Schwierige Operation..?

Nun also die Debatte über die Zulässigkeit von Beschneidungen als Ausübung der Religionsfreiheit.

Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung bezeichnet.

Die Religionsfreiheit – in diesem Fall jene der Eltern – wiege weniger schwer als das Selbstbestimmungsrecht des Kindes.

Bereits unmittelbar nach dem Urteil liefen einige jüdische und muslimische Verbände Sturm dagegen und wurden dabei auch von manchen ihrer christlichen Kollegen unterstützt.

Die Kritiker des Kölner Urteils sehen das Menschenrecht auf Religionsfreiheit in Gefahr.

Die Befürworter hingegen pochen auf das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Eine klassische Patt-Situation? Ein gordischer Knoten? Eine schwierige Operation?

Nichts von alledem.

Das Recht auf „freie Religionsausübung“ trägt ein fundamentaleres Recht in sich, dasselbe gilt für das Menschenrecht auf „körperliche Unversehrtheit“:

Es handelt sich dabei um die Freiheit des Individuums.

Sie steht an unterster bzw. oberster Stelle.

Sie ist als prinzipielle Freiheit zu verstehen, was sowohl die Freiheit zu, als auch jene von Religion impliziert, die weder durch Religionsverbote, noch durch religiöse Zwänge behindert werden dürfen.

Jeder Mensch soll das Recht darauf haben, über sein eigenes Leben und seinen Glauben frei zu verfügen – über sein eigenes, wohlgemerkt, aber nicht über jenes anderer Menschen, und zwar auch dann nicht, wenn es sich dabei um seine eigenen Kinder handelt.

„Die Freiheit eines jenen beginnt dort, wo die Freiheit eines anderen aufhört.“ hat schon Immanuel Kant bemerkt.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

That zucks…

Das Blog Gizmodo fordert die Web 2.0-Community auf,  Schnappschüsse von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu erstellen und an das Blog zu schicken. Honorar gibt es dafür auch: 20 US-Dollar pro Foto.

Begründung für diese „Summer of Zuck“ genannte Foto-Treibjagd auf Zuckerberg: Er selbst würde nicht allzu viel von der Privatsphäre seiner User halten und deren Daten, auch „intimere“, hemmungslos sammeln.

Sinngemäß lautet die Rechtfertigung für die Aktion: Zuckerberg weiß alles über uns, aber wir wissen viel zu wenig über Zuckerberg, und das muss sich ändern!

Anhand solcher Aktionen zeigt sich die ethische Fragwürdigkeit – nein, nicht von Web 2.0 generell, sondern von den Möglichkeiten zum Missbrauch, welche die multimediale Internet-Welt bietet.

Zu Recht wenden Kritiker der Aktion ein: Wer sich von Facebook „ausspioniert“ fühlt, sollte besser darauf Acht geben, was er oder sie postet und sich überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, auf der Plattform vertreten zu sein.

Ganz so leicht kann man es sich natürlich nicht machen:

Dass das Sammeln von Daten und deren kommerzielle Nutzung problematisch ist, wenn schon nicht aus rechtlicher, so wenigstens aus moralischer Perspektive, liegt m.E. auf der Hand.

Die Debatte über „opt-in versus opt-out“ zeigt das Dilemma auf.

Dennoch: Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte sich aus dem elektronischen Netzwerk und von seinen hunderten, wenn nicht tausenden „Freunden“ verabschieden und die gewonnene Zeit dazu nutzen, die wenigen echten Freunde zu treffen, im wirklichen Leben, anstatt hinter dem Computer.

Mores lehren..?

Michael Spindelegger, der aktuelle ÖVP-Chef, hat damit angefangen.

Vielleicht lassen sich die anderen Parteichefs bzw. -chefinnen von seiner Idee anstecken:

Einen Moral-Kodex für die eigene Partei zu fordern.

Der Ansatz ist prinzipiell in Ordnung und sollte gefördert werden, denn Moral darf und muss verlangt werden – gerade von Jenen, die an den sprichwörtlichen Schalthebeln der Macht sitzen.

Doch, Halt..!

Können Menschen vom Typ eines Ernst Strasser wirklich durch Moral-Kodizes davon abgehalten werden, ihre unmoralischen Spielchen zu spielen, so lange diese weiterhin legal sind?

