Leben ist lebensgefährlich

Corona ist noch nicht überwunden, die Infektionszahlen steigen wieder, auch in Österreich.

Doch bereits jetzt machen Menschen – vor allem viele junge – Party.

Der Sommer ist da, der Alkohol fließt in Strömen, die Hormone sowieso.

Wer jung ist, will das Leben genießen, wie könnte man das den Menschen verübeln?

Die Frage, wer für wen auf was verzichten sollte bzw. muss, ist keine leicht zu beantwortende.

Das Argument mit der Wirtschaft, die vor die Hunde geht und damit uns alle in den Abgrund zieht, ist eines, das rund um den so genannten „Lockdown“ zu hören war.

Es ist m.E. legitim.

Doch ist es nicht ebenso zulässig, dass Menschen, vor allem junge, die – statistisch betrachtet – durch Corona weniger gefährdet sind als Mitglieder von Risikogruppen (z.B. Alte), ihr Leben in vollen Zügen leben, sprich: ungehindert genießen wollen?

Dass eine dieser Gruppen von der anderen totale Askese fordert, ist jedenfalls schwer zu begründen.

Das Leben geht weiter und der Tod wird immer ein Bestandteil davon sein.

Totale Sicherheit kann es niemals geben.

Wer sie möchte, muss sich in einen Atombunker setzen.

Aber einen solchen Rückzug kann er nicht allen anderen Menschen verordnen.

Wir sollten uns einen „modus operandi“ überlegen, wie wir die berechtigten Interessen aller Gruppen in diesem Spiel am besten in Einklang bringen können.

Schwarz-Grün ist die Hoffnung?

Ein leichter Überhang zugunsten Frauen bei den Regierungsposten – wer hätte das gedacht?

Die neue Regierung, seit Anfang des Jahres 2020 in Amt und Würden, überrascht ihr Volk bereits zu Beginn mit einer freiwilligen Quote.

Was kann da noch schiefgehen?

Nun, dass die Ehe zwischen ÖVP und Grünen keine Liebesheirat ist, darf man als gegeben annehmen. Trotzdem könnte sich das Experiment als ein spannender Versuch erweisen, gegensätzliche Positionen unter einen Hut zu bekommen.

Dass die SPÖ an diesem Experiment nicht teilnehmen darf, ist nicht weiter verwunderlich. Sieht man von den Personaldebatten rund um die Parteispitze und anderen Querelen (Stichwort „Parteischulden“) ab, muss man wohl zugeben, dass eine „sozialdemokratische Partei“ im Österreich des Jahres 2020 ihre Existenzberechtigung eingebüßt hat.

Wir befinden uns nicht im England des 19. Jahrhunderts. Heute kann prinzipiell jeder Mensch in diesem Land jede beliebige Ausbildung machen, jeden beliebigen Job ergreifen, sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten.

Die drängendste Frage der Zeit ist nicht die soziale, es ist die ökologische.

Und ganz egal, ob und, falls ja, wie sie sich beantworten lässt, gestellt werden muss sie in jedem Fall.

Dass die Ökonomie auf diese Frage eingehen und sich an ihr abarbeiten muss, scheint unabweisbar. Insofern macht es Sinn, dass die Wirtschaftspartei Österreichs eine Koalition mit der Umweltpartei Österreichs eingeht.

Ob diese Zusammenarbeit zu einer Reihe fauler Kompromisse führen wird, durch welche der Juniorpartner an die Wand und seine Themen erdrückt werden, wird sich zeigen.

Eine solche Zusammenarbeit wenigstens zu versuchen, ist nicht nur legitim, sondern auch aus demokratiepolitischer Sicht klug.

Die ÖVP kann viel verlieren, aber auch einiges gewinnen, vor allem moralische Statur, was sie nach dem Debakel mit der FPÖ dringend benötigt.

Die Grünen können zeigen, dass sie nicht nur als theoretisierende Opposition auf Bundesebene, sondern auch an den Hebeln der Regierungsmacht ihren Wert treu bleiben. Zugleich müssen sie es in der Realität wohl etwas billiger geben als in den rein hypothetischen Debatten, in denen sie bisher ihre Ideale ausschließlich auf dem Papier verwirklich konnten.

Das mag den hehren Zielen der Grünen eine gewisse Einschränkung auferlegen, doch Politik ist bekanntlich die Kunst des Möglichen.

