren zu müssen, der uns alle durch Raum und Zeit und bis hinein ins – vermeintliche, aber bisher unbewiesene (und unbeweisbare) – Jenseits mit einander verbindet.

Doch auch dieser Versuch einer Einigung auf ethischer Ebene scheiterte – genau so wie die anderen, die dazu gedacht waren, die Inkonsistenzen seiner Aussagen aufzuweisen.

Der Adept wurde ein klein wenig aggressiv, was zuletzt in seiner Aussage gipfelte, er hätte sich offensichtlich ans falsche Ende des Tisches gesetzt.

Nun, so kann man die Suche nach Wahrheit natürlich auch betreiben…

P. A. Straubinger wiederum meinte, nachdem er meine wissenschaftstheoretischen Einwände mit schneller Hand vom Tisch gewischt hatte, ohne mir die Möglichkeit gegeben zu haben, sie vollständig zu entfalten und sich selbst die Chance, sie zu verstehen:

Er würde sich schon seit zehn Jahren mit dem Thema „Lichtnahrung“ befassen und hätte unzählige Anekdoten gesammelt, die als Beleg für seine Überzeugungen dienen.

Mein Einwand, Anekdoten gäbe es viele, aber was mag das schon beweisen? war der letzte den ich vorbringen konnte, bevor die Gastgeberin – etwas unsanft – unseren Diskurs unterbrach und für den Rest des Abends untersagte.

Schade eigentlich.

Denn vielleicht wäre mir gestern ja doch noch ein Licht aufgegangen…

Rechter Selbst(wahl)betrug

65 Jahre nach dem „totalen Krieg“, der nichts anderes war als die totale Selbstaufgabe der Vernunft, sind viele Menschen – die Alten, noch immer, die Jungen, schon wieder – bereit, sich für dumm verkaufen zu lassen.

Nein, es geht hier ausdrücklich nicht darum, die HC Straches dieses Landes dafür anzuprangern, dass sie rechtes Gedankengut so abstoßend gefällig und unappetitlich appetitlich anbieten, dass selbst der Geistreichste unter den Dummen, der christlichste Nächstenliebende unter den rassistischen Ressentiment-Junkies und der sich selbst am meisten als herrenmenschlicher Leithammel Missverstehende unter all den hohlköpfigen Herdentieren nicht anders kann, als „Ja, ich will..!“ zu grölen und sein Kreuz an der richtigen, soll heißen: an der falschen Stelle zu machen.

Es geht um etwas ganz anderes.

All jene, die sich anziehen lassen vom Hass und aufstacheln lassen, ihn auszuleben, weil sie sich bestätigt sehen in dem, was sie „immer schon gefühlt“, „immer schon gedacht“ haben und „immer schon gerne gesagt“ hätten, haben die Wahrheit an diesem falschen Spiel nicht verstanden:

Ein AH, ein JH, ein HC und wie sie alle morgen, übermorgen und überübermorgen heißen werden, kümmern sich einen feuchten Dreck um sie und ihre vermeintlichen Anliegen.

Die Probleme des „kleinen Mannes“, für den sie sich ach, so gerne lautstark machen, interessieren die „Führer“ genauso wenig, wie der „kleine Mann“ an sich.

Er ist für sie keinen Cent mehr wert als jene Menschen, gegen die sie ihn aufhetzen.

Die „Führer“ haben ihre Marktlücke entdeckt und verkaufen ihr Produkt erfolgreich, um ihre Familien und ihren Narzissmus damit zu nähren.

Es funktioniert perfekt, weil sie kein künstliches Bedürfnis schaffen und das psychologische Fundament dafür erst gar nicht selbst errichten müssen.

Das Ressentiment, die Dummheit und der Herdentrieb jener Menschen, von deren Ausbeutung die „Führer“ von gestern, heute und morgen vorzüglich leben, gab es immer schon.

Diesbezüglich haben wir auch in Zukunft, trotz aller Wahlen, keine Wahl.

Sie werden wohl nie aussterben:

die Dummen und jene, die sich ihrer zu bedienen wissen.

