Weniger ist mehr

Die Glücksforschung bestätigt es:

Man muss nicht alles haben, um glücklich zu sein. Wenn die Grundbedürfnisse (Hunger, Durst, ein Dach über dem Kopf, Kleidung, medizinische Basisversorgung, ein Job, um all das zu finanzieren) gesichert sind, kann der Mensch glücklich sein. Muss er aber nicht.

Viele von uns glauben, erst, wenn sie ein großes Haus, ein teures Auto besitzen, einen luxuriösen Lebenswandel führen, können sie wirklich glücklich sein – und sind unglücklich, wenn all das nicht der Fall ist.

Dabei ist das so nicht richtig.

Denn erstens belehrt uns die „Theorie des abnehmenden Grenznutzens“ darüber, dass Güter, über die wir bereits verfügen, in dem Maße immer weniger interessant für uns werden, wie ihre Menge in unserem Besitz zunimmt.

Eine andere Theorie, genauer gesagt: ein Paradoxon, das so genannte „Easterlin-Paradox“ (es geht auf den US-amerikanischen Ökonomen Richard Easterlin zurück), behauptet, dass sich die Erhöhung des Einkommens – sobald die Grundbedürfnisse gestillt sind – nicht in einer weiteren Steigerung des subjektiven Glücksempfindens niederschlägt.

Zwar wurden die Ergebnisse von Easterlin in der Folge von anderen Wissenschaftern hinterfragt, er selbst sieht sie jedoch in einer weiteren Studie aus dem Jahr 2010 bestätigt.

Die Grundintuition, dass das Streben nach „immer mehr“ den Menschen nicht zwingend glücklicher machen muss, dürfte aber in jedem Fall stimmen.

In einem Leben, das endlich ist, können und sollten wir zwischen Quantität und Qualität wählen.

Wir können alles in die Jahre, die wir (wahrscheinlich) haben hineinpressen und den Planeten Erde schon zu unseren Lebzeiten auspressen wie eine Zitrone.

Wir können aber auch ein genügsames Leben führen.

Das würde unseren Kindern und Enkelkindern, aber auch den bisher ärmeren Menschen, die zeitgleich mit uns leben, ein besseres, zumindest aber nicht schlechteres Dasein ermöglichen.

Doch auch für uns selbst könnte ein nachhaltigerer Umgang mit dem eigenen Leben sinnvoll sein.

Dass „mehr“ nämlich nicht unbedingt „besser“ bedeutet, beweisen die zahlreichen Zivilisationskrankheiten, wie z.B. zunehmendes Übergewicht und starker Anstieg an Diabetes-Erkrankungen.

Vielleicht lässt sich den Menschen (der so genannten „Ersten Welt“), die bereits alles haben, was man benötigt und vieles, was man definitiv nicht braucht, ein anderes „Luxusgut“ schmackhaft machen:

die Freude darüber, anderen Menschen auch ein Stück vom Kuchen abgeben zu können.

Frankie, go to Hollywood..!

Dass sage und schreibe an die zehn Prozent der österreichischen Wähler Frank Stronach ihre Stimme geben würden, ist schrecklich genug.

Was hat dieser Mann zu bieten, außer ein in schlechtem Deutsch daher genuscheltes Gefasel von irgendwelchen „Werten“ und einem je eigenen „Landeseuro“ (was soll das sein, wenn nicht die Rückkehr zu den nationalen Währungen?)?

Dass ein alter Mann antritt, um die heimische Politik zu erneuern, ja, gar zu verjüngen, kann nur ein schlechter Scherz sein.

Die traurige Wahrheit dahinter:

Der innenpolitische Acker, der auf den Besuch des alten Mannes keineswegs gewartet hat, liegt dennoch bereit, ordentlich von ihm umgepflügt, Kraut und Rüben der alt eingesessenen Parteien harren darauf, ordentlich durcheinander gebracht zu werden.

Die an der Macht befindlichen Parteien SPÖ und ÖVP haben den Wählern nämlich nichts zu bieten als Verdruss.

Die FPÖ und das BZÖ sind für Menschen mit ein wenig Hirn im Kopf und einem Restbestand an Moral nicht wählbar.

Leider scheinen auch die Grünen für die Meisten viel zu nebulös oder weltfremd mit ihren Ideen, um als ernsthafte Alternative zur ewigen Wiederwahl der Gleichen wahr- und ernst genommen zu werden.