Zweifel sind erlaubt, denn sie sind das Salz in der Suppe des naiven Glaubens an das Gute.

Ein Parteichef, der Moral per Kodex, nicht aber de iure, einklagt, der bei den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, hier: der Förderung strengerer Gesetze also weiter auf der Bremse steht, kann kaum als „role model“ oder „best practice“-Beispiel für kommende PolitikerInnen herhalten.

Die Wahrheit ist so simpel wie traurig:

Moral ist „work in progress“, eine Ausbildung, die schon in der Kindheit ansetzen und sich in jeder Situation neu beweisen muss – auch und vor allem dort, wo niemand – z.B. die EU-Öffentlichkeit im „Lobbying-Fall Strasser“ – zusieht.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, heißt es so schön.

Zu glauben, dass erwachsene Menschen, die bisher in erster Linie ihrem Eigennutz oder jenem ihrer Partei gedient haben, plötzlich ein Damaskuserlebnis erfahren und sich um 180 Grad wenden, ist dumm oder unehrlich.

Wenn die ÖVP von einem Tag auf den anderen ihre „moralische Bestimmung“ entdeckt (angeblich wegen Fällen wie jenem von Ernst Strasser), muss die kritische Frage erlaubt sein:

Wie war das damals bei der Delegationsleitung der ÖVP in Brüssel, als Ernst Strasser zum Zug kam, obwohl Othmar Karas mehr Vorzugsstimmen bekommen hatte?

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Magazin „profil“ bereits über die so genannte „E-Mail-Affäre“ im Innenministerium Ernst Strassers berichtet.

Allein diese Affäre hätte aus moralischen Gründen ausgereicht, Strasser in die Wüste, anstatt nach Brüssel zu schicken.

Wen will Michael Spindelegger mit seinem Kodex „Mores lehren“?

Jene, die Ernst Strasser in die ÖVP geholt, trotz E-Mail-Affäre protegiert und trotz Karas-Sieg als Delegationsleiter nach Brüssel geschickt haben?

Wenn Spindelegger es ernst meint, müsste er sie aus der Partei entfernen, bevor sein Moral-Kodex in Kraft tritt.

Tut er das nicht, kann er sich seinen Kodex zu Hause an die Wand nageln oder ihn an einem stillen Örtchen zu letzter Verwendung deponieren…

Ecclesia semper reformanda est

Es ist eine echte Revolution:

Kardinal Christoph Schönborn akzeptiert den bekennenden Homosexuellen Florian Stangl als Pfarrgemeinderat von Stützenhofen im Weinviertel.

Am revolutionären Charakter dieser Aktion kann auch die Tatsache nichts ändern, dass der Kardinal vor seiner endgültigen Entscheidung (die er – auch das ist ungewöhnlich! – nach einem persönlichen Gespräch mit Florian Stangl und seinem Lebensgefährten traf) daran gedacht hatte, der bisherigen konservativen Linie treu zu bleiben und den Pfarrgemeinderat abzulehnen.

Selbst als aufgeklärter Atheist möchte man ob solch unerwarteter Liberalität ein begeistertes „Halleluja!“ gen Himmel rufen.

Damit hatte wohl niemand gerechnet, vor allem nicht der Pfarrer von Stützenhofen, der mit der Entscheidung des Kardinals rein gar nichts anzufangen weiß und Schönborn daher nun mit einem aufgezeichneten Telefonat unter Druck setzen möchte.

Wenn selbst ein nicht gerade als liberal verschriener Kardinal es schafft, über seinen eigenen Schatten zu springen, könnte man das doch eigentlich auch von einem Dorfpfarrer erwarten.

Ob die Entscheidung Schönborns bloß ein einmaliges Zugeständnis an die Kirchenbasis von Stützenhofen (der homosexuelle Pfarrgemeinderat bekam eine große Mehrheit der Stimmen der Gemeindemitglieder) war oder doch eine ehrlich gemeinte und somit äußerst mutige Handlung darstellt, wird sich zeigen.

Wenn der Kardinal die Lauterkeit seiner Absichten beweisen will, darf er die Bestimmungen zur Wahl der Pfarrgemeinderäte jetzt keinesfalls überarbeiten, um einen Fall „Stangl“ in Zukunft zu verhindern. Er sollte ihn vielmehr als „Präzedenzfall“ für künftige Entscheidungen heranziehen.

