Anstand verpflichtet

Die ehemalige ORF-Chefin Monika Lindner hat es geschafft:

Sie hat einen gut bezahlten Job als Abgeordnete im österreichischen Parlament.

Bekommen hat sie ihn, weil sie auf einem Listenplatz des Team Stronach zur Nationalratswahl angetreten ist.

Als der frühere Klubobmann des Teams, Robert Lugar, Lindner sinngemäß als Gegengewicht zu Erwin Pröll und Raiffeisen bezeichnete, war ihr das – bei nüchterner Betrachtung von Anfang an zweifelhafte – Engagement bei Stronach nicht mehr geheuer.

Sie zog sich zurück, aber offensichtlich nicht ganz.

Denn nun will Lindner ihren Job im Parlament doch antreten, allerdings nicht im und für das Team Stronach, sondern als so genannte „wilde Abgeordnete“.

Das ist zwar in Österreich juristisch möglich, dennoch haftet an „wilden Abgeordneten“, wohl nicht ganz zu Unrecht, der Geruch des Opportunismus.

Wer mit der Partei, die ihn oder sie ins Parlament gebracht hat, nicht mehr kann oder will, sollte sich aus dem Hohen Haus zurückziehen.

Lindner, der von anderen Politikern nahegelegt wurde, auf ihr Abgeordneten-Gehalt zu verzichten, beziehungsweise dieses zur Gänze einem wohltätigen Zweck zukommen zu lassen, wies dieses Ansinnen mit folgendem Argument zurück:

Sie würde den Job als Parlamentarierin nicht um des Geldes willen machen, denn diese hätte sie gar nicht nötig. Unentgeltliche Tätigkeiten würden jedoch nicht ernstgenommen und deshalb beharre sie auf ihrem Gehalt.

Wer genau, darf und sollte man Frau Lindner fragen, würde eine Abgeordnete im Parlament nicht ernstnehmen, wenn sie ihre „Arbeit für Österreich“, die Lindner aus Verantwortungsgefühl für ihr Land leisten möchte, kostenlos erbringen möchte?

Das Gegenteil trifft zu:

Anstand verpflichtet und Menschen, die Anstand an den Tag legen, werden im allgemeinen von den anderen Menschen mit Anerkennung geadelt.

Wenn Monika Lindner ernstgenommen werden möchte, sollte sie entweder auf ihr Abgeordneten-Gehalt verzichten oder auf den Job in Parlament.

Ohren machen – und Beine

Dass die USA nicht zimperlich sind, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen im globalen Kontext geht, ist hinlänglich bekannt.

Nun aber zeigte sich mit dem Auffliegen der Überwachung von Telefonie und Internet-Nutzung durch die NSA, dass nicht einmal die Bewohner des „land of the free“ selbst vor ihrem eigenen Staat sicher sind.

Der 11. September 2001 bedeutete eine Zäsur in der Haltung der USA zum Thema „Überwachung“. Seither ist vieles auf legale Weise möglich (Stichwort „USA PATRIOT Act“), was vorher nicht einmal denkbar war – und alle wissen es.

Das Ausmaß der soeben aufgeflogenen Überwachung dürfte aber doch für einige Überraschung gesorgt haben.

Ob es Präsident Barack Obama wirklich ein Anliegen ist, im Privatleben der eigenen Bevölkerung herum zu schnüffeln, ist schwer zu beurteilen.

Tatsache ist jedenfalls:

Die offizielle Verteidigung Obamas könnte – im Idealfall – dazu führen, dass die US-Bevölkerung endlich aus ihrem Angst-Koma erwacht und sich gegen die Beschneidung ihrer Freiheit (einem Grundrecht) zugunsten von – angeblich unumgänglich notwendigen – Maßnahmen zum Erhalt der nationalen Sicherheit wehrt.

