Wenn schon schießen, dann scharf..!

Ein Amokläufer stürmt in eine deutsche Schule, erschießt mehr als ein Dutzend Menschen und tötet anschließend sich selbst. Die Waffe konnte er bequem von zuhause mitnehmen, hat sein Vater doch rund 15 Stück davon. Er ist schließlich „Sportschütze“.

Endlich, es war nur eine Frage der Zeit, schießen sich die österreichischen Parteien auf den einzigen Politiker ein, der öffentlich dafür eintritt, die Waffengesetze zu liberalisieren, um besonders gefährdeten Berufsgruppen, wie Ärzten (wieso eigentlich? Weil sie Racheakte im Zuge von Kunstfehlern befürchten müssten?), Trafikanten („Her mit den Tschik, sonst kracht ’s, und dann geben Sie mir noch an ganzen Lottoschein!“), Richtern (wahrscheinlich, weil die immer wieder im Falle von Fehlurteilen auf offener Straße von Angehörigen der Inhaftierten überfallen werden) und Polizisten (haben die nicht ohnedies eine Dienstwaffe?) Selbstschutz zu ermöglichen:

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache.

Dieser hat nach dem Amoklauf von Winnenden seine Haltung zum Thema „Waffenbesitz“ nur unmerklich nachkalibriert.

Für die ÖVP ist der bekennende Fan von Arnold Schwarzenegger schlicht ein „Möchtegern-Terminator“. Sehr lustig. Vor allem von einer Partei, die ein ausgewiesenes Naheverhältnis zu Upper Class-Hobby-Jägern und Waffenlobbyisten hat.

Dass das BZÖ seinem politischen Gottseibeiuns Strache keine Rosen für seine Ideen streuen würde, war zu erwarten. Für die Orangen ist der Blaue ein „politischer Amokläufer“, der Tote in Kauf nähme, um „einige Wählerstimmen zu erhaschen“. Dass schon ein harmloser VW Phaeton genügt, um aus einem volltrunkenen Autofahrer einen Mörder zu machen, hat man im zweiten ganz rechten Lager bereits wieder vergessen.

Für die SPÖ würden sich Straches Wortspenden gerade nach dem Vorfall in Deutschland „von selbst richten“ (eine interessante Wortwahl in Anbetracht des Amokläufers, der sich am Ende seines mörderischen Feldzuges selbst erschossen hat). Jägern, Sportschützen und Sammlern, die im Rahmen des Gesetzes agieren, zollen die Roten auch weiterhin ihren Respekt.

Selbst nach Ansicht der Grünen, die in Strache einen „Schutzpatron von potenziellen Amokläufern“ erkennen wollen, soll privater Waffenbesitz zwar insgesamt verboten, Jäger und Sportschützen von diesem Verbot jedoch ausgenommen werden.

Dass Polizisten und Jäger aus Berufsgründen über Waffen verfügen, ist wohl nicht zu vermeiden.

Aber warum, beim Heiligen Hubertus, muss es Waffensammler und Sportschützen geben? Man komme mir nicht mit dem berühmten Küchenmesser, das in den falschen Händen zur praktischen Mordwaffe werden kann. Zu welchem Zweck wurden Feuerwaffen denn erfunden? Jeder, der als „Sportschütze“ irgendwo, und sei es auf einem gesicherten Schießstand oder bei Wettkämpfen, damit herum ballert, jeder „Sammler“, der sich an der technischen Finesse von Waffen erfreut, hält Geräte in der Hand, die ursprünglich nur zu einem einzigen Zweck erfunden wurden:

Um jemand anderen damit zu töten.

Was für interessante Hobbys.

Fast so spannend wie das Spielen von Killerspielen.

Gott würfelt nicht?

Vor 200 Jahren kam der englische Theologe (welch‘ Ironie, dass er, das große Feindbild damaliger und auch noch vieler heutiger Theologen einer der Ihren war!) und Biologe Charles Darwin auf die Welt. Vor 150 Jahren erschien sein die bisherige Betrachtung der biologischen Welt radikal veränderndes Werk „Über den Ursprung der Arten“. Es ermöglichte jenen, die bereit waren, offenen Auges zu sehen, eine fundamentale Revision der bis dahin eingenommenen Perspektive.

Darwin ist für viele (hauptsächlich religiöse) Menschen noch immer ein Gottseibeiuns: Wir, die Menschen, die vermeintliche „Krone der Schöpfung“, das Ergebnis eines blinden Spiels von Zufall und Notwendigkeit, von Mutation und Selektion?