Dennoch: Dass Frank Stronach mit seiner bis zum Erbrechen erzählten Geschichte vom „Selfmade-Milliardär“ als Politik-Reformer in die österreichischen Annalen eingehen wird, ist sehr unwahrscheinlich.

Vielleicht sollte er seine Story doch lieber an Hollywood verkaufen.

Wurscht. Wurscht. Nix.

Österreich ist schon ein ganz eigenes, besser gesagt: eigenartiges Land.

Da „überredet“ ein (ehemaliger) Minister – es gilt die Unschuldsvermutung -, der heute auf dem Sessel des Bundeskanzlers sitzt, ein Unternehmen, für das er selbst die Verantwortung als Minister trägt, dazu, Inserate zu schalten, die ihn, den (ehemaligen) Minister, auf eigene Kosten – sprich: jene des Unternehmens – bewerben.

Das alleine ist schlimm genug.

Nun gibt es einen Untersuchungsausschuss im Parlament und alle Parteien bis auf die „Grünen“ versuchen geschlossen, die Vorladung des ehemaligen Ministers und nunmehrigen Bundeskanzlers zu verhindern.

Da stellen sich dem gelernten Österreicher mehrere Fragen:

1) Welche Deals zwischen SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ laufen hinter den Kulissen?

2) Auf welche „Gegengeschäfte“ zur Aushebelung von Recht und Gesetz dürfen wir in Zukunft gespannt sein?

3) Was kann jeder Einzelne von uns tun, als Staatsbürger, als Wähler, um solche Mauscheleien zu verhindern?

Die Antworten auf diese drei Fragen, welche die gelernten Österreicherinnen und Österreicher geben, lauten seit Jahren unverändert:

1) Wurscht.

2) Wurscht.

3) Nix.

Jedes Land hat die Politiker, die es verdient.

Schwierige Operation..?

Nun also die Debatte über die Zulässigkeit von Beschneidungen als Ausübung der Religionsfreiheit.

Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung bezeichnet.

Die Religionsfreiheit – in diesem Fall jene der Eltern – wiege weniger schwer als das Selbstbestimmungsrecht des Kindes.

Bereits unmittelbar nach dem Urteil liefen einige jüdische und muslimische Verbände Sturm dagegen und wurden dabei auch von manchen ihrer christlichen Kollegen unterstützt.

Die Kritiker des Kölner Urteils sehen das Menschenrecht auf Religionsfreiheit in Gefahr.

Die Befürworter hingegen pochen auf das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Eine klassische Patt-Situation? Ein gordischer Knoten? Eine schwierige Operation?

Nichts von alledem.

Das Recht auf „freie Religionsausübung“ trägt ein fundamentaleres Recht in sich, dasselbe gilt für das Menschenrecht auf „körperliche Unversehrtheit“:

Es handelt sich dabei um die Freiheit des Individuums.

Sie steht an unterster bzw. oberster Stelle.

Sie ist als prinzipielle Freiheit zu verstehen, was sowohl die Freiheit zu, als auch jene von Religion impliziert, die weder durch Religionsverbote, noch durch religiöse Zwänge behindert werden dürfen.

Jeder Mensch soll das Recht darauf haben, über sein eigenes Leben und seinen Glauben frei zu verfügen – über sein eigenes, wohlgemerkt, aber nicht über jenes anderer Menschen, und zwar auch dann nicht, wenn es sich dabei um seine eigenen Kinder handelt.

„Die Freiheit eines jenen beginnt dort, wo die Freiheit eines anderen aufhört.“ hat schon Immanuel Kant bemerkt.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

That zucks…

Das Blog Gizmodo fordert die Web 2.0-Community auf,  Schnappschüsse von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu erstellen und an das Blog zu schicken. Honorar gibt es dafür auch: 20 US-Dollar pro Foto.

Begründung für diese „Summer of Zuck“ genannte Foto-Treibjagd auf Zuckerberg: Er selbst würde nicht allzu viel von der Privatsphäre seiner User halten und deren Daten, auch „intimere“, hemmungslos sammeln.

Sinngemäß lautet die Rechtfertigung für die Aktion: Zuckerberg weiß alles über uns, aber wir wissen viel zu wenig über Zuckerberg, und das muss sich ändern!

