Freiwillig in die Unfreiheit?

46 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind mit der Demokratie unzufrieden. Also knapp weniger als die Hälfte.

Zu diesem Ergebnis kommt die soeben vorgestellte Studie „Die Österreicher innen – Wertewandel 1990 bis 2008“.

Eine weitere beängstigende Erkenntnis dieser Studie:

21 Prozent könnten sich einen „starken Mann“ vorstellen, der weder durch Wahlen, noch durch das Parlament in seinem Schalten und Walten beeinflusst wird.

Kein Wunder, wo unsere Landsleute doch demokratischen Institutionen wenig Sympathie entgegen bringen:

Die Österreicherinnen und Österreicher vertrauen der EU (26 %) und dem heimischen Parlament (28 %) weniger als der Kirche (36 %).

Sollte uns das beunruhigen?

Auf jeden Fall.

Der Zweite Weltkrieg und das Ende des totalitären Regimes der Nationalsozialisten liegen über 60 Jahre zurück.

Winston Churchill, ehemaliger Premierminister Großbritanniens, noch geprägt von den Ereignissen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, war zwar nicht so naiv, zu glauben, die Demokratie wäre die perfekte Staatsform. Aber in seiner berühmten Rede vor dem britischen Unterhaus vom 11. November 1947 stellte er dennoch ziemlich klar fest:

„Es heißt ja, Demokratie ist die schlechteste Regierungsform – mit Ausnahme all der anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“

Müssen wir wirklich wieder erleben, wie es ist, unter einem „Führer“ zu leben, um zu erkennen, dass Churchill Recht hatte?

Schule machen

Besonders nett ist es nicht, dass der ÖVP-Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll seiner Kollegin im Unterrichtsressort, Claudia Schmied (SPÖ), bei ihrer Auseinandersetzung mit der Lehrergewerkschaft in den Rücken fällt. Er hätte „Verständnis“ für die Pädagogen, denn wer würde sich schon freiwillig mehr Arbeit um das gleiche Geld aufbrummen lassen.

Doch was hat das Wort „nett“ in der Politik verloren? Hier geht es um Macht, deren Erhalt und – wenn möglich – auch gleich um ihre Vermehrung.

Die Frage ist nur, was Josef Pröll mit seinem Vorgehen machtstrategisch bezweckt. Die einzige Ministerin abzuschießen, die mit beinahe rührender Courage versucht, das von ihr als richtig Erkannte durchzusetzen, ist nicht besonders klug. Da muss man nicht erst die Frage stellen, ob Schmied sich mit ihrer Vorgangsweise nicht zumindest PR-technisch selbst beschädigt hat und ob ihre Ideen der Weisheit letzter Schluss sind.

Ein seriöser Finanzminister hat die Art und Weise, wie seine Ministerkollegin ihre Hausaufgaben erledigt, nicht zu kommentieren. Noch viel weniger, wenn er selbst für die Geldknappheit zuständig ist, die (vielleicht) solch harte Maßnahmen wie unbezahlte Überstunden erfordert.

Prölls strategischer Missgriff zeigt außerdem, was die ÖVP-Minister sich von ihrem Parteikollegen im Finanzressort erwarten können; und falls dies etwas anderes sein sollte, als das, was er der Unterrichtsministerin gönnt, würde die SPÖ das bestimmt (zu Recht) thematisieren.

Wenn Claudia Schmied wirklich Courage hat, macht sie ernst mit ihrer Ankündigung und tritt zurück. Damit würde sie nicht nur ein starkes politisches Zeichen setzen. Sie würde außerdem der Regierungsspitze zeigen, was Strategie ist:

Eine Ministerin, die ihre Verantwortung vor die eigenen Interessen reiht, brächte kuschelnde Kanzler und Vizekanzler in Bedrängnis. Gleichzeitig könnte sie damit die Lehrergewerkschaft schwächen und ihren Nachfolger im Unterrichtsressort mit mehr Macht ausstatten. Dass der (oder die) dann mit dem gleichen Widerstand zu rechnen haben würde, ist unwahrscheinlich.