Eine unerträgliche Vorstellung!

Der Erfinder der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hatte wohl recht, als er Darwins Theorie als eine der drei großen Kränkungen der Menschheit (nach der durch die Wiederentdeckung des heliozentrischen Weltbildes durch Nikolaus Kopernikus und vor der durch seine eigene, Freuds Theorie über die Bedeutung des Unterbewusstseins) bezeichnete.

Dabei ist alles so einfach: Keine Artenvielfalt, ja kein ein einziges mehrzelliges Lebewesen (und damit uns selbst, die Menschen) gäbe es, hätte nicht zufällige Mutation durch Variation der ersten Einzeller beim Versuch, sich selbst durch idente Reduplikation zu vermehren, als „Fehler im System“ zugeschlagen.

Wer das einmal begriffen und die verführerische Vorstellung über Bord geworfen hat, die ganze Welt wäre von Anbeginn an auf unsere Entstehung ausgerichtet gewesen, sieht vieles klarer, ja natürlicher – auch die Entstehung und Entwicklung von kulturellen Erscheinungen wie etwa Ideologien und Religionen.

Auch sie entstehen durch „Mutation“ vorhandener Bestände, durch kreative Veränderung der jeweiligen Gegenwart. Ob sie sich halten können, hängt von den Rahmenbedingungen ihrer Zeit in ihrem Umfeld ab. Manche von ihnen werden selektiert und sterben aus – so wie das geozentrische Weltbild, das dem gegenteiligen Wissen über das Universum, das die neuzeitliche Naturwissenschaft zunehmend erwarb, eines Tages nicht mehr standhalten konnte.

Welche biologischen, aber auch geistigen Arten, also Ideen und künstlerische Hervorbringungen in der Zukunft entstehen und welche wieder vergehen werden, lässt sich nicht voraussagen. Aber dass sich alles verändert, die natürliche und die kulturelle Welt, ist offensichtlich. Wer das leugnet, sollte die eigenen Überzeugungen, den eigenen Wissensstand, die eigenen Einstellungen und ihren Wandel in der Zeit in den kommenden Jahren beobachten.

Charles Darwin hat die Welt um eine Idee reicher gemacht, die sich noch weiter entwickeln wird (nicht alle Detailfragen der Evolution sind bis zum heutigen Tag befriedigend geklärt). Ihre grundsätzlichen Mechanismen „Mutation“ und „Selektion“ sind jedoch unwiderlegt und werden von Natur- und Geisteswissenschaftern gleichermaßen für ihr jeweiliges Gebiet anerkannt.

Sprachloser Sturzflug

Was die Leistungen bzw. Nicht-Leistungen des AUA- sowie ÖIAG-Managements rund um den geplanten Verkauf der österreichischen Airline betrifft, so mögen diese von Wirtschaftsexperten beurteilt werden.

Zur Kommunikationsstrategie möchte ich aber doch gerne etwas anmerken:

Sie ist schlichtweg unprofessionell.

Die Wiener Börse teilte heute früh mit, dass die AUA-Aktien vorübergehend vom Handel ausgesetzt seien. Die offizielle Begründung: Eine „wichtige Mitteilung“ stünde bevor. Der wahre Grund dürfte aber viel eher darin liegen, dass die Aktien der Fluglinie gerade eben mehr als 30 Punkte verloren haben.

Ausgelöst wurde der rasante Kurs-Sturzflug wahrscheinlich durch den Doppel-Absprung mit dem Notfallschirm von Air France-KLM und der russischen S7. Ein weiterer Interessent an dem mit 900 Mio. Euro schwer verschuldeten Unternehmen, die Lufthansa, hat, auch wenn es wie ein böser Scherz klingt, verlauten lassen, den Kauf bestenfalls um einen einzigen symbolischen Euro zu tätigen. Die nun, wie es scheint ernsthaft (!), angedachte Alternative, den Staat einspringen zu lassen, klingt wie ein Hohn: Eine Fluglinie kauft sich selbst.

Wer die heutige Mitteilung zur AUA avisiert hat, ob das Management der Airline selbst oder gar die Holding ÖIAG, war nicht zu erfahren. Keiner der beiden wusste etwas von einer „wichtigen Mitteilung“. Schlimm genug, denn eigentlich müssten ja beide darüber zu berichten haben. Die aktuelle Situation kommentieren wollte man dann – erwartungsgemäß – auch nicht.

Schweigen, Mauern, geheimnisvolle Andeutungen –

Willkommen in der Provinzposse mit Namen „Österreich“..!