Anhand solcher Aktionen zeigt sich die ethische Fragwürdigkeit – nein, nicht von Web 2.0 generell, sondern von den Möglichkeiten zum Missbrauch, welche die multimediale Internet-Welt bietet.

Zu Recht wenden Kritiker der Aktion ein: Wer sich von Facebook „ausspioniert“ fühlt, sollte besser darauf Acht geben, was er oder sie postet und sich überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, auf der Plattform vertreten zu sein.

Ganz so leicht kann man es sich natürlich nicht machen:

Dass das Sammeln von Daten und deren kommerzielle Nutzung problematisch ist, wenn schon nicht aus rechtlicher, so wenigstens aus moralischer Perspektive, liegt m.E. auf der Hand.

Die Debatte über „opt-in versus opt-out“ zeigt das Dilemma auf.

Dennoch: Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte sich aus dem elektronischen Netzwerk und von seinen hunderten, wenn nicht tausenden „Freunden“ verabschieden und die gewonnene Zeit dazu nutzen, die wenigen echten Freunde zu treffen, im wirklichen Leben, anstatt hinter dem Computer.

Mores lehren..?

Michael Spindelegger, der aktuelle ÖVP-Chef, hat damit angefangen.

Vielleicht lassen sich die anderen Parteichefs bzw. -chefinnen von seiner Idee anstecken:

Einen Moral-Kodex für die eigene Partei zu fordern.

Der Ansatz ist prinzipiell in Ordnung und sollte gefördert werden, denn Moral darf und muss verlangt werden – gerade von Jenen, die an den sprichwörtlichen Schalthebeln der Macht sitzen.

Doch, Halt..!

Können Menschen vom Typ eines Ernst Strasser wirklich durch Moral-Kodizes davon abgehalten werden, ihre unmoralischen Spielchen zu spielen, so lange diese weiterhin legal sind?

Zweifel sind erlaubt, denn sie sind das Salz in der Suppe des naiven Glaubens an das Gute.

Ein Parteichef, der Moral per Kodex, nicht aber de iure, einklagt, der bei den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, hier: der Förderung strengerer Gesetze also weiter auf der Bremse steht, kann kaum als „role model“ oder „best practice“-Beispiel für kommende PolitikerInnen herhalten.

Die Wahrheit ist so simpel wie traurig:

Moral ist „work in progress“, eine Ausbildung, die schon in der Kindheit ansetzen und sich in jeder Situation neu beweisen muss – auch und vor allem dort, wo niemand – z.B. die EU-Öffentlichkeit im „Lobbying-Fall Strasser“ – zusieht.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt es so schön.

Zu glauben, dass erwachsene Menschen, die bisher in erster Linie ihrem Eigennutz oder jenem ihrer Partei gedient haben, plötzlich ein Damaskuserlebnis erfahren und sich um 180 Grad wenden, ist dumm oder unehrlich.

Wenn die ÖVP von einem Tag auf den anderen ihre „moralische Bestimmung“ entdeckt (angeblich wegen Fällen wie jenem von Ernst Strasser), muss die kritische Frage erlaubt sein:

Wie war das damals bei der Delegationsleitung der ÖVP in Brüssel, als Ernst Strasser zum Zug kam, obwohl Othmar Karas mehr Vorzugsstimmen bekommen hatte?

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Magazin „profil“ bereits über die so genannte „E-Mail-Affäre“ im Innenministerium Ernst Strassers berichtet.

Allein diese Affäre hätte aus moralischen Gründen ausgereicht, Strasser in die Wüste, anstatt nach Brüssel zu schicken.

Wen will Michael Spindelegger mit seinem Kodex „Mores lehren“?

Jene, die Ernst Strasser in die ÖVP geholt, trotz E-Mail-Affäre protegiert und trotz Karas-Sieg als Delegationsleiter nach Brüssel geschickt haben?

Wenn Spindelegger es ernst meint, müsste er sie aus der Partei entfernen, bevor sein Moral-Kodex in Kraft tritt.

Tut er das nicht, kann er sich seinen Kodex zu Hause an die Wand nageln oder ihn an einem stillen Örtchen zu letzter Verwendung deponieren…

Ecclesia semper reformanda est

Es ist eine echte Revolution:

Kardinal Christoph Schönborn akzeptiert den bekennenden Homosexuellen Florian Stangl als Pfarrgemeinderat von Stützenhofen im Weinviertel.