Hokuspokus

Es ist hoch an der Zeit, mit einem zweifachen Missverständnis aufzuräumen, auf dessen Basis Heerscharen von selbst ernannten Heilsbringern ihre dubiosen Dienste anbieten.

Der erste Teil des Missverständnisses lautet:

Die moderne, auf (natur)wissenschaftlicher Methodik aufbauende Medizin würde den Menschen als Individuum missachten und ihn bloß unter dem Blickwinkel der Statistik behandeln, während die verschiedenen „alternativen“ Heilverfahren (Homöopathie, TCM usw.) diesem Fehler nicht erliegen würden.

Letztere nämlich, so das Credo ihrer Anhänger, würden jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit wahrnehmen und respektieren, auf seine Individualität gezielt eingehen und daher den direkteren Weg zum Patienten und seiner Heilung beschreiten.

Der zweite Teil des Missverständnisses lautet:

Die auf Naturwissenschaft beruhende Schulmedizin würde bloß „Symptome“ behandeln, die Alternativmedizin hingegen die „Ursachen“ bekämpfen und das Übel der Krankheit somit an der Wurzel packen.

Worin liegen nun aber die Missverständnisse?

Was die Kritik an der „Verallgemeinerung“ in Gestalt von Statistik betrifft, so lässt sich das leicht zeigen:

Jede Technologie, egal, ob es sich dabei um ein medizinisches oder anderweitiges Verfahren oder aber bloß um Zubehör zu einem solchen handelt, wurde kraft systematischer (wissenschaftlicher) Forschung entwickelt und auf ihre Tauglichkeit hin getestet.

Genau genommen ist auch gar keine andere Vorgangsweise möglich.

Das trifft natürlich auch auf das Finden des bestmöglichen Behältnisses zur Aufbewahrung von (z.B. homöopathischen) Arzneimitteln zu (etwa Glasfläschchen). Über Jahrzehnte, genauer: Jahrhunderte hat sich durch eine schier unendlich große Zahl an Versuchen mit verschiedenen Materialien eine – bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt – als am besten geeignete Art von Arzneimittelfläschchen entwickelt.

Natürlich könnte diese Art von Behältnis schon morgen durch eine neue ersetzt werden. Aber zum Nachweis, dass eine neue Zusammensetzung der Glasfläschchen sich für eine Konservierung der in ihr aufbewahrten „Medizin“ besser eignet als die bisherige, greift die „Glasfläschchen-Forschung“ (und kein Homöopath der Welt würde hier – schon aus Eigeninteresse! – einen Einspruch gegen ihre (natur)wissenschaftliche Methode erheben!) auf – richtig geraten! – Statistik zurück.

Es wäre absurd, sich dabei nur auf wenige oder etwa gar nur auf eine einzige, „individuelle“ und somit zufälligen Schwankungen unterliegende Fläschchen-Alternative zurück zu ziehen, die keiner systematischen Prüfung unter standardisierten Bedingungen und unzählige Male wiederholten Materialtests unterzogen wurde.

Behauptet die Homöopathie allen Ernstes, die Testverfahren ihrer Arzneimittel würden nicht nach statistischer Methodik durchgeführt?

Das kann und will ich nicht glauben (und meines Wissens nach ist das auch nicht der Fall).

Wenn das allopathische (so die Bezeichnung jener Stoffe, die chemisch nachweisbare Bestandteile einer Wirksubstanz beinhalten) Mittel nur bei einem bestimmten Menschen spezielle Symptome hervorruft, warum sollte sein homöopathisches Pendant dann zur Behandlung anderer Menschen heran gezogen werden, die diese Symptome aufweisen?

Was wäre, wenn nur wenige Menschen oder vielleicht nur ein einziger die bei diesen so genannten Arzneimittelprüfungen eintretenden Symptome aufweist, die Mehrzahl der anderen oder sogar alle anderen jedoch vollkommen andere Symptome, im Extremfall jeder der Probanden seine ganz eigenen?

Was passiert dann mit diesem „geprüften“ Mittel? Wird es verwendet und wenn ja, bei welchen Symptomen kranker Menschen?