Die Frist für verbindliche Offerte mit Preisangabe läuft übrigens noch bis morgen, Freitag.

Vielleicht findet sich ja doch noch irgendein reicher Scheich, der „unserer“ AUA ein bisserl wohler gesonnen ist als der letzte und es schafft, sie wieder in luftige Höhen zu bringen.

Flieg Vogel, flieg…

Kreisverkehr

„Ich bin draufgekommen, dass es in meinem Leben Sachen gibt, die wichtiger sind, als mit dem Auto im Kreis zu fahren.“ Mit diesem in die Sportgeschichte Österreichs eingegangenen Sager beendete Niki Lauda am 28 September 1979 in Montreal seine Karriere als Formel 1-Pilot.

(Dass er zwei Jahre später wieder im Cockpit saß, tut hier nichts zur Sache.)

Seit heute Vormittag, 9:33 Uhr, blickt die ganze Welt Richtung Genf. Im CERN, einem physikalischen Grundlagenforschungszentrum, wurde ein Protonenstrahl auf die Reise geschickt: Auf eine „Fahrt“ durch einen 27 km langen, kreisförmigen Tunnel.

Der Teilchenbeschleuniger, wie das technische Monstrum auf Deutsch heißt, soll – nebst ein paar anderen wichtigen – diejenige Frage klären, ob das so genannte Higgs-Boson, ein bisher in seiner Existenz bloß postuliertes Elementarteilchen, tatsächlich existiert. Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik benötigt das „Higgs“, um den übrigen Teilchen Masse zu verleihen.

Und wozu brauchen wir das? fragen Zweifler an der Sinnhaftigkeit des enormen, nicht zuletzt finanziellen Aufwandes für die Suche nach einem, falls denn überhaupt vorhandenen, klitzekleinen Teilchen. Wäre das Geld nicht besser eingesetzt, wenn damit der Hunger in der Welt verringert, die medizinische Versorgung der Bewohner armer Länder ausgeweitet oder zumindest ihre Ausbildungsmöglichkeiten verbessert würden?

Abgesehen von der nicht gerade unbedeutenden Tatsache, dass ein nicht gefundenes Higgs-Boson das aktuelle physikalische Weltbild zum Einsturz und Physiker aller Herren Länder dazu bringen würde, Haare raufend nach einem neuen Modell zu suchen, wäre der unmittelbare Nutzen für Otto Normalverbraucher auf den ersten Blick wirklich nicht ersichtlich.

Aber so ist das nun einmal mit der Wissenschaft: Die meisten von uns, die wir vielleicht (noch) nicht verstehen, worum es bei solch anspruchsvollen Experimenten überhaupt geht, werden früher oder später von ihren Ergebnissen und den daraus abgeleiteten Anwendungen profitieren. Das zumindest zeigt die bisherige Wissenschafts- und Technikgeschichte der Menschheit – trotz aller Negativa, die der Fortschritt mit sich gebracht hat und wohl auch in Zukunft mit sich bringen wird.

„Kein Nutzen ohne Schaden“ lautet das entsprechende Credo all jener, die das Glas des menschlichen Wissens und Könnens lieber halb voll sehen möchten als halb leer.

Dass die geplante Kollision der Elementarteilchen auch Licht in den „Ursprung des Universums“ bringen könnte, ist ungleich spannender und sollte auch von Nicht-Physikern in ihrer Bedeutung für das Selbstverständnis der Menschheit nicht unterschätzt werden.

Es gibt also tatsächlich „Fahrten im Kreis“, die ziemlich wichtig sind.

Berg heil..?

Ich liebe die Berge. Und das Bergsteigen. Obwohl: Bergsteigen sollte ich es nicht nennen, denn ich gehe ohne Seil und schlage auch keine Befestigungshaken in den Fels. Das wäre mir dann doch ein wenig zu steil – im wahrsten Sinne des Wortes…

Nein, eigentlich meine ich Bergwandern. Aber immerhin bin ich dabei oft mehrere Stunden unterwegs. Meine längste und zugleich schönste Tour dauerte ca. 12 Stunden.

Eben weil ich die Berge liebe, verstehe ich die Faszination, die von ihnen ausgeht. Auch weiß ich, dass Menschen gerne versuchen, ihre eigenen Grenzen auszuloten und bis „ans Äußerste“ zu gehen. Dass sie dies in jeder dazu geeigneten Umgebung versuchen, also auch „am Berg“, liegt in der Natur der Sache. Denn wo, wenn nicht auf den höchsten Gipfeln dieser Welt, kann man schon bis „ans Äußerste“ gehen?