Möglich ist alles, lassen wir uns davon überraschen, was davon Wirklichkeit wird!

Liebesgrüße aus Moskau

Schon wieder Russland.

Diesmal: Wladimir Putin kommt nach Österreich.

Das wäre per se nichts Außergewöhnliches, hat der russische Präsident dies doch schon öfters getan und dabei Politiker (fast) jeder Couleur getroffen.

Doch der Grund seiner aktuellen Reise ist – zumindest aus Sicht jener, die ihn eingeladen hat – kein politischer.

Karin Kneissl, die Außenministerin der ÖVP/FPÖ-Regierung, hat, vielleicht bloß aus Höflichkeit so dahingesagt, eine Einladung zu ihrer Hochzeit an Putin ausgesprochen.

Und der hat sie angenommen.

Ob es gut war, den russischen Präsidenten während der Zeit der EU-Ratsvorsitzes Österreichs „privat“ einzuladen, wird derzeit quer durch sämtliche Medien des Landes diskutiert.

Der Grundtenor dabei:

Nein, es war wohl eher nicht so eine gute Idee.

Putin steht, m.E. berechtigter Weise, im Zentrum von Kritik, die sich aus unzähligen Fällen seiner eher autoritären Außen- (Stichwort „Ukraine“) sowie Innenpolitik (Stichwort „Homosexuellen-Rechte“) speist.

Innerhalb der EU ist Putin, obgleich als Lieferant von dringend benötigtem Erdgas zähneknirschend geduldet, derzeit das, was man eine „heiße Kartoffel“ nennt: Niemand will sich, wenn es sich vermeiden lässt, die Finger an ihm verbrennen.

Dass nun ausgerechnet die österreichische Außenministerin den russischen Präsidenten zu ihrer Hochzeit einlädt, hat zumindest eine etwas schiefe Optik – die wahrscheinlich vermeidbar gewesen wäre und mit Sicherheit vermieden hätte werden sollen.

Russische Revolution!

Rund sechs Jahre ist es her, dass die russische feministische, regierungs- und kirchenkritische Punkrock-Band Pussy Riot ihren berüchtigten Auftritt in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale absolviert hat.

Die Aktion war ein Protest dagegen, dass der Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche, Kyrill I., Wladimir Putin bei den Präsidentenwahlen unterstützt hatte.

Die gegenseitige Stützung von weltlicher und kirchlicher Macht ist schon per se problematisch, in einem Land wie Russland, das eine bedeutende geopolitische Rolle spielt und immer wieder wegen Verstößen gegen Menschenrechte in der Kritik steht, ist sie noch viel problematischer.

Die Mitglieder von Pussy Riot wurden nach ihrer Aktion inhaftiert und traten während ihres Gefängnisaufenthalts in Hungerstreik ein.

Am 7. Februar 2013 reichten sie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen Russland wegen Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention ein.

Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zugunsten der Frauen entschieden:

Russland muss mehrere tausend Euro Schmerzensgeld an die Bandmitglieder zahlen.

Das Urteil kommt zur richtigen Zeit:

Beim Finale der Fußball-WM liefen vier Mitglieder von Pussy Riot mit Polizeiuniformen bekleidet über das Spielfeld, um gegen die Inhaftierung politischer Gefangener in Russland zu protestieren.

Unter Freunden

Als Edward Snowden als Whistleblower antrat und den gesamten Umfang der Spionage-Tätigkeiten der USA aufdeckte, staunte die Welt nicht schlecht.

Dass ein Land das andere ausspioniert, war dabei nicht die große Überraschung.

Denn dass es Geheimdienste gibt und es deren Job ist, im Geheimen Informationen über andere Länder zu sammeln, ist uns allen klar.

Es waren mehr der Umfang und die Ziele der US-amerikanischen Spionage, welche den Europäern und nicht zuletzt den Deutschen kalte Schauer über den Rücken laufen ließen.

Warum sollten die USA ausgerechnet Deutschland ausspionieren, ein westlich orientiertes Land, NATO-Mitglied und definitiv kein Feind der Amerikaner?

„Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht.“ wollte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den damaligen US-Präsidenten Barack Obama am Telefon gerügt haben.

Und jetzt das:

Deutschlands BND (Bundesnachrichtendienst) hat ab 1999 mehrere Ziele in Österreich überwacht, darunter im Außen-, Innen-, Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium und im Bundeskanzleramt.