Ob Christoph Schönborn auch im Streit mit den Vertretern der „Pfarrer-Iniative“ wahre Größe zeigt, indem er klein beigibt (so fern das kirchenrechtlich für ihn überhaupt möglich ist), bleibt abzuwarten.

So oder so:

Es gibt noch viele Baustellen in der Katholischen Kirche.

Ecclesia semper reformanda est.

Zweck und Mittel

Es braut sich etwas zusammen.

Die Menschen geben sich nicht mehr damit zufrieden, unzufrieden zu sein.

Viele sind bereit, für Freiheit und Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen und sich zumindest zu empören.

Ob der „Wutbürger“ immer den richtigen Ton und vor allem den richtigen Gegner trifft, sei dahin gestellt.

Doch die grundsätzliche Bereitschaft, sich nicht (mehr) alles gefallen zu lassen, sich nicht als kleines Zahnrädchen im großen, undurchschaubaren und nicht beeinflussbaren Getriebe verstecken und instrumentalisieren zu lassen, ist vorhanden und wächst.

Eine der Formulierungen des „kategorischen Imperativs“ von Immanuel Kant (aus der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“) lautet:

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“

Wir dürfen, nein: müssen in der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft einander wechselseitig auch als Mittel verwenden.

Ich brauche den Straßenbahnfahrer, um in die Stadt zu kommen, den Koch in meinem Lieblingsrestaurant, weil er mein Lieblingsessen besser zubereitet als ich, den Arzt, der mich mit Wissen und Erfahrung behandelt, über die ich nicht verfüge.

Doch all diese Dienstleister sind nicht nur das, sind nicht bloß Mittel zu meinen Zwecken, sondern auch Menschen und somit Zwecke an sich selbst, die es zu respektieren gilt.

Das Unbehagen, das sich immer stärker ausbreitet, resultiert aus der Erfahrung, dass es nicht mehr nur die Menschen in den ärmsten Regionen der Welt sind, die ihrem Schicksal ausgeliefert sind.

Auch wir fühlen uns zunehmend im Griff von Politik, Wirtschaft und einer Welt, die immer komplexer, immer unübersichtlicher und in mancher Hinsicht leider auch immer egoistischer wird.

Um nicht unter die Räder dieser Entwicklung zu kommen, bedarf es großer und vor allem permanenter Anstrengungen.

Den Respekt, den wir uns selbst schulden und von den Anderen bekommen wollen, müssen wir auch ihnen täglich aufs Neue erweisen.

Das ist keine naiv-moralische Forderung eines Idealisten.

Es ist die einzig realistische Möglichkeit, wie wir uns retten können – gegenseitig.

De senectute

Klar, von Griechenland trennen uns derzeit noch Welten.

So schlecht geht es Österreich nicht, weder wirtschaftlich, noch politisch.

Jedoch: Sparen und umstrukturieren müssen auch wir, wenn wir wollen, dass unser Wohlstand erhalten bleibt.

Doch schon zeichnet sich ab, dass keiner der Erste sein will, wenn es darum geht, die Lasten zu schultern.

Links und Rechts, die Vertreter des „kleinen“ und „großen Mannes“ stehen einander gegenüber, in ihre Positionen einzementiert, keiner will klein beigeben.

Das liegt natürlich an den Positionen selbst und den dahinter stehenden ideologischen Überzeugungen.

Es liegt aber auch daran, dass die Stellvertreter und Lobbyisten beider Seiten in Wahrheit Vertreter der Gruppierung des „großen Mannes“ sind.

Denn die Funktionäre, auch jene, die den „kleinen Mann“ vertreten, haben zunächst einmal ihre eigenen Interessen im Blick:

Sie engagieren sich vehement gegen Einschnitte bei ihrer Klientel, ganz egal, wie realitätsfremd dies sein mag – um durch dieses zur Schau gestellte Kämpfertum nicht die eigene Legitimation zu verlieren.

Welcher Pensionisten-Vertreter etwa hätte Chancen, den gut bezahlten Job in der nächsten Amtsperiode wieder zu bekommen, wenn er nicht hier und jetzt gegen Einsparungen bei den Pensionen auftritt?