Denn nun gäbe es – wenn die Statistik irrelevant ist und nicht auf sie und ihre Erkenntnisse zurück gegriffen werden darf – unendlich viele verschiedene Substanzen, die alle an jedem Patienten im Krankheitsfall erneut ausprobiert werden müssten.

Individualität des Patienten kann aber nicht bedeuten, dass bei ihm die Medizingeschichte wieder zu ihren Anfängen zurückkehrt und alle Verfahren und Arzneien der Menschheitsgeschichte in chronologischer Reihe ihres Auftauchens an ihm ausprobiert.

Denn das wäre eine unendliche Behandlungsgeschichte.

Die Realität sieht anders aus:

Jede Form von seriöser medizinischer Behandlung greift auf die Erfahrung unzähliger Fälle – also auf Statistik – zurück. In dem Maße, wie sie das tut, „verallgemeinert“ sie jeden noch so individuellen Fall, also den einzelnen Menschen, weil sie ihn nur durch Vergleichen mit einer Vielzahl ähnlicher Fälle behandeln kann. Denn bei diesen haben bei ähnlicher Symptomatik dieselben Medikamente ähnlich gute Wirkungen erzielt.

Wer das leugnet, muss, um sich selbst nicht zu widersprechen, ab sofort auf jede Technologie verzichten, die auf Basis naturwissenschaftlicher (und somit auch statistischer) Verfahren gewonnen und als funktionierend erkannt wurde – das Leben schützende Impfungen inklusive.

(Tatsächlich, und das sollte uns Angst machen, sind viele Anhänger alternativer Verfahren bereit, ihre Kinder gesundheitlichen Risiken auszusetzen, indem sie sich gegen Impfungen stellen – absurder Weise übrigens nicht selten auf Basis angeblicher Statistiken, die ihnen Recht geben würden…)

Kommen wir zum zweiten Missverständnis, nämlich jenem, das behauptet, „Schulmedizin“ würde nur „Symptome“ von Krankheiten, Alternativmedizin aber die „Ursachen“ dieser Krankheiten selbst behandeln.

Im Fall der Homöopathen trifft genau das, was sie gegen die Schulmedizin vorbringen, auf ihre eigene Lehre zu:

Tatsächlich orientieren sie sich nämlich ausschließlich an den Symptomen, fragen gar nicht nach den „darunter“ liegenden Ursachen, geben ihre Substanzen schlicht bei Vorliegen von „äußeren Erscheinungen“, gemäß der Annahme, die gleiche (similia similibus curentur) Substanz, die in normaler (nicht-homöopathischer) Dosierung diese Symptome auslöst, würde bei bereits Vorhandensein dieser Symptome bei Gabe in homöopathischer Dosierung die Auflösung der Ursachen bewirken.

Welche absurden Kausalannahmen (jenseits der unsinnigen Unterstellung, eine Substanz würde in unterschiedlicher Dosierung gegenteilige Effekte zeitigen – das wäre so, als würde man behaupten, ein Schlag auf den Kopf mit einem großen Hammer würde Schmerzen verursachen, ein Schlag mit einem kleinen Hammer hingegen bereits vorhandene Schmerzen lindern) liegen hier zu Grunde?

Kein Mediziner kann die letzte Ursache einer Erkrankung und somit bestimmter Symptome angeben, das trifft übrigens auf die Naturwissenschaft insgesamt zu. Aber er kann – und hier greift wieder die Statistik ein – in der (angenommenen) Kausalkette so weit wie möglich nach hinten schreiten und Vergleiche anstellen.

Jede Differenzialdiagnose in der Schulmedizin baut auf diesem (einzig sinnvollen) Verfahren auf: Hat der Patient, der wegen chronischer Schmerzen zum Arzt kommt, auch noch einen hohen Blutdruck? Nimmt er Medikamente? Hat er eine Entzündung? Und so weiter…

All diese Phänomene könnten – auf Statistik beruhend – die wahrscheinlichsten aller möglichen „Ursachen“ für seine Schmerzen sein.