PS: Beruhigend zu erfahren, dass wenigstens die Schüler dem Streikaufruf der Schülerunion (ÖVP) nicht im großen Stil nachzukommen scheinen. Sich nicht für die Interessen der Lehrer (ob berechtigt oder nicht) instrumentalisieren zu lassen, zeugt von großer Bildung. Ein Schulsystem, das solche Jugendliche heran zieht, kann nicht ganz schlecht sein.

Kein Kreuzerl fürs Kreuz

Die Aktion „Pro Reli“ hat in Berlin eine Abfuhr erhalten. Zu Recht. Die Initiative wollte den verpflichtenden Ethik-Unterricht an den Schulen abschaffen und stattdessen die Wahlmöglichkeit einführen zwischen Religions- und Ethik-Unterricht.

Warum jedoch sollte ein säkularer Staat, hier: eine säkulare Stadt auf die Möglichkeit zur moralischen Bildung ihrer Bürger verzichten und der Religion den gleichen Stellenwert einräumen wie der areligiösen Erziehung?

Die Anhänger von „Pro Reli“, die sich gegen die säkulare Bevormundung der Stadt in Gestalt des verpflichtenden Ethik-Unterrichts stellten, wollten ihrerseits die Pflicht zur Wahl zwischen Religion und Ethik ab der ersten Schulklasse.

Für die Vertreter des Status quo, also des vorgeschriebenen Ethik-Unterrichts, ist es hingegen auch weiterhin möglich, dass Schüler zusätzlich zum Fach Ethik freiwillig Religionsunterricht nehmen.

Warum ist es so wichtig, dass es keine Pflicht zur Wahl zwischen Religions- und Ethik-Unterricht gibt? Weil die beiden – aus Sicht der säkularen Gesellschaft – eben nicht gleichwertig sind und daher auch nicht gleich berechtigt Teil der allgemeinen, verpflichtenden Schulbildung sein sollten.

(Das wäre übrigens so ähnlich, als würde darüber abgestimmt – und viele, vor allem US-amerikanische Konservative wollen gerade das -, ob Schüler die verpflichtende Wahl haben zwischen Biologie-Unterricht in Gestalt der „Evolutionstheorie“ und der „gleich berechtigten“ Alternative in Form einer religiösen „Schöpfungslehre“.)

Der areligiöse Ethik-Unterricht zeichnet sich im Idealfall als ein für alle Menschen, unabhängig von ihren individuellen religiösen Überzeugungen, verpflichtendes Programm des friedlichen Zusammenlebens aus. Er hat daher das Potenzial zum Verbinden. Verschiedene Formen des Religionsunterrichts betonen dagegen – zwangsläufig – das Trennende zwischen sich und ihren Konkurrenten.

Während Ethik also das „alle Menschen werden Brüder“ in den Mittelpunkt stellt, befördert der verpflichtende Religionsunterricht (auch wenn er „frei gewählt“ wurde) den „Clash of Civilizations“.

Es wäre außerdem naiv zu glauben, alle Eltern würden ihre Kinder frei wählen lassen. Die säkulare Gesellschaft hat ein Recht darauf, Kinder vor ihren Eltern und deren Traditionalismen zu schützen – zugunsten einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft, in der alle Platz haben. Auch die Anhänger eines zusätzlich angebotenen freien Religionsunterrichts.

Wenn schon schießen, dann scharf..!

Ein Amokläufer stürmt in eine deutsche Schule, erschießt mehr als ein Dutzend Menschen und tötet anschließend sich selbst. Die Waffe konnte er bequem von zuhause mitnehmen, hat sein Vater doch rund 15 Stück davon. Er ist schließlich „Sportschütze“.

Endlich, es war nur eine Frage der Zeit, schießen sich die österreichischen Parteien auf den einzigen Politiker ein, der öffentlich dafür eintritt, die Waffengesetze zu liberalisieren, um besonders gefährdeten Berufsgruppen, wie Ärzten (wieso eigentlich? Weil sie Racheakte im Zuge von Kunstfehlern befürchten müssten?), Trafikanten („Her mit den Tschik, sonst kracht ’s, und dann geben Sie mir noch an ganzen Lottoschein!“), Richtern (wahrscheinlich, weil die immer wieder im Falle von Fehlurteilen auf offener Straße von Angehörigen der Inhaftierten überfallen werden) und Polizisten (haben die nicht ohnedies eine Dienstwaffe?) Selbstschutz zu ermöglichen:

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache.