Dass dabei die Realität auf der Strecke bleibt, liegt auf der Hand.

Die Menschen werden immer älter, das ist primär dem medizinisch-technischen Fortschritt zu verdanken, der übrigens ein indirektes Ergebnis des gerne kritisierten Kapitalismus ist.

Dass bei kontinuierlich steigender Lebenserwartung entweder das Pensionsantrittsalter erhöht werden muss oder die Pensionen selbst, wenn schon nicht gesenkt werden müssen, so doch wenigstens nicht ins Unendliche gesteigert werden dürfen, sollte jedem einigermaßen vernünftigen Menschen klar sein.

Wo steht geschrieben, dass die Pensionen jedes Jahr über die Inflationsabgeltung hinaus wachsen sollen, ja, wachsen müssen?

Genau genommen ist sogar die Inflationsabgeltung kein ein für allemal gültiger, in Stein gemeißelter Anspruch.

Sie mag in Zeiten volkswirtschaftlicher Höhenflüge als Teil einer gesamtgesellschaftlichen „Gewinnausschüttung“ an alle Staatsbürger argumentiert werden.

Einen moralischen Anspruch auf diese „Gewinnausschüttung“ haben die Pensionisten, die nicht mehr aktiv an der Erzeugung dieses Gewinns beteiligt waren, aber nicht.

All jene unter den Pensionisten-Funktionären, die darauf beharren, dass ihre Klientel – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – ihre so genannten Ansprüche abgegolten bekommt, sollten sich ein italienisches Sprichwort zu Herzen nehmen:

„Siamo vecchi troppo presto, e intelligenti troppo tardi.“

Wir werden zu schnell alt, aber zu spät intelligent.

Zweck..! Optimismus..!

Es ging uns schon mal besser, so viel steht fest.

Alle reden davon, dass die Krise vor der Tür steht oder schon da ist – und wahrscheinlich ist da auch etwas Wahres dran.

Doch halt:

Leben wir nicht in einem Land, in welchem es den Menschen im Großen und Ganzen gut geht, in dem Frieden herrscht und die Verbrechensrate niedrig ist?

Natürlich wissen wir nicht, was am nächsten Tag auf uns zukommen wird.

Morgen könnte bereits alles anders sein, viel schlimmer, keine Frage.

Aber derzeit haben wir doch alles im Griff, oder etwa nicht?

Ist zu viel Optimismus schädlich?

Vielleicht.

Doch was ist die Alternative?

Vom Jammern wird es auch nicht besser.

Mag sein, dass wir uns in vielen Fällen etwas vormachen.

Doch seien wir ehrlich:

Wir haben keine andere Wahl.

Zweckoptimismus ist in jedem Fall angesagt.

Denn wenn wir zum Scheitern verurteilt sein sollten, wird uns dieses Schicksal noch früh genug und ohne unser Zutun ereilen.

Ausziehen..! Ausziehen..! Ausziehen..???

Nein, ich bin nicht prüde, ganz im Gegenteil.

Aber vielleicht bin ich einfach zu alt und zu analytisch eingestellt, um der neuesten Mode des Protests das abgewinnen zu können, was ihre Proponenten von ihren Zusehern zu erwarten behaupten.

Bei aller Weltoffenheit und eifrigem Bemühen, den diversen Kundgebungen halb- oder ganz nackter Frauen einen tieferen Sinn und somit Verständnis für diese Form des politischen Engagements zu entlocken:

Es gelingt mir leider nicht.

Das liegt nicht daran, dass die Protagonistinnen nicht auch meine Aufmerksamkeit erregen würden.

Welcher heterosexuelle Mann würde es nicht – aus rein sexueller Sicht – interessant finden, wenn sich anziehende Frauen öffentlich ausziehen und er – ganz unverschämt – hinsehen darf, indem er dies elegant hinter dem Interesse am Inhalt, nicht der Form der Veranstaltung verstecken kann?

Doch was hat das alles mit Politik, und sei es auch nur mit einer Art basisdemokratisch-anarchischem politischen Statement zu tun?

Warum müssen Kritikerinnen des Neoliberalismus, Stichwort „Occupy Wall Street..!“, ihrem Groll Ausdruck verleihen, indem sie die Hüllen fallen lassen?