Unter Beobachtung standen aber auch internationale Organisationen wie die UNIDO, die OPEC, die OSZE, die IAEA sowie mehrere andere, teils nationale, teils fremde Institutionen und Einzelpersonen.

Standen?

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige dieser Ziele immer noch ausspioniert werden.

Frau Merkel, ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht!

Wa(h)re Lüge(n)..?

Es war schon immer so:

Die Wahrheit kann genau so Mittel zum Zweck sein wie die Lüge.

Wer sich ehrlich gibt (und es auch tatsächlich ist), kann damit erfolgreich sein. Langfristig auf Ehrlichkeit zu setzen, zahlt sich nachweislich aus.

Kurzfristig gelingt es zwar auch, mit Lügen (oder wenigstens gezielten Auslassungen) Erfolg zu haben – vor allem ökonomischen (aufgebauschte Geschichten können den Verkauf von z.B. Zeitungen ankurbeln).

Doch im Mediengeschäft, genauer gesagt: im Geschäft mit Nachrichten zählen Fakten und Vertrauen, das auf Wahrheit beruht, die Journalistinnen und Journalisten einzig und allein präsentieren sollten.

Wenn ein Medium Fehler macht: schlimm genug. Wenn man es dabei ertappt zu lügen, also vorsätzlich Falschmeldungen zu verbreiten, kehrt man ihm irgendwann den Rücken zu, denn schließlich könnte man selbst eines Tages unter den Belogenen zu finden sein. Und niemand lässt sich gerne belügen.

Um Medien auf ihre Seriosität im Umgang mit der Wahrheit zu überprüfen bedarf es vor allem einer Tugend:

Der Bereitschaft, es nicht bei der Rezeption eines einzigen Mediums zu belassen. Wer wissen will, ob er belogen wird, sollte möglichst viele verschiedene Medien konsumieren und sich darüberhinaus auch noch intensiv mit seiner Allgemeinbildung befassen.

Angelogen werden kann man nur, wenn man keine Ahnung hat, wenn man nichts weiß von der Welt. Bildung schützt nicht zu 100 Prozent davor, einem Lügner auf den Leim zu gehen, aber sie reduziert das Risiko erheblich.

Wir können nicht alle Nachrichten selbst auf ihre Korrektheit hin überprüfen. Aber wir können jede neue Information mit all dem vergleichen, was wir bereits wissen und so gut wie möglich – idealer Weise persönlich – überprüft haben.

Unter der Haube

Die Diskussion ist spannend – und brisant:

Soll Österreich per Gesetz junge Musliminnen dazu zwingen dürfen, in der (öffentlichen) Schule kein Kopftuch zu tragen?

Rechte und Linke kommen sich bei dieser Frage ziemlich nahe:

Dass die FPÖ und jene, die mit ihren Ansichten sympathisieren, ein Kopftuchverbot für legitim und notwendig erachten, leuchtet ein, doch auch für viele aufgeklärte Linke scheint ein solches Verbot legitim, also aus ethischer Sicht argumentierbar zu sein.

Die Annahme lautet, unter Rechten und Linken übereinstimmend:

Es darf nicht sein, dass Minderjährige gegen ihren Willen in eine bestimmte Weltanschauung hinein gezwungen werden – zumindest nicht in öffentlichen Schulen. Dort wenigstens sollten die jungen Mädchen die Chance haben, Säkularität zu erfahren und zu leben und nicht die Leibeigenen ihrer männlichen Verwandten zu sein, die ihnen vorschreiben zu dürfen glauben, wie sie sich zu kleiden haben.

Doch spätestens an dieser Stelle gerät das Argument mit sich selbst in Widerspruch.

Wer Menschen dazu zwingen will, sich bestimmte Kleidungsstücke NICHT anzuziehen, weil er damit verhindern will, dass sie dazu gezwungen werden, bestimmte Kleidungsstücke zu tragen, tut genau das, was er zu bekämpfen vorgibt.

Das ist bereits aus logischen Gründen problematisch, doch auch aus ethischer Sicht ist es unseriös, weil Freiheit, wenn überhaupt, nur durch das Angebot der freien Wahl erreicht werden kann.