Dieser hat nach dem Amoklauf von Winnenden seine Haltung zum Thema „Waffenbesitz“ nur unmerklich nachkalibriert.

Für die ÖVP ist der bekennende Fan von Arnold Schwarzenegger schlicht ein „Möchtegern-Terminator“. Sehr lustig. Vor allem von einer Partei, die ein ausgewiesenes Naheverhältnis zu Upper Class-Hobby-Jägern und Waffenlobbyisten hat.

Dass das BZÖ seinem politischen Gottseibeiuns Strache keine Rosen für seine Ideen streuen würde, war zu erwarten. Für die Orangen ist der Blaue ein „politischer Amokläufer“, der Tote in Kauf nähme, um „einige Wählerstimmen zu erhaschen“. Dass schon ein harmloser VW Phaeton genügt, um aus einem volltrunkenen Autofahrer einen Mörder zu machen, hat man im zweiten ganz rechten Lager bereits wieder vergessen.

Für die SPÖ würden sich Straches Wortspenden gerade nach dem Vorfall in Deutschland „von selbst richten“ (eine interessante Wortwahl in Anbetracht des Amokläufers, der sich am Ende seines mörderischen Feldzuges selbst erschossen hat). Jägern, Sportschützen und Sammlern, die im Rahmen des Gesetzes agieren, zollen die Roten auch weiterhin ihren Respekt.

Selbst nach Ansicht der Grünen, die in Strache einen „Schutzpatron von potenziellen Amokläufern“ erkennen wollen, soll privater Waffenbesitz zwar insgesamt verboten, Jäger und Sportschützen von diesem Verbot jedoch ausgenommen werden.

Dass Polizisten und Jäger aus Berufsgründen über Waffen verfügen, ist wohl nicht zu vermeiden.

Aber warum, beim Heiligen Hubertus, muss es Waffensammler und Sportschützen geben? Man komme mir nicht mit dem berühmten Küchenmesser, das in den falschen Händen zur praktischen Mordwaffe werden kann. Zu welchem Zweck wurden Feuerwaffen denn erfunden? Jeder, der als „Sportschütze“ irgendwo, und sei es auf einem gesicherten Schießstand oder bei Wettkämpfen, damit herum ballert, jeder „Sammler“, der sich an der technischen Finesse von Waffen erfreut, hält Geräte in der Hand, die ursprünglich nur zu einem einzigen Zweck erfunden wurden:

Um jemand anderen damit zu töten.

Was für interessante Hobbys.

Fast so spannend wie das Spielen von Killerspielen.

Die Ein-Hand-Bibliothek

Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle Bücher einer gut sortierten Privatbibliothek in ein einziges Taschenbuch packen. Faszinierend! Ich meine dabei nicht eine Schwarte, die den Weg ins Guinness-Buch der Rekorde schafft, weil sie 20 Meter dick ist. Nein, ich spreche vom so genannten eBook, dem elektronischen Buch, das es mittlerweile in verschiedenen Varianten auf dem Markt gibt.

Technische Grundlage dieser „Ein-Hand-Bibliothek“ ist das ePaper, eine Art Kunststoff, in dem Tintenpartikel eingelagert sind (eInk, natürlich!), die durch das Anlegen einer Spannung in eine bestimmte Lage gebracht werden und somit Buchstaben, Satzzeichen und Bilder darstellen. Das Geniale daran: Strom fließt nur beim Verändern dieser elektronischen „Tintenkleckse“, sprich: beim Umblättern. Der Energieverbrauch hält sich daher in Grenzen, was eine Akkulaufzeit von mehreren Tagen ermöglicht. Da lassen sich schon ein paar Wälzer verschlingen – je nach Größe des integrierten (oder zusätzlich einsteckbaren) Speichers passen mehrere hundert bis tausend Bücher in elektronischem Format auf so ein eBook.

Außerdem kann man sich die Tageszeitung, Magazine und vieles mehr überspielen, einige Modelle können sogar wie ein Notizblock verwendet und mit einem speziellen Stift beschrieben werden. Textmarkerfunktionen erweitern den Komfort, ohne die mitgeführten Bücher unauslöschlich zu verunstalten. Perfekt für Studenten, die unterwegs oder an der Uni an Texten arbeiten wollen.