Immer wieder kritisieren Feministinnen (zu Recht..!) die sexuelle Ausbeutung von (halb- oder ganz nackten) Frauen zum Zwecke der (Werbe-)Wirtschaft, Stichwort: „Autoverkauf mit Frauen im Bikini“.

Warum springen engagierte Frauen dann genau auf diesen Zug auf und fahren damit in die Richtung, aus der sie sich eigentlich entfernen möchten?

Welchen Sinn macht es, wenn ukrainische Frauen der Gruppe FEMEN, die gegen Sexismus im Allgemeinen und gegen Sextourismus in der Ukraine im Besonderen eintritt, sich halb- oder ganz nackt in der Öffentlichkeit zeigen?

Welcher (potenzielle) Sextourist oder Vergewaltiger soll durch so ein „Statement“ zum Umdenken angeregt werden (können)?

Besteht nicht viel eher die Gefahr, dass z.B. die Ukrainerinnen, die eigentlich weniger Sextouristen in ihrem Land haben wollen, genau diese anlocken, wenn durch solche Aktionen (unbeabsichtigt) signalisiert wird: „Solch’ hübsche Mädels rennen hier rum, und sie sind liberal genug, sich in der Öffentlichkeit auszuziehen!“

Die besondere Ironie an der Sache: 

Alle jene, die das freizügige Statement verstehen und nicht als Einladung interpretieren, fallen nicht in die Zielgruppe der Aktion – für die Anderen gilt das oben Gesagte.

Das „sich Ausziehen“ als politisches Statement haben schon die 68er eingesetzt. 

Sie sind schon lange wieder davon abgekommen.

Zu Recht.

Wer sich heute auszieht, um gegen was auch immer zu protestieren, ist schon vor Beginn der Schlacht dem Feind erlegen, gegen den er / sie vorgibt anzutreten.

Neue Werte?

Skandale, wo man nur hin sieht: 

ÖVP und FPÖ / BZÖ stehen derzeit im Brennpunkt der Kritik, aber auch die SPÖ bleibt nicht hinter den beiden „Konservativen“ zurück (Stichwort „Inserate“).

War es früher besser? fragte kürzlich Christian Rainer, Herausgeber des profil.

Gute Frage.

Ich denke, Illegales und Unmoralisches gab es immer schon. 

Die heutigen Malversationen von Politikern, Wirtschaftsbossen und diversen Kultur-Managern, die im Sold der Republik (und somit auf Kosten von uns allen) ebendiese zu ihren ganz privaten Zwecken missbrauchen, unterscheiden sich jedoch in einem wesentlichen Punkt von jenen vor vielleicht 50, 100 oder 500 Jahren.

Wenn damals ein Kapitalist oder ein Aristokrat den kleinen Mann für seine Zwecke ausgebeutet hat, mag er dies auf eine uns heute absurd erscheinende Argumentation aufgebaut und für gerechtfertigt angesehen haben.

Die heutigen „Mächtigen“ jedoch haben ihre Macht weder von Gott verliehen bekommen, noch durch besondere kriegerische Leistungen für die Gemeinschaft erworben. Sie wurde ihnen nur im Auftrag der Staatsbürger von eben diesen geliehen.

Sie könnte, nein: sollte ihnen auch wieder entzogen werden – spätestens bei den nächsten Wahlen.

Immer wenn sich die Skandale häufen, erschallt der Ruf nach „neuen Werten“ bzw. einer Wiederbelebung der Moral in unserer Gesellschaft.

Die Werte gibt es schon längst, sie müssen nicht neu erfunden werden. Ob ein Mensch, sei es eine Privatperson oder ein Politiker, moralisch oder unmoralisch agiert, hängt nicht nur davon ab, welche Werte er selbst (durch Fremd- oder Selbsterziehung) verinnerlicht hat. Es hängt auch davon ab, welche Möglichkeiten zum Missbrauch seiner Macht wir ihm bieten.

Es wird Zeit, die Demokratie denen zurück zu geben, denen sie gehört: den Staatsbürgern, uns allen.

Doch wer sollte sie uns zurück geben?

Wir selbst müssen sie uns holen!

