Jupiter und die Rinder

Es ist schwer, den Menschen in Österreich zu erklären, warum Bundeskanzler Sebastian Kurz in seinen Dienstwagen steigen und die Reise ins Kleinwalsertal antreten hat müssen, anstatt die Gespräche, die er dort zu führen beabsichtigte, via Skype oder Telefon abzuwickeln.

Ist Kurz ein Notarzt, der physisch vor Ort erscheinen muss, weil ohne seine Präsenz Menschenleben in Gefahr sein könnten?

Das ist er natürlich nicht.

Die Reise nach Vorarlberg ist schon per se abstrus, noch viel mehr ist sie dies jedoch in Zeiten von „Corona“ und bei Kenntnis all jener Vorschriften, mit denen die österreichische Bundesregierung ihr Volk in den letzten zwei Monaten mehr oder weniger zu Hause eingesperrt hat.

„Social Distancing“, das verpflichtende Tragen von Masken, ein Verbot von Gruppentreffen von Menschen, die nicht im selben Haushalt leben – nichts davon hat Sebastian Kurz, haben die EinwohnerInnen des Kleinwalsertals beim Staatsbesuch aus Wien berücksichtigt.

Gibt es nun Strafen für die dem Kanzler in Vorarlberg zujubelnden Menschen, für die FotografInnen vor Ort, für den Bundeskanzler selbst und die Mitglieder seiner Reisegruppe?

Würde man die Regeln, die über ganz Österreich verhängt worden sind, auf die genannten Personen ebenso anwenden, wie auf jene, die in den letzten Wochen von der Polizei in Parks mit saftigen Strafen versorgt worden sind, müsste genau das passieren.

Doch natürlich wird nichts geschehen.

„Quod licet Iovi, non licet bovi“ lautet bekanntlich die Regel für die unterschiedliche Handhabung von Recht und Ordnung, je nachdem, wer betroffen ist – der Durchschnittsbürger oder der Herr Bundeskanzler und jene, die ihm zujubeln.

Dass Sebastian Kurz es nicht schaffte, beim ZIB2-Interview auf die Frage, ob er und die Veranstalter vor Ort Fehler gemacht haben könnten, mit einem unverklausulierten „Ja.“ zu antworten, spricht Bände.

Die Menschen vor Ort, so Kurz mehr oder weniger explizit, träfe die Schuld.

Wie könnte Jupiter auch Fehler begehen, die nur uns Rindern unterlaufen können?

Exitus auf Raten?

Ihr Vorgänger hat sich gleichsam über Nacht davongestohlen.

Eine Position in der zweiten Reihe war doch nichts für ihn.

Christian Kern hat den Job, den die SPÖ ihm nach seinem Abgang als Bundeskanzler angeboten hat, nach kurzer Zeit wieder hingeschmissen.

Ganz verübeln kann man es ihm nicht.

Wer einmal Regierungschef war und davor Top-Manager, gibt wohl nur ungern den Hausverwalter der größten Oppositionspartei, vor allem, wenn diese seit Jahren dabei ist, sich selbst zu Grunde zu richten.

Dass Kerns Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner jetzt die „Vertrauensfrage“ stellt, mag nach gelebter Basisdemokratie klingen.

Der wahre Grund für dieses Manöver dürfte jedoch darin zu sehen sein, dass die erste weibliche Parteichefin der SPÖ nun ebenfalls die Flucht antreten, sich aber nicht ganz so stillos zurückziehen will wie ihr Vorgänger.

Wahrscheinlich rechnet sie damit, dass entweder der Zuspruch oder die Beteiligung an der Befragung nicht allzu hoch ausfallen dürfte.

Beides wären gute Argumente, um sich zu verabschieden und endlich wieder einen Beruf auszuüben, der mit Erfolgserlebnissen aufwarten kann. Der Job der SPÖ-Chefin hat davon nur wenig zu bieten.

Bleibt die spannende Frage, wer Pamela Rendi-Wagner nachfolgen könnte.

Denn weit und breit ist kein(d) Kandidat(in) in Sicht, der (die) die Herkulesarbeit verrichten und die SPÖ wieder in die Gewinnzone führen könnte.

Das liegt nicht bloß an der ausgedünnten Personaldecke, sondern auch daran, dass nicht so wirklich klar ist, wofür eine sozialdemokratische Partei Österreichs im Jahr 2020 noch stehen könnte.