Wie die Amerikanerinnen und Amerikaner auf den Überwachungsskandal reagieren, wird zeigen, welchen Weg die USA in Zukunft einschlagen werden.

Dass die Entscheidung für die Freiheit zugleich eine gegen die Sicherheit sein muss, ist nicht zwingend:

Viele (die meisten?) Gründe dafür, warum die USA – berechtigter Weise – Angst vor Terrorismus haben, sind selbstgemacht. Ein Überdenken (nicht nur, aber vor allem) der und ein radikaler Kurswechsel in der US-Außenpolitik würden ein Mehr an Sicherheit bringen, das nicht mit einem Verlust an Freiheit erkauft werden muss.

Es wäre an der Zeit, dass die US-Bürgerinnen und Bürger nicht nur Ohren machen, sondern auch ihrer Führung Beine.

Quatsch? Quatsch!

Die Biochemikerin Renée Schroeder hat es gewagt, in einer Diskussionssendung des ORF Religion als „Quatsch“ zu bezeichnen.

Ein deutscher Theologe, ebenfalls Teilnehmer an dieser Diskussion, ist ihr vehement entgegen getreten.

Quintessenz seiner Kritik an Schröder:

Man könne doch nicht 1,2 Mrd. Gläubige weltweit beleidigen respektive diese als Dummköpfe verunglimpfen.

Nun kann man darüber streiten, ob es nett ist, sich über Menschen lustig zu machen, die – aus welchen Gründen auch immer und seien es bloß sentimentale  – im Erwachsenenalter an religiösen Traditionen festhalten.

Man kann auch als Atheist seine Kinder so erziehen, dass sie sich gläubigen Menschen gegenüber respektvoll verhalten, ob sie deren Glauben nun für Unsinn halten oder nicht.

Aber dieser „Respekt“ darf nicht zum Gesetz werden, dessen Bruch bestraft werden kann.

Tatsächlich gibt es jedoch im österreichischen Strafrecht den § 188: „Herabwürdigung religiöser Lehren“ – geahndet wird ein entsprechendes Zuwiderhandeln mit bis zu sechs Monaten Gefängnis (oder 360 Tagsätzen).

Das ist völlig inakzeptabel, denn aus naturwissenschaftlicher Sicht ist bisher kein Beweis dafür erbracht worden, dass derjenige Gott, um den es den Christen geht, tatsächlich existiert.

Es mag unhöflich, weil beleidigend sein, Menschen zu sagen, dass ihre Überzeugungen „Quatsch“ seien.

Per Gesetz verbieten und unter Strafe stellen darf man dies trotzdem nicht, denn damit das zulässig wäre, müsste erst der Wahrheitsbeweis der Gläubigen für die Behauptung der Existenz des Objekts ihrer Überzeugung erbracht werden.

So lange Religionen Privatmeinungen darstellen, die im Privaten gelebt werden: kein Problem.

Sobald Gläubige jedoch danach trachten, ihre unüberprüften, weil unüberprüfbaren Glaubenssätze in die Welt einzubauen und über staatliche Gesetze auch den Nichtgläubigen ihre in vielen Fällen kruden Überzeugungen (z.B. zu den Themen „Abtreibung“ und „Homosexualität“) aufs Auge zu drücken, ist es nicht nur zulässig, sondern geradezu Pflicht für säkulare Wissenschafterinnen und Wissenschafter, Quatsch als „Quatsch“ zu bezeichnen.

Knapp daneben…

Nein, selbstverständlich hat niemand meiner Verwandten, Freunde und Bekannten daran geglaubt, dass der Maya-Kalender tatsächlich den Weltuntergang vorhersagt.

Aber die eine oder der andere war sich nicht ganz sicher, ob nicht doch vielleicht, unter Umständen, eventuell…

Was für ein Schwachsinn..!

Angenommen, die Zukunft stünde schon heute fest, sie wäre also „vorherbestimmt“.

Wie könnten wir wissen, dass das tatsächlich so ist?