Am revolutionären Charakter dieser Aktion kann auch die Tatsache nichts ändern, dass der Kardinal vor seiner endgültigen Entscheidung (die er – auch das ist ungewöhnlich! – nach einem persönlichen Gespräch mit Florian Stangl und seinem Lebensgefährten traf) daran gedacht hatte, der bisherigen konservativen Linie treu zu bleiben und den Pfarrgemeinderat abzulehnen.

Selbst als aufgeklärter Atheist möchte man ob solch unerwarteter Liberalität ein begeistertes „Halleluja!“ gen Himmel rufen.

Damit hatte wohl niemand gerechnet, vor allem nicht der Pfarrer von Stützenhofen, der mit der Entscheidung des Kardinals rein gar nichts anzufangen weiß und Schönborn daher nun mit einem aufgezeichneten Telefonat unter Druck setzen möchte.

Wenn selbst ein nicht gerade als liberal verschriener Kardinal es schafft, über seinen eigenen Schatten zu springen, könnte man das doch eigentlich auch von einem Dorfpfarrer erwarten.

Ob die Entscheidung Schönborns bloß ein einmaliges Zugeständnis an die Kirchenbasis von Stützenhofen (der homosexuelle Pfarrgemeinderat bekam eine große Mehrheit der Stimmen der Gemeindemitglieder) war oder doch eine ehrlich gemeinte und somit äußerst mutige Handlung darstellt, wird sich zeigen.

Wenn der Kardinal die Lauterkeit seiner Absichten beweisen will, darf er die Bestimmungen zur Wahl der Pfarrgemeinderäte jetzt keinesfalls überarbeiten, um einen Fall „Stangl“ in Zukunft zu verhindern. Er sollte ihn vielmehr als „Präzedenzfall“ für künftige Entscheidungen heranziehen.

Ob Christoph Schönborn auch im Streit mit den Vertretern der „Pfarrer-Iniative“ wahre Größe zeigt, indem er klein beigibt (so fern das kirchenrechtlich für ihn überhaupt möglich ist), bleibt abzuwarten.

So oder so:

Es gibt noch viele Baustellen in der Katholischen Kirche.

Ecclesia semper reformanda est.

Zweck und Mittel

Es braut sich etwas zusammen.

Die Menschen geben sich nicht mehr damit zufrieden, unzufrieden zu sein.

Viele sind bereit, für Freiheit und Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen und sich zumindest zu empören.

Ob der „Wutbürger“ immer den richtigen Ton und vor allem den richtigen Gegner trifft, sei dahin gestellt.

Doch die grundsätzliche Bereitschaft, sich nicht (mehr) alles gefallen zu lassen, sich nicht als kleines Zahnrädchen im großen, undurchschaubaren und nicht beeinflussbaren Getriebe verstecken und instrumentalisieren zu lassen, ist vorhanden und wächst.

Eine der Formulierungen des „kategorischen Imperativs“ von Immanuel Kant (aus der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“) lautet:

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“

Wir dürfen, nein: müssen in der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft einander wechselseitig auch als Mittel verwenden.

Ich brauche den Straßenbahnfahrer, um in die Stadt zu kommen, den Koch in meinem Lieblingsrestaurant, weil er mein Lieblingsessen besser zubereitet als ich, den Arzt, der mich mit Wissen und Erfahrung behandelt, über die ich nicht verfüge.

Doch all diese Dienstleister sind nicht nur das, sind nicht bloß Mittel zu meinen Zwecken, sondern auch Menschen und somit Zwecke an sich selbst, die es zu respektieren gilt.

Das Unbehagen, das sich immer stärker ausbreitet, resultiert aus der Erfahrung, dass es nicht mehr nur die Menschen in den ärmsten Regionen der Welt sind, die ihrem Schicksal ausgeliefert sind.

Auch wir fühlen uns zunehmend im Griff von Politik, Wirtschaft und einer Welt, die immer komplexer, immer unübersichtlicher und in mancher Hinsicht leider auch immer egoistischer wird.

Um nicht unter die Räder dieser Entwicklung zu kommen, bedarf es großer und vor allem permanenter Anstrengungen.

Den Respekt, den wir uns selbst schulden und von den Anderen bekommen wollen, müssen wir auch ihnen täglich aufs Neue erweisen.

Das ist keine naiv-moralische Forderung eines Idealisten.

Es ist die einzig realistische Möglichkeit, wie wir uns retten können – gegenseitig.