In unserer auf weite Strecken ziemlich offenen Gesellschaft dürfen wir selbstverständlich darauf Wert legen, dass Menschen keinen irreversiblen (physischen, aber auch psychischen) Schaden durch andere Menschen, und seien es auch die eigenen Eltern, erfahren.

Der Beweis, dass der von den Eltern erwirkte „Zwang zum Kopftuch“ die jungen Mädchen irreversibel in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stört, ist m.E. bisher nicht wirklich erbracht.

Im Unterschied zur Beschneidung bei Buben (im Judentum und im Islam) und der Genitalverstümmelung bei Mädchen, die beide irreversibel und schmerzhaft (und somit potenziell traumatisierend) sind, verhält es sich anders.

Doch wer Eltern das Recht nehmen will, ihre Kinder nach ihren eigenen Werten zu erziehen, lehnt sich zu weit aus dem Fenster und opfert jene Freiheit, für die er einzutreten vorgibt, der eigenen Intoleranz.

Ich selbst bin seit meinen frühen Teenager-Jahren Atheist, obwohl ich nicht nur in einer katholischen Familie aufgewachsen, sondern auch acht Jahre lang in eine katholische Privatschule gegangen bin. Eine Zeit lang war ich sogar Ministrant.

Meine weitere Persönlichkeitsentwicklung war von ganz unterschiedlichen Menschen und Faktoren geprägt, die Möglichkeit, als gläubiger Mensch oder als Atheist zu leben, hatte ich stets, entsprechende Vorbilder gab es zuhauf. Als (kleines) Kind zwangen meine Eltern mich mehr oder weniger, regelmäßig in die Kirche zu gehen. Durch meine Schule war ich ebenfalls dazu verpflichtet, regelmäßig zur Beichte zu gehen und die Kommunion zu empfangen, weil ich, bei Verweigerung, von der Schule (die nur ca. 1,3 km von meinem Elternhaus entfernt lag) verwiesen worden wäre.

Diese „Indoktrination“ hat nicht funktioniert. Im Gegenteil: Sie hat wohl eher (neben meinem frühen Kontakt mit philosophischen Büchern, die mich zum kritischen Nachdenken geführt haben) zu einer gewissen Aversion und zum Widerstand geführt und mich schließlich dazu gebracht, meine religiöse Sozialisation hinter mir zu lassen.

Eine offene Gesellschaft, die Eltern erlaubt, ihre Kinder religiös zu erziehen, in der aber auch andere (z.B. atheistische, liberale, sozialdemokratische) Lebensmodelle angeboten werden, ist m.E. die beste Garantie dafür, dass Menschen ihren eigenen Weg finden und beschreiten.

Der Zwang zum einzig wahren Fühlen, Denken, Handeln hingegen verwandelt unsere offene in eine geschlossene Gesellschaft.

Ich lehne ein Kopftuchverbot ab.

Bad vibrations

95.000,- Euro – so viel Geld kann man verdienen, wenn man eine Dienstleistung verkauft, die niemand sehen, hören, fühlen, riechen oder schmecken kann.

Vorausgesetzt, man findet einen Dummkopf, der einem glaubt. Und davon dürfte es leider einige geben.

Jener „Bewusstseinsforscher“, dem es gelungen ist, der Projektverantwortlichen des Krankenhauses Nord eine „energetische Reinigung“ anzudrehen – auf Kosten der Wienerinnen und Wiener, die mit ihrem Steuergeld diesen Hokuspokus finanzieren -, darf sich glücklich schätzen.

Er hat „seinen“ Dummkopf gefunden.

Dass diese Geschichte kein Einzelfall sein dürfte, davon kann man getrost ausgehen.

Welche Leichen der Dummheit, von denen wir vielleicht nie erfahren werden, haben öffentliche Einrichtungen noch im Keller liegen?

Es ist beängstigend, wie leichtfertig mit Steuergeld umgegangen wird.

Noch viel übler ist es jedoch, wenn damit nachweislich Schwachsinn finanziert wird.

Dass die Höhe des Betrags für die „energetische Reinigung“ jene Grenze, ab welcher ein Auftrag der öffentlichen Hand ausschreibungspflichtig wäre – 100.000,- Euro -, haarscharf unterschreitet, dürfte wohl auch kein Zufall sein.

Vielleicht ist der Auftrag ja doch nicht aus Dummheit zustande gekommen, sondern aus Freunderlwirtschaft?

Ich bin mir nicht sicher, welche der beiden möglichen Erklärungen die schlimmere ist.