Wer sich über die schwarz-blauen und roten Skandale aufregt, bei der nächsten Wahl aber wieder brav sein Kreuzerl bei den üblichen Verdächtigen macht, ist selber schuld.

Es braucht wahrlich keine neuen Werte, es braucht bloß den Mut, die vorhandenen ernst zu nehmen und Diejenigen, die sie mit Füßen treten, aus ihren Positionen zu entfernen.

Wer dazu nicht bereit ist, hat genau die Politiker, Wirtschaftsbosse und Kultur-Manager, die er verdient.

ten years after

Heute vor genau zehn Jahren fand jene Terror-Attacke auf die USA statt, die seither unter dem Kürzel „9/11“ (in Worten: „Nine-Eleven“) firmiert.

Durch Flugzeug-Attentate von radikalen Islamisten – die zwei spektakulärsten davon auf die beiden Türme des „World Trade Center“ in New York – waren rund 3.000 Menschen ums Leben gekommen.

Waren die gezielten Flugzeug-Abstürze auf US-amerikanischem Boden zwar zeitlich befristete, punktuelle Ereignisse, so haben sie doch der Politik weltweit einen nachhaltigen Stempel aufgedrückt.

Zweifelhafte Aktivitäten, getarnt als „Selbstverteidigungsmaßnahmen“ („USA PATRIOT Act“, „Irakkrieg“, „Invasion in Afghanistan“, „Errichtung und Betrieb von Guantánamo Bay“ usw.), strengere Sicherheitsbestimmungen und die damit einhergehende Untergrabung der nationalen (und internationalen – Stichwort „Flugdaten“) Bürgerrechte waren und sind Effekte, die sich weit über die Grenzen der USA hinaus auf die Menschen auswirkten.

Dass nicht nur außerhalb der USA, sondern auch im Land selbst eine große Zahl von Menschen der Bush-Administration zutraut, von den Attacken gewusst zu haben, ja, sogar an ihnen beteiligt gewesen zu sein oder diese selbst ausgeübt zu haben, um die darauf folgenden Engagements im In- und Ausland vor der eigenen Bevölkerung und der Welt zu legitimieren, ist beängstigend.

Der Grund dafür liegt aber weniger in den kruden (und aus meiner Sicht höchst unplausiblen) Verschwörungstheorien, welche als Erklärungen für die Ereignisse des 11. September 2001 aufgeboten werden.

Wer schon einmal von der „Operation Northwoods“ (ein vom Pentagon im Jahr 1962 dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy vorgelegter Plan, Terroranschläge gegen den zivilen Luft- und Schifffahrtsverkehr innerhalb der USA zu inszenieren, die man später Fidel Castro in die Schuhe hätte schieben wollen) gehört hat, muss zugeben: 

Möglich ist alles.

Dennoch: 

Wer den führenden Politikern bis hinauf zum Präsidenten so etwas zutraut, sagt ziemlich Erschreckendes über sich selbst und über das Land aus, dessen Staatsbürger er ist.

Haben die USA in der zehnjährigen Geschichte der Aufarbeitung von „9/11“ neben der rein technischen Ursachenforschung zum Ablauf der Ereignisse eigentlich auch die globalen politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen untersucht, die zu einem nicht geringen Teil von den USA selbst verursacht, gefördert oder zumindest nicht verhindert wurden und die zum Hass so vieler Menschen auf das Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ führen konnten?

Haben sie ihre eigene Rolle im internationalen Geschehen, welche solche Terroranschläge zwar niemals rechtfertigen, aber doch (im rein psychologisch-erklärenden Sinn) verständlich machen können, ernsthaft selbstkritisch hinterfragt?

Als Barack Obama 2009 das Amt des US-Präsidenten von George W. Bush übernahm, war eine seiner ersten offiziellen Handlungen, die Schließung von „Guantánamo Bay“ unter großem internationalen Applaus anzukündigen.

Das Gefangenenlager, in welchem auf völkerrechtswidrige Weise hunderte Menschen eingesperrt wurden, ist bis auf den heutigen Tag in Betrieb.

Kann es sein, dass die „Arroganz der Macht“, die hier auf perfekte Weise zum Ausdruck kommt, verdrängt und konsequent aus der Analyse von „9/11 – ten years after“ heraus gehalten wird?