Wer auch immer die Führung übernehmen wird, wenn Frau Dr. Rendi-Wagner die ins Koma gefallene SPÖ zurücklässt:

Dass die Patientin reanimiert werden kann, ist nicht gesagt.

Sperrstunde!

Corona.

Und sonst?

Nicht viel.

Wir müssen auf einander achtgeben.

Sollen wir nicht nur, wir müssen.

Das schreibt die Regierung vor, per Verordnung.

Ob sie dabei übers Ziel hinausschießt?

Wer kann das wissen?

Die Schließung der Bundesgärten in Wien ist aus meiner Sicht eine überzogene Maßnahme.

Natürlich könnten Menschen sich auch im Freien anstecken.

Doch die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, ist bestimmt dann größer, wenn sich die sich nach Luft und Sonne verzehrenden WienerInnen auf den Gehsteigen und den städtischen Parks konzentrieren.

„Wer heilt, hat recht.“ heißt der Wahlspruch der Alternativmedizin.

Doch wer gleichzeitig Aspirin schluckt, ein „Ave Maria“ betet und Halbedelsteine in der Hand hält, wird nie erfahren, wodurch seine Kopfschmerzen verschwunden sind.

Schwarz-Grün ist die Hoffnung?

Ein leichter Überhang zugunsten Frauen bei den Regierungsposten – wer hätte das gedacht?

Die neue Regierung, seit Anfang des Jahres 2020 in Amt und Würden, überrascht ihr Volk bereits zu Beginn mit einer freiwilligen Quote.

Was kann da noch schiefgehen?

Nun, dass die Ehe zwischen ÖVP und Grünen keine Liebesheirat ist, darf man als gegeben annehmen. Trotzdem könnte sich das Experiment als ein spannender Versuch erweisen, gegensätzliche Positionen unter einen Hut zu bekommen.

Dass die SPÖ an diesem Experiment nicht teilnehmen darf, ist nicht weiter verwunderlich. Sieht man von den Personaldebatten rund um die Parteispitze und anderen Querelen (Stichwort „Parteischulden“) ab, muss man wohl zugeben, dass eine „sozialdemokratische Partei“ im Österreich des Jahres 2020 ihre Existenzberechtigung eingebüßt hat.

Wir befinden uns nicht im England des 19. Jahrhunderts. Heute kann prinzipiell jeder Mensch in diesem Land jede beliebige Ausbildung machen, jeden beliebigen Job ergreifen, sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten.

Die drängendste Frage der Zeit ist nicht die soziale, es ist die ökologische.

Und ganz egal, ob und, falls ja, wie sie sich beantworten lässt, gestellt werden muss sie in jedem Fall.

Dass die Ökonomie auf diese Frage eingehen und sich an ihr abarbeiten muss, scheint unabweisbar. Insofern macht es Sinn, dass die Wirtschaftspartei Österreichs eine Koalition mit der Umweltpartei Österreichs eingeht.

Ob diese Zusammenarbeit zu einer Reihe fauler Kompromisse führen wird, durch welche der Juniorpartner an die Wand und seine Themen erdrückt werden, wird sich zeigen.

Eine solche Zusammenarbeit wenigstens zu versuchen, ist nicht nur legitim, sondern auch aus demokratiepolitischer Sicht klug.

Die ÖVP kann viel verlieren, aber auch einiges gewinnen, vor allem moralische Statur, was sie nach dem Debakel mit der FPÖ dringend benötigt.

Die Grünen können zeigen, dass sie nicht nur als theoretisierende Opposition auf Bundesebene, sondern auch an den Hebeln der Regierungsmacht ihren Wert treu bleiben. Zugleich müssen sie es in der Realität wohl etwas billiger geben als in den rein hypothetischen Debatten, in denen sie bisher ihre Ideale ausschließlich auf dem Papier verwirklich konnten.

Das mag den hehren Zielen der Grünen eine gewisse Einschränkung auferlegen, doch Politik ist bekanntlich die Kunst des Möglichen.

Möglich ist alles, lassen wir uns davon überraschen, was davon Wirklichkeit wird!

Tragödie & Farce

Es war Karl Marx, der den Ausspruch tätigte: „Die Geschichte wiederholt sich immer zweimal – das erste Malals Tragödie, das zweite Mal als Farce.“ („Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte“).