Nun, dazu müssten wir wissen, was genau morgen, sagen wir, zum Beispiel um 12 Uhr Mittag, passieren wird.

Angenommen, ich wüsste, dass ich morgen um 12 Uhr Mittag auf der Wiener Mariahilferstraße, Ecke Kaiserstraße mit dem Auto eine alte Frau überfahren würde.

Ich könnte diese „Prophezeihung“ ganz leicht ad absurdum führen, indem ich heute noch aufs Dach meines Hauses steige und mich in die Tiefe und somit in den sicheren Tod stürze.

Wenn ich die „vorhergesagte“ Zukunft verändern kann, kann sie nicht vorhergesagt werden.

Also ist die Zukunft nicht vorherbestimmt.

Frankie, go to Hollywood..!

Dass sage und schreibe an die zehn Prozent der österreichischen Wähler Frank Stronach ihre Stimme geben würden, ist schrecklich genug.

Was hat dieser Mann zu bieten, außer ein in schlechtem Deutsch daher genuscheltes Gefasel von irgendwelchen „Werten“ und einem je eigenen „Landeseuro“ (was soll das sein, wenn nicht die Rückkehr zu den nationalen Währungen?)?

Dass ein alter Mann antritt, um die heimische Politik zu erneuern, ja, gar zu verjüngen, kann nur ein schlechter Scherz sein.

Die traurige Wahrheit dahinter:

Der innenpolitische Acker, der auf den Besuch des alten Mannes keineswegs gewartet hat, liegt dennoch bereit, ordentlich von ihm umgepflügt, Kraut und Rüben der alt eingesessenen Parteien harren darauf, ordentlich durcheinander gebracht zu werden.

Die an der Macht befindlichen Parteien SPÖ und ÖVP haben den Wählern nämlich nichts zu bieten als Verdruss.

Die FPÖ und das BZÖ sind für Menschen mit ein wenig Hirn im Kopf und einem Restbestand an Moral nicht wählbar.

Leider scheinen auch die Grünen für die Meisten viel zu nebulös oder weltfremd mit ihren Ideen, um als ernsthafte Alternative zur ewigen Wiederwahl der Gleichen wahr- und ernst genommen zu werden.

Dennoch: Dass Frank Stronach mit seiner bis zum Erbrechen erzählten Geschichte vom „Selfmade-Milliardär“ als Politik-Reformer in die österreichischen Annalen eingehen wird, ist sehr unwahrscheinlich.

Vielleicht sollte er seine Story doch lieber an Hollywood verkaufen.

That zucks…

Das Blog Gizmodo fordert die Web 2.0-Community auf,  Schnappschüsse von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu erstellen und an das Blog zu schicken. Honorar gibt es dafür auch: 20 US-Dollar pro Foto.

Begründung für diese „Summer of Zuck“ genannte Foto-Treibjagd auf Zuckerberg: Er selbst würde nicht allzu viel von der Privatsphäre seiner User halten und deren Daten, auch „intimere“, hemmungslos sammeln.

Sinngemäß lautet die Rechtfertigung für die Aktion: Zuckerberg weiß alles über uns, aber wir wissen viel zu wenig über Zuckerberg, und das muss sich ändern!

Anhand solcher Aktionen zeigt sich die ethische Fragwürdigkeit – nein, nicht von Web 2.0 generell, sondern von den Möglichkeiten zum Missbrauch, welche die multimediale Internet-Welt bietet.

Zu Recht wenden Kritiker der Aktion ein: Wer sich von Facebook „ausspioniert“ fühlt, sollte besser darauf Acht geben, was er oder sie postet und sich überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, auf der Plattform vertreten zu sein.

Ganz so leicht kann man es sich natürlich nicht machen:

Dass das Sammeln von Daten und deren kommerzielle Nutzung problematisch ist, wenn schon nicht aus rechtlicher, so wenigstens aus moralischer Perspektive, liegt m.E. auf der Hand.