Warum jemand aber beispielsweise hohen Blutdruck hat, kann verschiedene Ursachen haben. Aber was bedeutet „Ursache“ in diesem und in jedem anderen Zusammenhang in der Medizin?

Das gleichzeitige Auftreten von zwei Zuständen, wo bei gehäufter Kombination (und dem Verschwinden der „Wirkung“ bei Beseitigung der vermuteten „Ursache“) angenommen werden darf, dass es sich hier um eine Kausalbeziehung handelt.

Wann gilt eine „Ursache“ als beseitigt? Wenn ihre Wirkungen, also die Symptome verschwunden sind.

Mag sein, dass irgendwann neue Symptome auftreten, die als „krankhaft“ (weil mit Schmerzen oder Beeinträchtigung des Betroffenen einhergehend) angesehen werden.

Dann fängt das Spiel von vorne an.

Aber es basiert wieder auf systematischer, sich der Statistik bedienender, methodischer Forschung.

Zu behaupten, die alternativen Heilverfahren würden sich einer der Naturwissenschaft (in ihrer systematischen Verblendung) verborgenen Form der Erkenntnis bedienen, ist Schwachsinn.

Es ist die systematisch forschende (Natur-)Wissenschaft, die den Menschen nicht nur die Augen öffnet, sondern ihre Sehschärfe mit Mikroskopen, Teleskopen und angewandter Logik verbessert.

Die Alternativmedizin verheimlicht ihren naiven Anhängern (aus Geschäftssinn oder Ignoranz?) nicht nur, dass sie ihnen die Mikroskope, Teleskope und die Logik wieder wegnehmen möchte.

Sie verbindet ihnen zusätzlich auch noch die Augen.

Karntn is lei ans…

Es stimmt:

Kärnten ist tatsächlich „eins“, sprich: einzigartig.

Das liegt – natürlich – an der wunderschönen Natur in Gestalt von Bergen und Seen mit teilweise Trinkwasserqualität, das liegt bestimmt an der südländischen Gemütlichkeit seiner Einwohner und dem rustikalen, aber nicht zwingend unsympathischen Charme der Menschen im südlichsten Bundesland Österreichs.

Leider liegt es aber auch daran, dass dieses Bundesland der einzige Fleck auf unserem Erdenrund zu sein scheint, wo ein Landeshauptmann ohne jede politische Konsequenz eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs als „Fehlentscheidung“ diskreditieren kann.

Man muss sich wirklich langsam fragen, was das für ein Land ist, beziehungsweise welche Menschen hier leben, die es sich gefallen lassen, von einer bestimmten politischen Gruppierung und ihrer Klientel für deren fragwürdige, im globalen Maßstab genommen lächerliche „Ideale“ in Geiselhaft genommen zu werden.

Mag sein, das alternative Angebot anderer Parteien in Kärnten ist noch trister als jenes der aktuell an der Macht befindliche Clique. Somit ist ein Regierungswechsel eher unwahrscheinlich.

Aber was spricht eigentlich dagegen, dass all jene Kärntnerinnen und Kärntner, die sich nicht länger für dumm verkaufen lassen wollen, eine zivilgesellschaftliche Aktion – etwa in Gestalt einer Großkundgebung oder einer Unterschriften-Sammelaktion – starten, aus der klar hervorgeht, dass sie nicht einverstanden sind mit dem politischen Kasperltheater, das ihr Bundesland national und international über seine Schönheit hinaus bekannt macht?

PS:

Dass sich besagter Landeshauptmann Gerhard Dörfler plötzlich als Verfassungsexperte geriert, der ein korrektes von einem „Fehlurteil“ des Verfassungsgerichtshofs zu unterscheiden vermag, ist überraschend.

Noch vor kurzem wurde seine Beteiligung an einer Ortstafelverrückung zusammen mit dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider von der Justiz als strafrechtlich irrelevant erkannt, weil er, Dörfler, salopp formuliert, als Nichtjurist keine Ahnung davon haben könne, was er da anstelle.

It was the oil, stupid..!

Es klingt zynisch, aber mit der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko tut sich ein so genanntes „window of opportunity“ auf.