De senectute

Klar, von Griechenland trennen uns derzeit noch Welten.

So schlecht geht es Österreich nicht, weder wirtschaftlich, noch politisch.

Jedoch: Sparen und umstrukturieren müssen auch wir, wenn wir wollen, dass unser Wohlstand erhalten bleibt.

Doch schon zeichnet sich ab, dass keiner der Erste sein will, wenn es darum geht, die Lasten zu schultern.

Links und Rechts, die Vertreter des „kleinen“ und „großen Mannes“ stehen einander gegenüber, in ihre Positionen einzementiert, keiner will klein beigeben.

Das liegt natürlich an den Positionen selbst und den dahinter stehenden ideologischen Überzeugungen.

Es liegt aber auch daran, dass die Stellvertreter und Lobbyisten beider Seiten in Wahrheit Vertreter der Gruppierung des „großen Mannes“ sind.

Denn die Funktionäre, auch jene, die den „kleinen Mann“ vertreten, haben zunächst einmal ihre eigenen Interessen im Blick:

Sie engagieren sich vehement gegen Einschnitte bei ihrer Klientel, ganz egal, wie realitätsfremd dies sein mag – um durch dieses zur Schau gestellte Kämpfertum nicht die eigene Legitimation zu verlieren.

Welcher Pensionisten-Vertreter etwa hätte Chancen, den gut bezahlten Job in der nächsten Amtsperiode wieder zu bekommen, wenn er nicht hier und jetzt gegen Einsparungen bei den Pensionen auftritt?

Dass dabei die Realität auf der Strecke bleibt, liegt auf der Hand.

Die Menschen werden immer älter, das ist primär dem medizinisch-technischen Fortschritt zu verdanken, der übrigens ein indirektes Ergebnis des gerne kritisierten Kapitalismus ist.

Dass bei kontinuierlich steigender Lebenserwartung entweder das Pensionsantrittsalter erhöht werden muss oder die Pensionen selbst, wenn schon nicht gesenkt werden müssen, so doch wenigstens nicht ins Unendliche gesteigert werden dürfen, sollte jedem einigermaßen vernünftigen Menschen klar sein.

Wo steht geschrieben, dass die Pensionen jedes Jahr über die Inflationsabgeltung hinaus wachsen sollen, ja, wachsen müssen?

Genau genommen ist sogar die Inflationsabgeltung kein ein für allemal gültiger, in Stein gemeißelter Anspruch.

Sie mag in Zeiten volkswirtschaftlicher Höhenflüge als Teil einer gesamtgesellschaftlichen „Gewinnausschüttung“ an alle Staatsbürger argumentiert werden.

Einen moralischen Anspruch auf diese „Gewinnausschüttung“ haben die Pensionisten, die nicht mehr aktiv an der Erzeugung dieses Gewinns beteiligt waren, aber nicht.

All jene unter den Pensionisten-Funktionären, die darauf beharren, dass ihre Klientel – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – ihre so genannten Ansprüche abgegolten bekommt, sollten sich ein italienisches Sprichwort zu Herzen nehmen:

„Siamo vecchi troppo presto, e intelligenti troppo tardi.“

Wir werden zu schnell alt, aber zu spät intelligent.

Zweck..! Optimismus..!

Es ging uns schon mal besser, so viel steht fest.

Alle reden davon, dass die Krise vor der Tür steht oder schon da ist – und wahrscheinlich ist da auch etwas Wahres dran.

Doch halt:

Leben wir nicht in einem Land, in welchem es den Menschen im Großen und Ganzen gut geht, in dem Frieden herrscht und die Verbrechensrate niedrig ist?

Natürlich wissen wir nicht, was am nächsten Tag auf uns zukommen wird.

Morgen könnte bereits alles anders sein, viel schlimmer, keine Frage.

Aber derzeit haben wir doch alles im Griff, oder etwa nicht?

Ist zu viel Optimismus schädlich?

Vielleicht.

Doch was ist die Alternative?

Vom Jammern wird es auch nicht besser.

Mag sein, dass wir uns in vielen Fällen etwas vormachen.

Doch seien wir ehrlich:

Wir haben keine andere Wahl.

Zweckoptimismus ist in jedem Fall angesagt.

Denn wenn wir zum Scheitern verurteilt sein sollten, wird uns dieses Schicksal noch früh genug und ohne unser Zutun ereilen.