Die Debatte über „opt-in versus opt-out“ zeigt das Dilemma auf.

Dennoch: Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte sich aus dem elektronischen Netzwerk und von seinen hunderten, wenn nicht tausenden „Freunden“ verabschieden und die gewonnene Zeit dazu nutzen, die wenigen echten Freunde zu treffen, im wirklichen Leben, anstatt hinter dem Computer.

Mores lehren..?

Michael Spindelegger, der aktuelle ÖVP-Chef, hat damit angefangen.

Vielleicht lassen sich die anderen Parteichefs bzw. -chefinnen von seiner Idee anstecken:

Einen Moral-Kodex für die eigene Partei zu fordern.

Der Ansatz ist prinzipiell in Ordnung und sollte gefördert werden, denn Moral darf und muss verlangt werden – gerade von Jenen, die an den sprichwörtlichen Schalthebeln der Macht sitzen.

Doch, Halt..!

Können Menschen vom Typ eines Ernst Strasser wirklich durch Moral-Kodizes davon abgehalten werden, ihre unmoralischen Spielchen zu spielen, so lange diese weiterhin legal sind?

Zweifel sind erlaubt, denn sie sind das Salz in der Suppe des naiven Glaubens an das Gute.

Ein Parteichef, der Moral per Kodex, nicht aber de iure, einklagt, der bei den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, hier: der Förderung strengerer Gesetze also weiter auf der Bremse steht, kann kaum als „role model“ oder „best practice“-Beispiel für kommende PolitikerInnen herhalten.

Die Wahrheit ist so simpel wie traurig:

Moral ist „work in progress“, eine Ausbildung, die schon in der Kindheit ansetzen und sich in jeder Situation neu beweisen muss – auch und vor allem dort, wo niemand – z.B. die EU-Öffentlichkeit im „Lobbying-Fall Strasser“ – zusieht.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt es so schön.

Zu glauben, dass erwachsene Menschen, die bisher in erster Linie ihrem Eigennutz oder jenem ihrer Partei gedient haben, plötzlich ein Damaskuserlebnis erfahren und sich um 180 Grad wenden, ist dumm oder unehrlich.

Wenn die ÖVP von einem Tag auf den anderen ihre „moralische Bestimmung“ entdeckt (angeblich wegen Fällen wie jenem von Ernst Strasser), muss die kritische Frage erlaubt sein:

Wie war das damals bei der Delegationsleitung der ÖVP in Brüssel, als Ernst Strasser zum Zug kam, obwohl Othmar Karas mehr Vorzugsstimmen bekommen hatte?

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Magazin „profil“ bereits über die so genannte „E-Mail-Affäre“ im Innenministerium Ernst Strassers berichtet.

Allein diese Affäre hätte aus moralischen Gründen ausgereicht, Strasser in die Wüste, anstatt nach Brüssel zu schicken.

Wen will Michael Spindelegger mit seinem Kodex „Mores lehren“?

Jene, die Ernst Strasser in die ÖVP geholt, trotz E-Mail-Affäre protegiert und trotz Karas-Sieg als Delegationsleiter nach Brüssel geschickt haben?

Wenn Spindelegger es ernst meint, müsste er sie aus der Partei entfernen, bevor sein Moral-Kodex in Kraft tritt.

Tut er das nicht, kann er sich seinen Kodex zu Hause an die Wand nageln oder ihn an einem stillen Örtchen zu letzter Verwendung deponieren…

Zweck..! Optimismus..!

Es ging uns schon mal besser, so viel steht fest.

Alle reden davon, dass die Krise vor der Tür steht oder schon da ist – und wahrscheinlich ist da auch etwas Wahres dran.

Doch halt:

Leben wir nicht in einem Land, in welchem es den Menschen im Großen und Ganzen gut geht, in dem Frieden herrscht und die Verbrechensrate niedrig ist?