Bei all meinem Verständnis für die Liebe zum Berg und die menschliche Besessenheit, sich selbst besiegen zu wollen, kann ich aber dort nicht mehr mitgehen, wo Menschen aus eitlem Wahn ihr eigenes Leben oder das anderer gefährden.

Worin besteht die Faszination, bei Schnee und Eis und Temperaturen unter null Grad auf die Zugspitze zu laufen und dabei den Tod durch Erschöpfung zu riskieren? Was ist so reizvoll daran, den 8125 Meter hohen Nanga Parbat zu besteigen und dabei womöglich schwere Erfrierungen oder den Sturz in eine Gletscherspalte in Kauf zu nehmen? Sind all jene Skifahrer und Snowboarder tatsächlich Analphabeten, welche jedes Jahr aufs Neue die Schilder „Lawinengefahr“ ignorieren und ins unbefestigte Gelände fahren, wo sie von einem Schneebrett verschüttet werden können?

Nein, hier stößt mein Verstand an eine fundamentale Grenze. Nicht unbedingt deshalb, weil mir das bewusste sich selbst in Gefahr Bringen als veritabler Selbstmordversuch erscheint.

Wer sterben will, sollte das Recht und die Möglichkeit dazu haben.

Aber dass dadurch andere Menschen, hier in Gestalt von Bergrettern, gefährdet werden, halte ich für den Gipfel der Frechheit aller so genannten Selbstbezwinger. Wie kommen Menschen, die sich niemals freiwillig in derartige Gefahrensituationen begeben würden, dazu, die unzähligen Dummköpfe retten zu müssen, die in ihrem Wahn und ihrer Eitelkeit glauben, „es“ alleine zu „schaffen“?

Erst den „starken Mann“ markieren und dann gleichsam nach der „Mami“ um Hilfe zu rufen, ist ziemlich unmännlich. Dann lieber gleich zuhause bleiben.

Oder noch besser: Das eigene Leben dabei riskieren, möglichst vielen Menschen zu helfen, die unfreiwillig (durch Kriege, Naturkatastrophen, Krankheiten) in Not geraten sind. Das wäre doch eine echte Herausforderung, eine, die anzunehmen und zu bestehen auch mir hohen Respekt abnötigen würde – höher als der höchste Gipfel dieser Erde.

Berg heil..!

Göttliche Banane

Daniel Dennett ist ein US-amerikanischer Professor für Philosophie an der Tufts University in Medford, Massachusetts. Seine Vorträge und Diskussionen, die auch über youtube abgerufen werden können, sind perfekte Inszenierungen.

Die PowerPointPräsentationen, die Dennett dabei verwendet, sind hervorragende Beispiele für die goldene Regel im Kommunikationsgeschäft „weniger ist mehr“. Sparsam mit geschriebenen Worten, dafür mit umso mehr Bildern veranschaulicht der Professor seine Überlegungen.

In einem Vortrag, in welchem sich der bekennende Atheist über das Konzept des „intelligent design“ lustig macht, zeigt er das Foto einer Banane. Dabei erklärt er, dass diese Frucht das perfekte Beispiel für „intelligent design“ sei. Sie wäre ideal auf die Bedürfnisse des Verbrauchers Mensch eingestellt:

  • Farbcodierung für den Konsum (grün = unreif, noch nicht genießbar! Gelb = zum Verzehr geeignet! Braun = Achtung, besser nicht mehr essen!)
  • Leichte Schälbarkeit anhand der Aufrisslasche oben und der Perforation an den Seiten.
  • Perfekte Form zur leichteren Einführung in den Mund.

Natürlich ist Daniel Dennett ein Spötter, der sich über seine weltanschaulichen Widersacher lustig macht. Aber er tut dies auf eine sehr bildhafte und plakative Weise. Daher bleiben seine Beispiele und das, was er damit sagen will, im Gedächtnis hängen – so funktioniert erfolgreiche Kommunikation..!

Redseligkeit

„Ein so redseliges Vis-à-vis hat man selten.“ So beschreibt Oberstleutnant Thomas Stecher von der Kriminaldirektion 1 den Akademiker, der seine Frau, seine Tochter, seine Eltern und seinen Schwiegervater mit einer Axt ermordet hat.

Das Motiv: verspekuliertes Geld, finanzieller Ruin und die Scham über sein Versagen.

Der Täter wollte seiner Familie die Schande ersparen, einer Familie, in der Arbeit, Fleiß und Erfolg die fundamentalen Tugenden seien.