Die verheerenden Folgen können jetzt noch gar nicht genau beziffert werden. Aber dass sich aus dem Schaden auch die Möglichkeit ergibt, der internationalen Erdöllobby das Wasser, besser gesagt: das Öl abzugraben, sollte nicht übersehen werden.

Gegen den Umstieg auf alternative Energiegewinnung wettern die Öligarchen (sic), dieser wäre zu teuer. Und das mag sogar, unter einer bestimmten Perspektive betrachtet, richtig sein.

Aber diese „bestimmte Perspektive“ implizierte bisher, dass die Rohölgewinnung – relativ – umweltfreundlich und weit entfernt von der kritischen Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit vonstatten ging.

Mit der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat sich dies aber nun geändert. Die böse Seite der Ausbeutung der Natur hält den Menschen plötzlich ihre grinsende Fratze entgegen und ruft ihnen ihr „memento mori!“ zu: Wenn ihr so weiter macht, wird es bald vorbei sein – mit der Natur, mit euch, mit allem!

Grünparteien, Ökobewegungen und Alternativenergiedenker aller Herren Länder vereinigt euch!

So günstig wie jetzt war es noch nie, mit der Unterstützung der Weltbevölkerung einen globalen Umdenkprozess und Wandel in der Energiepolitik in Gang zu bringen. Damit wir schon morgen sagen können:

It was the oil, stupid..!

Freie Sicht aufs Gesicht?

Nun gibt es also mit Belgien das erste Land in der EU, in dem ein „Burkaverbot“ erlassen wurde.

Stellt sich zunächst einmal Frage, warum es nur die Burka und der Niqab, eine Verschleierung, bei der (im Unterschied zur Burka, in die eine Art Sichtgitter integriert ist) die Augen unbedeckt bleiben, sind, nicht aber auch das Kopftuch, die dem freien Blick der freien Welt weichen sollen.

Ist das Kopftuch nicht ebenso frauenfeindlich, wird es doch aus denselben Gründen von muslimischen Frauen getragen wie Burka und Niqab?

Könnte es sein, dass mit einer Ausweitung des Verhüllungsverbotes nicht nur christliche Ordensschwestern, sondern auch Bäuerinnen und diverse Freizeit-Kopftuchträgerinnen betroffen sein würden, von denen wir annehmen, dass niemand sie zwingt, ihr Haupt zu verhüllen?

Aber ist das tatsächlich so?

Zwingt nicht zumindest im Fall der Ordensschwester die Regel ihrer religiösen Gemeinschaft ihr die Kleidung auf, in welche sie sich hüllt – Kopftuch inklusive?

Bei den Bäuerinnen ist das schon etwas unwahrscheinlicher, aber auch hier mag es solche geben, die sich einer Tradition verpflichtet fühlen und deshalb Kopftuch tragen.

Die Crux an der Debatte ums „Burkaverbot“ besteht doch darin:

Wer mag entscheiden, in welchem Fall eine Verschleierung von Männern im Umfeld der betroffenen Frau erzwungen und wo sie freiwillig aus religiöser Tradition vorgenommen wird?

Dürfen die freiwilligen unter den Burka- und Niqabträgerinnen gegen ihren Willen gezwungen werden, ihre Freiheit zu opfern, weil andere vielleicht zur Verschleierung gezwungen werden?

Der säkulare Staat, dessen Werte die Befürworter des „Burkaverbotes“ durch ihre Maßnahme zu schützen versuchen, muss, seinem Selbstverständnis entsprechend, ertragen, dass Frauen sich freiwillig „erniedrigen“, wenn sie dies aus religiösen Gründen wollen.

Denn wenn er ihnen dies per Gesetz untersagt, widerspricht er seinem eigenen Anspruch und Selbstverständnis. Dann verzichtet er nämlich auf die Äquidistanz zu allen Weltanschauungen und erhebt die eigene, säkulare Überzeugung zur Religion.

Roma non locuta. Causa finita?

Darf eine Firma, gegen deren Mitarbeiter täglich neue schwere Missbrauchsvorwürfe erhoben werden, diese Vorwürfe einfach schweigend aussitzen?