Natürlich wissen wir nicht, was am nächsten Tag auf uns zukommen wird.

Morgen könnte bereits alles anders sein, viel schlimmer, keine Frage.

Aber derzeit haben wir doch alles im Griff, oder etwa nicht?

Ist zu viel Optimismus schädlich?

Vielleicht.

Doch was ist die Alternative?

Vom Jammern wird es auch nicht besser.

Mag sein, dass wir uns in vielen Fällen etwas vormachen.

Doch seien wir ehrlich:

Wir haben keine andere Wahl.

Zweckoptimismus ist in jedem Fall angesagt.

Denn wenn wir zum Scheitern verurteilt sein sollten, wird uns dieses Schicksal noch früh genug und ohne unser Zutun ereilen.

Ausziehen..! Ausziehen..! Ausziehen..???

Nein, ich bin nicht prüde, ganz im Gegenteil.

Aber vielleicht bin ich einfach zu alt und zu analytisch eingestellt, um der neuesten Mode des Protests das abgewinnen zu können, was ihre Proponenten von ihren Zusehern zu erwarten behaupten.

Bei aller Weltoffenheit und eifrigem Bemühen, den diversen Kundgebungen halb- oder ganz nackter Frauen einen tieferen Sinn und somit Verständnis für diese Form des politischen Engagements zu entlocken:

Es gelingt mir leider nicht.

Das liegt nicht daran, dass die Protagonistinnen nicht auch meine Aufmerksamkeit erregen würden.

Welcher heterosexuelle Mann würde es nicht – aus rein sexueller Sicht – interessant finden, wenn sich anziehende Frauen öffentlich ausziehen und er – ganz unverschämt – hinsehen darf, indem er dies elegant hinter dem Interesse am Inhalt, nicht der Form der Veranstaltung verstecken kann?

Doch was hat das alles mit Politik, und sei es auch nur mit einer Art basisdemokratisch-anarchischem politischen Statement zu tun?

Warum müssen Kritikerinnen des Neoliberalismus, Stichwort „Occupy Wall Street..!“, ihrem Groll Ausdruck verleihen, indem sie die Hüllen fallen lassen?

Immer wieder kritisieren Feministinnen (zu Recht..!) die sexuelle Ausbeutung von (halb- oder ganz nackten) Frauen zum Zwecke der (Werbe-)Wirtschaft, Stichwort: „Autoverkauf mit Frauen im Bikini“.

Warum springen engagierte Frauen dann genau auf diesen Zug auf und fahren damit in die Richtung, aus der sie sich eigentlich entfernen möchten?

Welchen Sinn macht es, wenn ukrainische Frauen der Gruppe FEMEN, die gegen Sexismus im Allgemeinen und gegen Sextourismus in der Ukraine im Besonderen eintritt, sich halb- oder ganz nackt in der Öffentlichkeit zeigen?

Welcher (potenzielle) Sextourist oder Vergewaltiger soll durch so ein „Statement“ zum Umdenken angeregt werden (können)?

Besteht nicht viel eher die Gefahr, dass z.B. die Ukrainerinnen, die eigentlich weniger Sextouristen in ihrem Land haben wollen, genau diese anlocken, wenn durch solche Aktionen (unbeabsichtigt) signalisiert wird: „Solch’ hübsche Mädels rennen hier rum, und sie sind liberal genug, sich in der Öffentlichkeit auszuziehen!“

Die besondere Ironie an der Sache: 

Alle jene, die das freizügige Statement verstehen und nicht als Einladung interpretieren, fallen nicht in die Zielgruppe der Aktion – für die Anderen gilt das oben Gesagte.

Das „sich Ausziehen“ als politisches Statement haben schon die 68er eingesetzt. 

Sie sind schon lange wieder davon abgekommen.

Zu Recht.