Quis custodiet ipsos custodes..?

Die britische Hilfsorganisation Oxfam ist in die Kritik geraten.

Angeblich sollen Oxfam-Mitarbeiter Sexpartys mit Prostituierten in Haiti und im Tschad veranstaltet haben. Helen Evans, eine frühere Managerin von Oxfam, gab dem britischen Fernsehsender „Channel 4“ gegenüber an, dass Oxfam-Mitarbeiter Frauen zu Sex gezwungen haben sollen – als Gegenleistung für Hilfe in Not.

Wo Menschen im Einsatz sind, menschelt es, keine Frage. Doch gerade eine Organisation, die ihre Arbeit mit großer moralischer Geste, mit permanent erhobenem Zeigefinger durchzuführen vorgibt, sollte besonders strenge Maßstäbe an sich selbst und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlegen.

Dass die Art der „Beweisführung“, welche Oxfam immer wieder in Bezug auf die Problematik von „Armut & Reichtum“ verwendet, schon öfters in die Kritik geraten ist, bekommt durch Skandale wie die oben genannten, eine besondere Brisanz.

Wie soll die Öffentlichkeit einer Organisation vertrauen, die behauptet, sich für Gerechtigkeit in der Welt zu engagieren, dabei aber methodisch unsauber handelt und darüber hinaus auch noch selbst an jener Ausbeutung beteiligt ist, die sie – in der Theorie – kritisiert?

Es drängt sich nicht nur die Formel vom „Wasser predigen und Wein trinken“ auf, sondern auch die Frage:

Wer wacht eigentlich über die Wächter?

Alles auf Anfang

Das neue Jahr steht kurz bevor und die neue, schwarz-blaue Regierung ist bereits angelobt.

Ob sie das Land zum Besseren führen oder ins soziale Chaos treiben wird, darüber streiten sich die Kommentatoren noch.

Da ich mich selbst als Liberalen verstehe, habe ich keine der beiden Parteien gewählt, weil sie mir beide, aus unterschiedlichen Gründen, unsympathisch sind und, jede auf ihre Weise, eine gewisse Art des Illiberalismus verkörpern.

Mit der FPÖ kann ich prinzipiell nichts anfangen, weil mir ihre allgemeine Haltung, sich auf (vermeintliche oder tatsächliche) Probleme zu konzentrieren anstatt auf Lösungsvorschläge, kontraproduktiv erscheint.

Darüberhinaus ist mir ihre mehr oder weniger offen zur Schau getragene reaktionäre und teils unverblümt rassistische Haltung höchst unsympathisch.

Obwohl mir die ÖVP ökonomisch sympathisch ist und mir weit weniger reaktionär zu sein scheint als die FPÖ, kann ich mit dem „katholischen Mief“, mit dem sie trotz ihres jungen Parteichefs imprägniert zu sein scheint, nichts anfangen.

Was spricht im Jahr 2017, um nur ein einziges, sehr plakatives Beispiel zu nennen, dagegen, die „Ehe“ für alle, also heterosexuelle und homosexuelle Paare freizugeben?

Welchem heterosexuellen Paar nimmt ein homosexuelles, das sich trauen lässt, dadurch etwas weg?

Doch dieses Beispiel steht m.E. stellvertretend für eine prinzipiell konservative Haltung, die für einen Liberalen wie mich inakzeptabel ist.

Ich bin vorsichtig skeptisch, aber nicht panisch pessimistisch, wie sich Österreich unter den beiden rechten Parteien verändern wird.

Zwischen Ungarn, das gerne zum Vergleich herangezogen wird, und Österreich liegen Welten.

Es gibt eine starke linke und (links)liberale Opposition, zahlreiche kritische Intellektuelle und Medien, Österreich ist durch die Bedeutung, die es als Standort diverser internationaler Organisationen und als Tourismusland hat, sowie durch seine Mitgliedschaft in der EU, relativ ungefährdet, in eine rechte bzw. rechtspopulistische Quasi-Diktatur zu mutieren.

Dass es in einer Demokratie möglich sein muss, auch einmal eine Politik auszuprobieren, die etwas liberaler, meinetwegen „rechter“ ist als die bisherige, sollten wir mit Fassung tragen.

Wenn sich diese Politik als Irrtum herausstellt, können wir sie in fünf Jahren wieder abwählen.