Aber natürlich ist das eBook auch deshalb genial, weil es nicht einmal so schwer ist wie ein echtes Taschenbuch, schnell in die Tasche gesteckt und am Strand, im Kaffeehaus oder im Zug wieder hervor gezaubert werden kann.

Die grauschwarze Tinte auf weißem Hintergrund verdient ihren Namen: Die Buchstaben sehen wirklich so aus, als wären sie auf Papier gedruckt und nicht so, als würden sie dem Leser von einem Computerbildschirm entgegen flimmern. Das schont die Augen.

Ich werde mir ganz bestimmt ein eBook zulegen, spätestens dann, wenn es all meine philosophischen Lieblingsbücher in günstigen elektronischen Versionen zu kaufen gibt. Derzeit sind hauptsächlich belletristische Werke erhältlich. Der Preis der eBooks selbst, also der Geräte und derjenige der einzelnen Bücher, der Dokumente, muss allerdings noch sinken. Oder die öffentliche Hand fängt an, ihren Bildungsauftrag ernst zu nehmen und fördert beides – um der guten alten Kulturtechnik des Lesens und um des Wissens seiner Bürger willen.

Man stelle sich vor, was das an Entlastung für Schulkinder und deren Lehrer bedeuten könnte: Statt schwerer Schultaschen mit einem Stoß von Büchern gefüllt nur mehr ein schlankes eBook, aus dem die Texte aller Unterrichtsgegenstände gelesen werden. Die Hausaufgaben und Schularbeiten werden ebenfalls in die auf Notizbuch-Funktion umgestellten eBooks geschrieben und in der Schule per WLAN ins Netz überspielt. Die Lehrer holen sich die Arbeiten anschließend virtuell auf den Bildschirm, um sie dort zu korrigieren.

Vom positiven Einfluss auf die Umwelt habe ich noch gar nicht gesprochen: Weniger echte Bücher bedeutet mehr Bäume in der Landschaft und weniger CO2 in der Atmosphäre. Vielleicht könnte man das Plastik des eBooks so designen, dass es nach echtem Buch riecht. Nur das Gefühl (und das Geräusch) beim Blättern ginge verloren. Aber darauf würde ich verzichten, wenn ich dafür meine 3000 Bücher in einer Hand halten könnte…

Gott würfelt nicht?

Vor 200 Jahren kam der englische Theologe (welch‘ Ironie, dass er, das große Feindbild damaliger und auch noch vieler heutiger Theologen einer der Ihren war!) und Biologe Charles Darwin auf die Welt. Vor 150 Jahren erschien sein die bisherige Betrachtung der biologischen Welt radikal veränderndes Werk „Über den Ursprung der Arten“. Es ermöglichte jenen, die bereit waren, offenen Auges zu sehen, eine fundamentale Revision der bis dahin eingenommenen Perspektive.

Darwin ist für viele (hauptsächlich religiöse) Menschen noch immer ein Gottseibeiuns: Wir, die Menschen, die vermeintliche „Krone der Schöpfung“, das Ergebnis eines blinden Spiels von Zufall und Notwendigkeit, von Mutation und Selektion?

Eine unerträgliche Vorstellung!

Der Erfinder der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hatte wohl recht, als er Darwins Theorie als eine der drei großen Kränkungen der Menschheit (nach der durch die Wiederentdeckung des heliozentrischen Weltbildes durch Nikolaus Kopernikus und vor der durch seine eigene, Freuds Theorie über die Bedeutung des Unterbewusstseins) bezeichnete.

Dabei ist alles so einfach: Keine Artenvielfalt, ja kein ein einziges mehrzelliges Lebewesen (und damit uns selbst, die Menschen) gäbe es, hätte nicht zufällige Mutation durch Variation der ersten Einzeller beim Versuch, sich selbst durch idente Reduplikation zu vermehren, als „Fehler im System“ zugeschlagen.