Die zynische, auf die Logik von „Public Relations“ blickende Analyse lautet:

Nein.

Keine Organisation, nicht einmal die katholische Kirche, kann es sich in Zeiten von Facebook, Sensationsjournalismus und Talkshows, in denen der kleine Mann schonungslos sein Innerstes nach außen kehrt, leisten zu schweigen.

Die Tage, wo noch „Zucht und Ordnung“ herrschten, wo die heilige Dreifaltigkeit aus Vater, Lehrer und Pfarrer noch uneingeschränkt und ohne Gewaltentrennung absolut regierte und dort, wo ihre Autorität zaghaft hinterfragt wurde, Rohrstaberl und „gsunde Watschn“ abgeirrte Schafe auf den Weg der Tugend zurück führten, sind längst vorbei.

Wer heute Gewalt an Kindern und Jugendlichen verübt, braucht gute – psychologische – Gründe oder einen guten Anwalt.

Es gibt aber auch noch eine andere Betrachtungsweise, eine Betrachtungsweise, welche die katholische Kirche bei ihrem eigenen Wort nimmt:

Gerade eine Institution wie sie, deren Kerngeschäft auf der Idee von Schuld, Beichte, Sühne und Vergebung beruht, darf es sich nicht erlauben, diese Essenz ihres Selbstverständnis zu vergessen, wenn es ums eigene Personal und dessen Taten geht.

Das wäre unmoralisch, zumindest aber ein krasser Widerspruch.

Nicht alle gläubigen Menschen sind bereits aufgeklärt und kritisch genug, „ihrer“ Kirche wegen der aktuellen Skandale den Rücken zu kehren. Die Aufforderung Immanuel Kants, Aufklärung als den Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu verstehen und sich dementsprechend aus der Gewalt fremder Autoritäten zu befreien, ist leider noch nicht bis in die Köpfe aller gläubigen Menschen vorgedrungen.

Noch nicht.

Viele hängen trotz all ihrer Scheinheiligkeit noch an „ihrer“ Kirche.

Noch.

Mani pulite in bella Austria?

Als sich in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts die italienische Justiz zu umfassenden Untersuchungen – unter anderem – der illegalen Parteienfinanzierung aufschwang, führte das zum Ende der so genannten 1. Republik und zum Zusammenbruch der beiden wichtigsten Parteien: der „Democrazia Cristiana“ und des „Partito Socialista Italiano“.

In Österreich ist keine vergleichbare Aktion „saubere Hände“ geplant, denn der Verdacht der „illegalen Parteienfinanzierung“ steht nicht im Raum.

Aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb:

Was spricht dagegen, private Groß-Spender, die kaum aus reiner Sympathie für die ideologischen Positionen bestimmter Parteien tief in die eigene Tasche greifen, öffentlich zu machen?

Wer eine Partei wählt oder zu wählen beabsichtigt, sollte unbedingt das Recht bekommen zu erfahren, welche bzw. wessen Interessen diese Partei tatsächlich verfolgt.

Um als (potenzieller) Wähler einer Partei nicht in Gefahr zu geraten, die sprichwörtliche Katze im Sack zu kaufen, reicht die Veröffentlichung des Programms auf der Website der jeweiligen Partei nicht aus.

Wenn Parteien nichts Unmoralisches (dass es nichts Illegales ist, setzen wir als selbstverständlich voraus) beabsichtigen, dürfte es für sie auch kein Problem sein, ihre privaten Unterstützer allen ihren (potenziellen) Wählern zu nennen.

Nur allen (potenziellen) Wählern?

Nein!

Allen Bürgern dieses Staates.

In einer Demokratie sollte das legitim sein.

Denn nicht nur jene, die es sich leisten können oder wollen, bestimmte Parteien freiwillig mit Geld zu versorgen, weil sie sich entsprechende Gegenleistungen (etwa in Form genehmer Gesetze oder Regelungen) erwarten und / oder  jene Menschen, die diese Parteien wählen, zahlen über den Umweg von Steuern in deren Töpfe ein.

Nein, das tun alle Bürger dieses Staates.

Weil das in einer Demokratie legitim ist.