Warum ein Mensch, der von der Polizei beim Verhör als „redselig“ wahrgenommen wird, es in seinem gesamten bisherigen Leben nicht geschafft hat, mit den Menschen, die er liebt, offen über sich und seine Probleme zu reden, bleibt – vorerst – sein Geheimnis.

Netz-Café

Der Duft frisch gebrühten Kaffees und verführerisch leckerer Mehlspeisen liegt in der Luft. Papier knistert in den Händen schweigend in ihre Lektüre vertiefter Gäste. Hier und da ein Lachen, ein paar Wortfetzen, die sich mit dem „Klink-Klink“ abwechseln, das vom Schlagen eines Mokkalöffelchens oder einer Gabel gegen Tassen und Teller gleichsam aus dem Nichts in den Raum hinein erfunden wird.

Die Atmosphäre eines echten Wiener Kaffeehauses lässt sich nicht künstlich erzeugen oder virtuell nachbilden. Das Gefühl, eine Zeitung aus „Fleisch & Blut“, also aus Papier & Druckerschwärze, in Händen zu halten, ihren Geruch tief in sich einzusagen, vor und zurück zu blättern, ist einzigartig. Hier stößt unsere atemlose, beinahe unentrinnbar schnelle Gegenwart an die Grenzen eines geheimen Reiches freiwilliger Langsamkeit – und prallt an ihr ab.

Wenn ich gefragt werde, was ich an Wien liebe, so muss ich nicht lange nachdenken. Und dennoch gestehe ich: Auch ich kann der modernen Zeit nicht ganz entrinnen, will es auch nicht, da es einiges zu entdecken gibt im weltweiten elektronischen Netz, das es lohnt, „fremd zu gehen“.

Mein „Liebling“ ist

www.zeit.de

die Online-Version der wohl umfangreichsten Zeitung im deutschsprachigen Raum. Nicht, dass die „echte“ Zeit auch nur ansatzweise durch ihre kleine, elektronische Schwester ersetzt werden könnte. Aber immer wieder findet der ziellos umher flanierende Leser Geschichten, Hintergründe, Analysen und Schwerpunkte, die es rechtfertigen, sich hier auf zu halten. Übrigens: Ich glaube, mein „Apple“, mit dem ich mir die „Zeit“ von Zeit zu Zeit ins Haus hole, wiegt nur unmerklich weniger als die Originalausgabe aus Papier…

derstandard.at

ist bestimmt eine der attraktivsten „Seiten“ des Internet – aus Österreich. Informationen, Hintergrundstorys, Kommentare – wenn der Papier-„Standard“ nicht so gut in der Hand läge und sich durch seine lachsfarbene Andersartigkeit vom Rest der heimischen Medienwelt abheben würde, wäre ich versucht, zu sagen: Mir genügt die Internet-Version. Die kann ich weltweit lesen und fühle mich sofort zuhause – mit allen Vor- und Nachteilen dieser multimedialen „Heimatverbundenheit“…

teletext.orf.at und www.orf.at

Na klar, das musste ja kommen. In einem Land, wo der ORF – trotz diverser in- und ausländischer „Privater“ – nach wie vor ein fragwürdiges Monopolistendasein führt, komme auch ich nicht ganz umhin, mich seiner Angebote zu bedienen. Die Farbcodierung der ORF-Site ist einfach praktisch, das lässt sich nicht leugnen. Wer mehr, sprich: tiefer gehende Informationen sucht, darf hier natürlich nicht Halt machen. Die Online-Version des Teletext hat den Vorteil, dass sie knapp, also prägnant daher kommt und eine höhere Aktualität in kürzerer Zeit erreicht, sprich: Hier erfahre ich ziemlich am schnellsten, was sich in den letzten Minuten verändert hat. Wahrscheinlich liegt das daran, dass die „copy/paste“-erfahrenen Redakteure zwei Browserfenster neben einander offen haben: Ihr eigenes und dasjenige der APA…

Zurück ins „Ausland“:

Mit der elektronischen Version der „Neuen Zürcher“

www.nzz.ch

sympathisiere ich vor allem wegen der „Dossiers“ und Hintergrundberichte. In Zeiten, wo die Geschwindigkeit von Sein und dem darüber Nachdenken erschreckende Ausmaße annimmt, finde ich es anziehend anarchistisch, wenn ein Online-Medium wagt, Texte ins Netz zu stellen, für deren Lektüre man länger braucht, als für den Verzehr einer Mozartkugel – oder meinetwegen eines einzelnen Gipfels einer Toblerone…