Wer das einmal begriffen und die verführerische Vorstellung über Bord geworfen hat, die ganze Welt wäre von Anbeginn an auf unsere Entstehung ausgerichtet gewesen, sieht vieles klarer, ja natürlicher – auch die Entstehung und Entwicklung von kulturellen Erscheinungen wie etwa Ideologien und Religionen.

Auch sie entstehen durch „Mutation“ vorhandener Bestände, durch kreative Veränderung der jeweiligen Gegenwart. Ob sie sich halten können, hängt von den Rahmenbedingungen ihrer Zeit in ihrem Umfeld ab. Manche von ihnen werden selektiert und sterben aus – so wie das geozentrische Weltbild, das dem gegenteiligen Wissen über das Universum, das die neuzeitliche Naturwissenschaft zunehmend erwarb, eines Tages nicht mehr standhalten konnte.

Welche biologischen, aber auch geistigen Arten, also Ideen und künstlerische Hervorbringungen in der Zukunft entstehen und welche wieder vergehen werden, lässt sich nicht voraussagen. Aber dass sich alles verändert, die natürliche und die kulturelle Welt, ist offensichtlich. Wer das leugnet, sollte die eigenen Überzeugungen, den eigenen Wissensstand, die eigenen Einstellungen und ihren Wandel in der Zeit in den kommenden Jahren beobachten.

Charles Darwin hat die Welt um eine Idee reicher gemacht, die sich noch weiter entwickeln wird (nicht alle Detailfragen der Evolution sind bis zum heutigen Tag befriedigend geklärt). Ihre grundsätzlichen Mechanismen „Mutation“ und „Selektion“ sind jedoch unwiderlegt und werden von Natur- und Geisteswissenschaftern gleichermaßen für ihr jeweiliges Gebiet anerkannt.

Ich liebe einen Mann

Ich muss Ihnen ein Geständnis machen: Ich liebe einen Mann.

Nein, nicht was Sie denken! Ich habe eine Freundin.

Kennen gelernt habe ich ihn schon als Kind. Zu dem Zeitpunkt war er bereits erwachsen und berühmt. Mittlerweile feiert er seinen 82. Geburtstag. 44 Jahre trennen uns also von einander.

Er hat mich zum Lachen gebracht, aber auch zum Weinen. Manchmal sogar zum Weinen vor lauter Lachen. Durch ihn habe ich gelernt, dass man das Leben nie allzu ernst nehmen sollte. Er war und ist diesbezüglich ein großes Vorbild für mich.

Ich spreche vom Komiker Jerry Lewis.

Dieser Mensch ist so herrlich verrückt, dass es schon wieder genial ist. Er nimmt das Leben so wenig ernst, wie es sich gehört. Sich selbst noch viel weniger.

Ich denke, die Größe eines Menschen zeigt sich darin, wie leicht es ihm gelingt, über sich selbst zu lachen.

Jerry Lewis lacht am liebsten über sich selbst.

Dass er die wirklich ernsten Dinge des Lebens aber trotzdem nicht ganz übersieht, beweist sein mittlerweile 40 Jahre dauerndes Engagement für muskelkranke Menschen.

Für diesen Einsatz wird Jerry Lewis bei der nächsten Oscar-Verleihung eine Ehren-Trophäe erhalten. Laut Aussendung der Academy of Motion Picture Arts and Sciences soll ihm im Rahmen der Gala-Show am 22. Februar 2009 der Jean-Hersholt-Preis für humanitäres Engagement überreicht werden.

Über das Leben zu lachen hatte der Komiker übrigens nicht immer:

Prostatakrebs, eine Magenblutung, einen Herzinfarkt, eine Wirbelsäulenfraktur und eine schwere Lungenkrankheit überstand Jerry Lewis aber trotzdem, genauso wie auch seine jahrelange Tablettensucht.

Ich verneige mich in Dankbarkeit für die unzähligen Tränen, die ich seinetwegen seit meiner Kindheit vergossen habe und für seinen Humor, mit dem er mich schon bei unserem ersten Kontakt unheilbar infiziert hat, vor einem großen Künstler und einem noch viel größeren Menschen.

Bilderstreit

Günter Brus, ein wichtiger Vertreter des so genannten „Wiener Aktionismus“ (zu dem unter anderem auch Hermann Nitsch, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler gehören), zog seine Werke bei der 68er Ausstellung im Kunstverein Kärnten zurück.