Eh schon wurscht…

Politikverdrossenheit?

DAS wäre ja wenigstens etwas!

Aber es ist noch viel schlimmer als vermutet:

Vielen (den meisten?) Österreicherinnen und Österreichern ist die Politik einfach egal, „wurscht“, wie man auf gut österreichisch sagen könnte.

Ob orange und blaue Politiker sich gegenseitig hintergehen und den „schwarzen Peter“ für Korruption und Betrug dem jeweils Anderen zuschieben, ob fragwürdige Staatsbürgerschaftsdeals unter Freunden gemacht werden oder ob mal eben schnell humanitäre Grundüberzeugungen auf dem Altar (vermeintlich erfolgsversprechender) wahltaktischer Überlegungen geopfert werden – unsere Landsleute sind darob nicht die Bohne erregt.

Es geht ihnen ganz einfach am sprichwörtlichen Arsch vorbei..!

DAS ist – neben der Grauslichkeit all jener Vorgänge per se – das WIRKLICH Schlimme.

Was mag der Grund dafür sein? Geht es uns tatsächlich so gut (zu gut, könnte man vermuten), dass es uns vollkommen kalt lässt, wenn die Fundamente der modernen, aufgeklärten Demokratie permanent erschüttert und in Frage gestellt werden?

Muss erst wieder ein Diktator daher kommen, der uns spürbar weh tut, damit wir überreißen, welche Menschen in diesem Land in Schlüsselpositionen der Macht sitzen, und dass diese Menschen nicht das tun, was sie behaupten und wofür sie sich – offiziell – haben wählen lassen:

die Interessen des Volks vertreten?

Wo ist der Bundespräsident, wo sind die ach, so moralischen Kirchen, wo jene Parteien wie die „Grünen“, die – im Prinzip noch unversaut vom Geschmack realer Macht – gegen diese Eintrübung unseres Blicks aus Bequemlichkeit aufbegehren, uns wachrütteln, bevor wir in dumpfer Gemütlichkeit entschlafen, während die Profiteure unserer Dummheit sich mit der Wahrheit, der Freiheit (unserer!) und unserem Geld davon gemacht haben?

Alles paletti, es geht uns gut!

Und außerdem:

Ist eh schon wurscht…

Um Gottes Willen..!

Es ist wieder einmal so weit:

Wir haben einen Karikaturen-Eklat.

Diesmal ist es nicht der Islam, der (über)reagiert, sondern der hierzulande vorherrschende Katholizismus.

Das corpus delicti sind zwei Cartoons, die Manfred Deix gemalt hat.

Mehrere Diakone der Erzdiözese Wien haben sich daraufhin bemüßigt gefühlt, der Staatsanwaltschaft Wien eine Stellungnahme zu übermitteln.

Was zeigen die inkriminierten Bilder?

Auf einem ist (nebst diversen anderen Darstellungen), unter dem Titel: „Das von Brüssel verordnete KRUZIFIXVERBOT IN DEN KLASSENZIMMERN wird man hierzulande geschickt zu umgehen wissen“, eine Christusfigur (nicht nackt!) zu sehen, auf deren rotem Gewand Hammer und Sichel, sowie ein Hakenkreuz  abgebildet sind. Am oberen Ende des vertikalen Holzbalkens ist ein Halbmond, auf einem Ende des horizontalen Balkens eine Buddha-Statue montiert. Überschrieben ist das Bild mit den Worten „Entwurf für ein multikulturelles Kompromiss-Kruzifix“.

Die Kritik der Diakone (laut Online Kurier vom 11. 12. 2009):

„Dadurch, dass das Symbol des Nationalsozialismus kritiklos auf eine Stufe mit den Symbolen von Weltreligionen gestellt wird, erscheint auch die verbrecherische NS-Ideologie gesellschaftlich quasi rehabilitiert, neu anerkannt bzw. verharmlost.“

Entweder, die beiden weltlichen Ideologien sind nicht harmlos, dann muss zugestanden werden, dass auch im Namen der Weltreligionen Verbrechen verübt wurden und werden, oder aber die beiden Ideologien haben dieselbe Exkulpierung ihrer Taten verdient (was meiner Meinung nach natürlich absurd wäre), wie dies die Diakone für die Weltreligionen in Anspruch zu nehmen scheinen.