Dass die Geschichte sich wiederholt, ist zwar nicht zwingend notwendig, geschieht aber doch so oft, dass man fast von einem verborgenen Naturgesetz ausgehen könnte.

Doch falls überhaupt, ist es ein Gesetz der Natur des Menschen, die ihn dazu bringt, dieselben Fehler immer und immer wieder zu begehen.

Dass die FPÖ nach der Ibiza-Affäre bei der Nationalratswahl einen Dämpfer erfahren würde, war zu erwarten.

Ganz so groß fiel er dann aber doch nicht aus. Dass die Partei, die H.-C. Strache nach der Abspaltung des BZÖ durch Jörg Haider von diesem übernommen hatte, noch einmal auf die Füße und in lichte Höhen der Wählergunst kommen würde, war bereits überraschend und zum größten Teil der harten Arbeit von Strache zu verdanken.

Dass dieser sein politisches Lebenswerk durch den Auftritt in jenem unsäglichen Video selbst demoliert hat, ist der tragische Teil dieser Geschichte.

Dass er sich nun nicht entblödet, ein Comeback zu versuchen und ernsthaft daran zu glauben, noch einmal Erfolg haben zu können, kratzt schon an der Schwelle zur Satire.

Doch falls die Wienerinnen und Wiener ihm bei der nächsten Wahl tatsächlich ihre Stimme im zweistelligen Bereich geben, ist endgültig die Zeit der Farce angebrochen.

Venedig sehen…

…und sterben – das könnte dieser Tage leicht Wirklichkeit werden.

Die Lagunenstadt kämpft dagegen an, abzusaufen.

Starke Regenfälle und Schirokko sind die unmittelbaren Ursachen, Bürgermeister Luigi Brugnaro, der aus Sicherheitsgründen den Markusplatz für Touristen sperrren ließ, hält den Klimawandel für das Grundübel, das den langsamen Untergang der Stadt einläutet.

Umweltschützer machen außerdem die baulichen Maßnahmen für die leichtere Beschiffung der Lagune sowie die Raubfischerei für die Misere verantwortlich. Die Entnahme von Grundwasser und Methan auf dem Festland dürften ebenfalls beteiligt sein.

Wodurch auch immer den Venezianern das Wasser langsam bis zum Hals steigt:

Es muss etwas geschehen, wenn die Stadt überleben soll.

Das MO.S.E.-Projekt, eine Art Sturmflutsperrwerk aus beweglichen Toren, wird erst 2021 in Betrieb gehen. Mit seiner Hilfe soll zumindest das historische Zentrum Venedigs vor Hochwasser geschützt werden.

Ob das gelingt, wird sich zeigen.

Rhapsodie in Grün?

Die Nationalratswahl ist geschlagen, mehrere Zweier-Koalitionen wären möglich.

Türkis/Blau, Türkis/Rot und Türkis/Grün würden sich ausgehen.

Am spannendsten wäre wohl die letzte Variante, nicht nur deshalb, weil eine solche Kombination auf Bundesebene noch nie regiert hat.

Und obwohl dieser Kombination auch von grüner (und linker) Seite Sympathie entgegengebracht wird, ist fraglich, ob sie tatsächlich realisiert wird.

Die thematische oder besser gesagt weltanschauliche Schnittmenge von Türkis und Grün ist überschaubar groß, das wäre bei Türkis und Blau deutlich anders.

Und selbst die „klassische“ Variante Türkis (Schwarz)/Rot ist, trotz der konträren Werte der beiden Parteien, leichter vorstellbar als eine Zusammenarbeit von Türkis und Grün.

Welche Vorteile brächte letztere dennoch mit sich?

Sie könnte den Charme des Unverbrauchten versprühen und somit einen Neuanfang in mehrerlei Hinsicht ermöglichen:

Die Grünen als Juniorpartner in einer Bundesregierung dürften endlich einmal zeigen, ob sie der Verantwortung, die sie stets in der Theorie einfordern, in der Praxis gerecht werden können. Die ÖVP als Seniorpartner könnte dafür sorgen, dass nicht zu viel an ökonomischem und gesellschaftspolitischen Utopismus zum Totalabsturz des Systems führt.

Andererseits könnte die Volkspartei davon profitieren, sich einen neuen, in jeder Hinsicht jugendlicheren Anstrich zu verleihen. Genau den könnte sie durch die Grünen bekommen, wenn sie deren Themen (in erster Linie Umweltschutz und Nachhaltigkeit) zumindest teilweise übernehmen und etwas stärker in ihre Politik integrieren.