Der Grund für diesen „Aktionismus“:

Mit der Abnahme seiner Werke bei der Vernissage im Klagenfurter Künstlerhaus, Donnerstagabend, setzte er ein Zeichen des Protests, weil der Auftritt der beiden Kabarettisten Stermann und Grissemann an der Uni Klagenfurt nach ihrem umstrittenen Haider-Sketch abgesagt worden war.

Nur zur Erinnerung:

Der Auftritt wurde abgesagt, nachdem beim Wagen des Veranstalters ein Reifen gelockert worden war.

Die anwesenden Künstler zeigten Einverständnis mit Günter Brus, der durch seine Aktion auf die Bedeutung der Freiheit der Kunst hinweisen wollte.

Apropos „Freiheit der Kunst“:

Immer wieder bringen Kritiker ebendieser Freiheit folgendes oder ein ähnliches „Argument“ ins Spiel: „Würden Sie zustimmen, wenn neben der Verunglimpfung dessen, was uns heilig ist, es auch erlaubt sein soll, zum Beispiel über Juden oder Behinderte beleidigende Kunst zu produzieren?“

Die Antwort der Verteidiger der Freiheit der Kunst muss und wird eindeutig ausfallen:

„Ja, dem stimmen wir zu.“

Es ist nur konsequent, sich dieser Zustimmung nicht zu verweigern.

Freiheit der Kunst bedeutet ja nicht, dass Künstler gezwungen werden können, alles, was möglich, weil erlaubt ist, auch zu tun. So mag ein Künstler darauf verzichten, sich über Juden oder Behinderte lustig zu machen, weil er der Meinung ist, dass Beide vor nicht allzu langer Zeit unter einem diktatorischen Regime grauenvoll zu leiden hatten. Erlaubt, sich über Beide lustig zu machen, sollte es dem Künstler dennoch sein.

Jeder von uns hat ästhetische und moralische Tabus, auch Kunstschaffende. Sie sind aber Ausdruck unseres Charakters, nicht per Gesetz verordnet, und lassen uns damit immer noch die Wahl, sie zu brechen, wenn ein unser höher scheinender Wert dafür spricht.

Im Falle des Haider-Sketches mag dies etwa das Infragestellen der unkritischen Heiligsprechung eines äußerst umstrittenen Politikers sein, der, neben der Produktion diverser „Geschmacklosigkeiten“ in seiner künstlerischen, pardon, politischen Tätigkeit, immerhin im Vollrausch mit einem Tempo weit jenseits des gesetzlich Erlaubten, in den Tod raste.

Die Entscheidung darüber, womit ein Künstler sich wie auseinander setzt, wird also ihre Gründe finden. Sie sollten aber beim Künstler selbst angesiedelt sein.

P.S.: Ich persönlich fand den Haider-Sketch von Stermann und Grissemann absolut genial.

Sprachloser Sturzflug

Was die Leistungen bzw. Nicht-Leistungen des AUA- sowie ÖIAG-Managements rund um den geplanten Verkauf der österreichischen Airline betrifft, so mögen diese von Wirtschaftsexperten beurteilt werden.

Zur Kommunikationsstrategie möchte ich aber doch gerne etwas anmerken:

Sie ist schlichtweg unprofessionell.

Die Wiener Börse teilte heute früh mit, dass die AUA-Aktien vorübergehend vom Handel ausgesetzt seien. Die offizielle Begründung: Eine „wichtige Mitteilung“ stünde bevor. Der wahre Grund dürfte aber viel eher darin liegen, dass die Aktien der Fluglinie gerade eben mehr als 30 Punkte verloren haben.

Ausgelöst wurde der rasante Kurs-Sturzflug wahrscheinlich durch den Doppel-Absprung mit dem Notfallschirm von Air France-KLM und der russischen S7. Ein weiterer Interessent an dem mit 900 Mio. Euro schwer verschuldeten Unternehmen, die Lufthansa, hat, auch wenn es wie ein böser Scherz klingt, verlauten lassen, den Kauf bestenfalls um einen einzigen symbolischen Euro zu tätigen. Die nun, wie es scheint ernsthaft (!), angedachte Alternative, den Staat einspringen zu lassen, klingt wie ein Hohn: Eine Fluglinie kauft sich selbst.