Was Deix im ersten der beiden kritisierten Cartoons wahrscheinlich zum Ausdruck bringen möchte, ist, dass es noch immer Menschen gibt, die sich einer dieser Religionen oder einer der beiden Ideologien in ungebrochenem Glauben zugehörig fühlen und das, obwohl sie alle zu Verbrechen geführt haben.

Warum sollten also die Kommunisten, Nazis, Buddhisten, Juden (das INRI des Kreuzes könnte von Deix als Symbol für die älteste der drei abrahamitischen Religionen gedacht sein) und Moslems nicht auch „ihr“ Symbol im Klassenzimmer vorfinden dürfen, wo die Christen doch so vehement darauf bestehen, dass das Kreuz dort hängen soll?

Eine prinzipielle moralische Überlegenheit des (katholischen) Christentums und die daraus abzuleitende Bevorzugung von dessen Symbol kann jedenfalls nicht ins Treffen geführt werden. Nationalsozialismus und Kommunismus mögen jeweils mehr Tote auf dem Gewissen haben als die genannten Religionen.

Dass letztere aber gänzlich ohne durch ihre „Wahrheit“ verursachte Morde durch die Geschichte gegangen sein sollen, kann nur ein Unwissender oder Unbelehrbarer behaupten.

Dass Deix sich der „Wiederbetätigung“ schuldig macht, wie die Diakone des weiteren bekunden, ist ein unsinniger Vorwurf; denn unter dieser Annahme dürften auch in einem Film (Kunst!) wie „Der Bockerer“ keine Hakenkreuzfahnen auftauchen, so wie in unzähligen vergleichbaren Kunstprodukten auch.

Auf dem zweiten der beiden Cartoons ist unter anderem ein mit weißem Gewand mit einem großen roten „G“ auf der Rückseite bekleideter Gott zu sehen, der über einem Globus, also der Erde, hockt und auf diese scheißt.

Ein Affront für die Diakone und – aus ihrer Sicht – selbstverständlich wert, auf Behandlung nach § 188 des Strafgesetzes zu pochen, geht es hier doch ganz offensichtlich um die „Herabwürdigung religiöser Lehren“.

Nun kann man die Deix-Karikaturen ob ihres unverblümten Stils mögen oder auch nicht, das, was in diesem Bild zum Ausdruck gebracht wird, ist ein reales Argument, das in der Debatte über die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes unter dem Begriff der Theodizee tatsächlich diskutiert wird:

Wie lässt sich das Leid auf der Welt mit der Existenz eines allwissenden, allgütigen und allmächtigen Gottes vereinbaren?

Wäre er allwissend, so wüsste er um eben dieses Leid. Wäre er allgütig, so würde er es zum Verschwinden bringen wollen. Und falls er allmächtig wäre, so würde er das auch tatsächlich tun.

Es gibt Philosophen, die der Meinung sind, dass Gottes Nicht-Eingreifen trotz all des Übels in der Welt dafür spricht, dass er entweder nicht existiert oder, falls doch, zumindest einer (oder aller drei) der ihm zugeschriebenen Eigenschaften entbehrt.

Falls er existiert und allmächtig wäre, sich aber nicht gegen das Leid auf der Welt engagiert, so könnte man dies in die griffige, wenn auch nicht nach jedermanns Geschmack ausfallende Formel fassen:

„Gott scheißt auf die Welt.“

Die philosophische Position, die sich hinter dieser Formel verbirgt, ist – wie schon erwähnt – keine Erfindung von Manfred Deix. Es gibt sie bereits seit Anbeginn der abendländischen Philosophiegeschichte.

Geschmackvoll hin oder her, plakativer, als Deix die Vermutung, Gott würde – im übertragenen Sinn – auf die Welt „scheißen“, in seinem Cartoon in Bildsprache übersetzt, lässt sie sich in seinem künstlerischen Medium wohl nicht zum Ausdruck bringen.