Wer sich heute auszieht, um gegen was auch immer zu protestieren, ist schon vor Beginn der Schlacht dem Feind erlegen, gegen den er / sie vorgibt anzutreten.

ten years after

Heute vor genau zehn Jahren fand jene Terror-Attacke auf die USA statt, die seither unter dem Kürzel „9/11“ (in Worten: „Nine-Eleven“) firmiert.

Durch Flugzeug-Attentate von radikalen Islamisten – die zwei spektakulärsten davon auf die beiden Türme des „World Trade Center“ in New York – waren rund 3.000 Menschen ums Leben gekommen.

Waren die gezielten Flugzeug-Abstürze auf US-amerikanischem Boden zwar zeitlich befristete, punktuelle Ereignisse, so haben sie doch der Politik weltweit einen nachhaltigen Stempel aufgedrückt.

Zweifelhafte Aktivitäten, getarnt als „Selbstverteidigungsmaßnahmen“ („USA PATRIOT Act“, „Irakkrieg“, „Invasion in Afghanistan“, „Errichtung und Betrieb von Guantánamo Bay“ usw.), strengere Sicherheitsbestimmungen und die damit einhergehende Untergrabung der nationalen (und internationalen – Stichwort „Flugdaten“) Bürgerrechte waren und sind Effekte, die sich weit über die Grenzen der USA hinaus auf die Menschen auswirkten.

Dass nicht nur außerhalb der USA, sondern auch im Land selbst eine große Zahl von Menschen der Bush-Administration zutraut, von den Attacken gewusst zu haben, ja, sogar an ihnen beteiligt gewesen zu sein oder diese selbst ausgeübt zu haben, um die darauf folgenden Engagements im In- und Ausland vor der eigenen Bevölkerung und der Welt zu legitimieren, ist beängstigend.

Der Grund dafür liegt aber weniger in den kruden (und aus meiner Sicht höchst unplausiblen) Verschwörungstheorien, welche als Erklärungen für die Ereignisse des 11. September 2001 aufgeboten werden.

Wer schon einmal von der „Operation Northwoods“ (ein vom Pentagon im Jahr 1962 dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy vorgelegter Plan, Terroranschläge gegen den zivilen Luft- und Schifffahrtsverkehr innerhalb der USA zu inszenieren, die man später Fidel Castro in die Schuhe hätte schieben wollen) gehört hat, muss zugeben: 

Möglich ist alles.

Dennoch: 

Wer den führenden Politikern bis hinauf zum Präsidenten so etwas zutraut, sagt ziemlich Erschreckendes über sich selbst und über das Land aus, dessen Staatsbürger er ist.

Haben die USA in der zehnjährigen Geschichte der Aufarbeitung von „9/11“ neben der rein technischen Ursachenforschung zum Ablauf der Ereignisse eigentlich auch die globalen politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen untersucht, die zu einem nicht geringen Teil von den USA selbst verursacht, gefördert oder zumindest nicht verhindert wurden und die zum Hass so vieler Menschen auf das Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ führen konnten?

Haben sie ihre eigene Rolle im internationalen Geschehen, welche solche Terroranschläge zwar niemals rechtfertigen, aber doch (im rein psychologisch-erklärenden Sinn) verständlich machen können, ernsthaft selbstkritisch hinterfragt?

Als Barack Obama 2009 das Amt des US-Präsidenten von George W. Bush übernahm, war eine seiner ersten offiziellen Handlungen, die Schließung von „Guantánamo Bay“ unter großem internationalen Applaus anzukündigen.

Das Gefangenenlager, in welchem auf völkerrechtswidrige Weise hunderte Menschen eingesperrt wurden, ist bis auf den heutigen Tag in Betrieb.

Kann es sein, dass die „Arroganz der Macht“, die hier auf perfekte Weise zum Ausdruck kommt, verdrängt und konsequent aus der Analyse von „9/11 – ten years after“ heraus gehalten wird?