Wer die heutige Mitteilung zur AUA avisiert hat, ob das Management der Airline selbst oder gar die Holding ÖIAG, war nicht zu erfahren. Keiner der beiden wusste etwas von einer „wichtigen Mitteilung“. Schlimm genug, denn eigentlich müssten ja beide darüber zu berichten haben. Die aktuelle Situation kommentieren wollte man dann – erwartungsgemäß – auch nicht.

Schweigen, Mauern, geheimnisvolle Andeutungen –

Willkommen in der Provinzposse mit Namen „Österreich“..!

Die Frist für verbindliche Offerte mit Preisangabe läuft übrigens noch bis morgen, Freitag.

Vielleicht findet sich ja doch noch irgendein reicher Scheich, der „unserer“ AUA ein bisserl wohler gesonnen ist als der letzte und es schafft, sie wieder in luftige Höhen zu bringen.

Flieg Vogel, flieg…

Kreisverkehr

„Ich bin draufgekommen, dass es in meinem Leben Sachen gibt, die wichtiger sind, als mit dem Auto im Kreis zu fahren.“ Mit diesem in die Sportgeschichte Österreichs eingegangenen Sager beendete Niki Lauda am 28 September 1979 in Montreal seine Karriere als Formel 1-Pilot.

(Dass er zwei Jahre später wieder im Cockpit saß, tut hier nichts zur Sache.)

Seit heute Vormittag, 9:33 Uhr, blickt die ganze Welt Richtung Genf. Im CERN, einem physikalischen Grundlagenforschungszentrum, wurde ein Protonenstrahl auf die Reise geschickt: Auf eine „Fahrt“ durch einen 27 km langen, kreisförmigen Tunnel.

Der Teilchenbeschleuniger, wie das technische Monstrum auf Deutsch heißt, soll – nebst ein paar anderen wichtigen – diejenige Frage klären, ob das so genannte Higgs-Boson, ein bisher in seiner Existenz bloß postuliertes Elementarteilchen, tatsächlich existiert. Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik benötigt das „Higgs“, um den übrigen Teilchen Masse zu verleihen.

Und wozu brauchen wir das? fragen Zweifler an der Sinnhaftigkeit des enormen, nicht zuletzt finanziellen Aufwandes für die Suche nach einem, falls denn überhaupt vorhandenen, klitzekleinen Teilchen. Wäre das Geld nicht besser eingesetzt, wenn damit der Hunger in der Welt verringert, die medizinische Versorgung der Bewohner armer Länder ausgeweitet oder zumindest ihre Ausbildungsmöglichkeiten verbessert würden?

Abgesehen von der nicht gerade unbedeutenden Tatsache, dass ein nicht gefundenes Higgs-Boson das aktuelle physikalische Weltbild zum Einsturz und Physiker aller Herren Länder dazu bringen würde, Haare raufend nach einem neuen Modell zu suchen, wäre der unmittelbare Nutzen für Otto Normalverbraucher auf den ersten Blick wirklich nicht ersichtlich.

Aber so ist das nun einmal mit der Wissenschaft: Die meisten von uns, die wir vielleicht (noch) nicht verstehen, worum es bei solch anspruchsvollen Experimenten überhaupt geht, werden früher oder später von ihren Ergebnissen und den daraus abgeleiteten Anwendungen profitieren. Das zumindest zeigt die bisherige Wissenschafts- und Technikgeschichte der Menschheit – trotz aller Negativa, die der Fortschritt mit sich gebracht hat und wohl auch in Zukunft mit sich bringen wird.

„Kein Nutzen ohne Schaden“ lautet das entsprechende Credo all jener, die das Glas des menschlichen Wissens und Könnens lieber halb voll sehen möchten als halb leer.

Dass die geplante Kollision der Elementarteilchen auch Licht in den „Ursprung des Universums“ bringen könnte, ist ungleich spannender und sollte auch von Nicht-Physikern in ihrer Bedeutung für das Selbstverständnis der Menschheit nicht unterschätzt werden.

Es gibt also tatsächlich „Fahrten im Kreis“, die ziemlich wichtig sind.