Was wären die Alternativen zu einer Türkis/Grün-Regierung?

More of the same (ÖVP/SPÖ) oder more of the shame (ÖVP/FPÖ).

Aber wer will das wirklich?

Natürlich schwebt über dem türkis-grünen Experiment das Damoklesschwert des Scheiterns aus ideologischen Gründen.

Doch dass die Grünen die Regierung vorzeitig sprengen könnten und das auch noch aufgrund von Korruption oder mehr oder weniger offenem Rassismus und Antisemitismus, ist so gut wie ausgeschlossen.

Falls sie bereit wären, sich auf eine Reduktion ihrer Idealvorstellungen auf ein ökonomisch verträgliches Maß einzulassen, wäre Türkis/Grün auf jeden Fall einen Versuch wert.

Greta! Greta! Greta?

Natürlich braucht jede Bewegung ihre Bannerträger. Und jede Idee sehnt sich nach mindestens einer konkreten Figur, die sie exemplarisch verkörpert und ihr in der Öffentlichkeit ein Gesicht verleiht.

Das Bedürfnis nach Idolisierung von Weltanschauungen scheint den Menschen angeboren zu sein.

Leider befriedigen es diese selten, indem sie sich Vorbilder suchen, die dieser Rolle gerecht werden.

Doch das alleine ist noch nicht das größte Problem. Schlimmer scheint mir zu sein, dass gute Vorbilder vor allem solche Menschen sind, die zugeben, dass die Suche nach Vorbildern selbst und die Eitelkeit Jener, die sich dazu küren lassen, gefährlich sind. Denn sie führen meistens in eine unkritische Verehrung der betreffenden Personen. Die Meisten von uns wollen jedoch keine „Führer“ mit Selbstzweifel, sie wollen HeldInnen, die an ihre Sache glauben und bereit sind, alles dafür zu geben.

Die unkritische Verehrung solcher schlechten Vorbilder verunmöglicht es den Menschen, die Sache selbst, um die es geht, differenziert zu betrachten. Warum? Weil eine differenzierte Betrachtung eines Themas bzw. einer bestimmten Weltanschauung sowie der damit verbundenen normativen Forderungen bedeutet, auch kritische Punkte aufzuzeigen.

Durch die Personalisierung der jeweiligen Position wird eine solche kritische Herangehensweise a priori erschwert, weil Kritik an der Sache meist mit Kritik an der Person, die für sie ein- und öffentlich auftritt, verwechselt wird.

Wenn man etwa Greta Thunbergs Positionen an der einen oder anderen Stelle hinterfragt, wird man von ihren Adepten attackiert, weil man – so die einfältige Schlussfolgerung ihrer Fans – „Greta hasst“ und sie „verunglimpfen“ möchte.

Doch wenn man bestimmte Ideen und ihre RepräsentantInnen nicht kritisch betrachten darf, stirbt der öffentliche Diskurs und eine vernunftbasierte Auseinandersetzung mit Themen, wo doch nur eine solche zu einem klugen, für alle akzeptablen Ergebnis führen kann.

Man darf Menschen wie Greta natürlich für den Einsatz für „ihre Sache“ bewundern. Aber man sollte sie nicht auf ein Podest stellen, damit man sie jederzeit wieder als Vorbilder loswerden kann, falls sich ihre Überzeugungen als falsch oder zumindest ungenau herausstellen.

Die Fehlerhaftigkeit von mit Begeisterung vorgetragenen Ansichten lässt sich aber nur dann herausfinden, wenn unsere Vorbilder hinterfragt werden dürfen und auch tatsächlich von uns hinterfragt werden.

Es grünt so türkis…

Natürlich dürfen die Grünen koalieren mit wem sie wollen.

Doch dass die Tiroler Grünen-Chefin Ingrid Felipe (die auch zweite Landeshauptmannstellvertreterin ist), die bisher eher nicht als Sebastian Kurz-Fan aufgefallen ist, eine Koalition mit der ÖVP nicht (mehr) ausschließt, ist dann doch etwas überraschend.

Die Grünen haben, so wie auch die SPÖ, Kurzzeit-Kanzler Kurz immer wieder vorgeworfen, sich dem Kurzeit-Koalititionspartner FPÖ immer stärker anzunähern, beispielsweise rund um das Thema „Flüchtlinge“.

Die ÖVP, so die Kritik von links, würde einen immer restriktiveren Kurs bei diesem Thema fahren, was einer menschenverachtenden Politik gleichkäme.

Ganz egal, ob man diese Analyse teilt: Eine Partei, die bei solchen grundlegenden Fragen – immerhin geht es um fundamentale Werte wie „Gerechtigkeit“, „Freiheit“ und das Thema „Menschenrechte“ – diametral entgegengesetzte Antworten gibt, kann eigentlich nicht ernsthaft eine Zusammenarbeit mit einer der beiden konservativen Parteien anstreben.

Vielleicht ist der Pragmatismus im Westen Österreichs aber ein anderer als jener der linksintellektuellen Grünen von Wien.

Doch auch letztere werden spätestens dann Farbe bekennen müssen, wenn sich nach der Wahl Ende September eine Dreierkoalition aus ÖVP, NEOS und Grünen basteln lassen könnte.

Das Experiment könnte durchaus reizvoll sein und den Grünen erstmals die Chance geben, als Partner im Bund zu zeigen, was sie können.

All zu viel Schaden können sie jedenfalls nicht anrichten, bestimmt keinen größeren jedoch als die FPÖ – im Gegenteil:

Mit dem Bindeglied NEOS, einer Partei, die wirtschaftspolitisch der ÖVP näher steht, gesellschaftspolitisch aber wohl eher den Grünen, könnte eine solche Koalition vielleicht neue Ideen und frischen Wind in die heimische Politik bringen.

Es geht mal wieder um das liebe Geld…

Die Nationalratswahl findet Ende September statt, die Parteien befinden sich aber bereits mitten im Wahlkampf – der scheinmoralisch aufgeladen ist wie kaum ein Wahlkampf zuvor.

Und es geht mal wieder um die wichtigste Sache der Welt. Nein, nicht um die Liebe. Um das liebe Geld.

Beinahe jede Partei wirft so gut wie allen anderen vor, bei den Kosten des letzten Wahlkampfs rechtlich unsauber agiert zu haben.

Die ÖVP hat die zulässige Höchstgrenze von 7 Mio. Euro mit Siebenmeilenstiefeln überschritten und rund das Doppelte (12,96 Mio.) von dem ausgegeben, was per Gesetz erlaubt wäre.

Die FPÖ hat die Obergrenze von 7 Mio. laut eigenen Angaben um 3,7 Mio. übertrumpft, die SPÖ „nur“ um 380.000.

Die Strafen, welche die Parteien für diesen Gesetzesbruch zahlen müssen, richten sich nach der Höhe des jeweils Differenzbetrags.

(Grüne, NEOS und Jetzt haben die Grenze übrigens nicht überschritten, ihre Wahlkampfbudgets haben sie gar nicht erst erreicht.)

Dass die SPÖ, die besonders lautstark die ÖVP kritisiert, selbst die Höchstgrenze nur knapp überschritten hat, könnte daran liegen, dass sie sich diverser Hilfskonstruktionen bediente, zum Beispiel parteiexterner Organisationen, die der SPÖ jedoch ideologisch nahestehen und Werbung für die Sozialdemokratie machen.

Die Frage, ob es prinzipiell problematisch ist, dass Parteien von Einzelpersonen oder Organisationen (z.B. Firmen) Finanzmittel in Millionenhöhe zur Verfügung gestellt bekommen, fällt in diesem „Jeder gegen Jeden“ unter den Tisch.

Die NEOS-Politikerin Irmgard Griss ließ in der ZIB 2 vom 11. Juli aufhorchen, als sie meinte, dass es doch eigentlich egal sei, wenn Parteien solch hohe finanzielle Zuwendungen erhalten würden. So lange die Wählerinnen und Wähler wüssten, wer eine Partei finanziert und wofür sie steht, obliegt es dem Volk, sie zu wählen oder eben nicht.

Diese Aussage, wie brisant auch immer sie aus demokratiepolitischer Sicht sein mag, ist nicht weiter überraschend, haben doch die NEOS mit Unternehmer Hans-Peter Haselsteiner einen Großspender an der Hand, der die seine schützend seit Anbeginn über das liberale Projekt hält und sein Füllhorn schon mehrmals über die Pinken ausgegossen hat.