Der Zweck heiligt die Mittel. Heiligt der Zweck die Mittel?

Beim G20-Gipfel in Hamburg haben Linksautonome schwere Sachbeschädigung verursacht, indem sie Autos angezündet und Schaufenster eingeschlagen haben.

Dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind, dürfte eher dem Zufall zu verdanken sein als der Intention, denn schwarz vermummte Gestalten („Schwarzer Block“) warfen auch von Hausdächern im Schanzenviertel Steine nach unten.

Vielen Linksintellektuellen fällt es schwer, sich von linker Gewalt zu distanzieren.

Während sie – zu Recht – Gewalt von rechts verurteilen, scheinen sie bei derjenigen aus ihrer eigenen politischen Richtung ein Auge zuzudrücken.

Woran liegt das?

Aus der Sicht vieler Linker ist die Welt ungerecht, beherrscht von den Mächten des Kapitalismus, die Menschen sind dem Neoliberalismus ausgeliefert.

Gegen diese – vermeintlichen – Missstände darf und soll revoltiert werden, so die Ansicht der Linken, notfalls auch mit Gewalt.

Doch ist Gewalt prinzipiell abzulehnen, ganz egal, mit welcher politischen Legitimation sie daherkommt.

Und zwar zunächst einmal deshalb, weil sie meistens nicht präzise jene trifft, die für das – angebliche – Leid der Welt unmittelbar verantwortlich gemacht werden.

Was können die Anrainer des Hamburger Schanzenviertels dafür, dass der mächtigste Mann der Welt, der neue US-Präsident, Donald Trump heißt und sich nicht um den Klimawandel oder die – vermeintliche – Ausbeutung der so genannten Dritten durch die sogenannte Erste Welt schert?

Ist jedes Auto, das in Brand gesteckt wurde, im Besitz eines „Kapitalisten“ oder könnte es nicht sein, dass das eine oder andere einem hart arbeitenden „Proletarier“ gehört hat?

Ist es gut, wenn Schaufenster von Geschäften eingeschlagen werden, in welchen Menschen arbeiten, weil sie arbeiten müssen, um sich ihr Leben leisten zu können?

Doch selbst wenn man die – vermeintlichen – Übeltäter, die Verursacher allen Leides auf dieser Welt, präzise identifizieren könnte:

Ist Gewalt das richtige Mittel, um sie von ihrem Tun abzubringen?

In der aktuellen Ausgabe des deutschen Wochenmagazins „Der Spiegel“ findet sich sinngemäß folgende Aussage:

Das Anzünden eines Autos stoppt nicht den Kapitalismus, ganz im Gegenteil: Es fördert ihn, weil es zum Kauf eines neuen Autos führt.

Eine Frage, welche sich die Linksautonomen vom G20-Gipfel in Hamburg und ihre intellektuellen Sympathisanten unbedingt stellen sollten, bevor sie das nächste Mal – in Gedanken, Worten und Werken – zur Tat schreiten:

Ist die Welt tatsächlich so schlecht, wie wir glauben?

Oder könnte es nicht sein, dass der Kapitalismus, trotz aller Vorwürfe, die man ihm zurecht machen kann (Stichwort „Umweltverschmutzung“), der Menschheit unterm Strich mehr Vorteile als Nachteile gebracht hat (und immer noch bringt)?

Ein kleiner Lektüre-Tipp an dieser Stelle:

Guido Mingels, „Früher war alles schlechter“

2017 meets 1983

Die SPÖ hat schon einmal mit der FPÖ koaliert – von 1983 bis 1986, unter Fred Sinowatz (SPÖ).

Sein damaliger Partner bei der FPÖ: Norbert Steger.

1986 kam die „Waldheim-Affäre“, durch die auch Jörg Haider nach oben gespült wurde und die Macht in der FPÖ übernahm.

Dem neuen SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky, der auf Fred Sinowatz folgte, waren die „Blauen“ suspekt genug, um sie auf Dauer aus dem Kreis möglicher Koalitionspartner auszuschließen – die sogenannte „Vranitzky-Doktrin“ war geboren.

Im Jahr 2017 dient der sozialdemokratische Bundeskanzler Christian Kern sich ohne große Not den Freiheitlichen an: Sollten diese den von der SPÖ aufgestellten „Kriterienkatalog“ erfüllen, so wäre auch mit ihnen, entgegen der „Vranitzky“-Doktrin“, eine Zusammenarbeit möglich.

Ob diese Neupositionierung der SPÖ mehr Wähler wegnehmen oder bringen wird, lässt sich schwer abschätzen. Grob betrachtet gibt es innerhalb der Partei nämlich zwei Gruppierungen:

Eine, die partout nicht mit den „Blauen“ koalieren will, weil dies nach Ansicht dieser Gruppe einem Verrat sozialdemokratischer Werte gleichkäme.

Und eine andere, die – man muss es wohl so nüchtern betrachten – den Verlust der Regierungsbeteiligung durch eine schwarz-blaue Koalition befürchtet und daher lieber den Tabu-Bruch zu begehen bereit ist und mit der FPÖ zusammenarbeiten will.

Dieses „Um keinen Preis die Macht verlieren“ redet sich diese, in politischen Dingen nüchtern-pragmatische Gruppe damit schön, dass eine ÖVP-FPÖ-Koalition das größere Übel wäre als eine zwischen SPÖ und FPÖ, und dass es mehr inhaltliche Übereinstimmungen zwischen „Rot“ und „Blau“ gäbe als etwa zwischen „Rot“ und „Schwarz“ (oder „Schwarz“ und „Blau“).

Ob letzteres stimmt, hängt vor allem davon ab, wie man die einzelnen thematischen Punkte innerhalb der verschiedenen politischen bzw. weltanschaulichen Lager gewichtet.

So viel stimmt jedoch: Die meisten Stimmen, welche die SPÖ in den letzten Jahren verloren hat, sind an die FPÖ gegangen. Die Analyse der „Übereinstimmungen“ dürfte also nicht ganz falsch sein.

Dennoch muss das kein Grund sein, sich den Freiheitlichen mit Haut und Haaren in den Rachen zu werfen.

Ein deutlich sozialdemokratischer akzentuiertes Profil könnte die SPÖ stärken – vorausgesetzt, die Partei sagt klar, dass sie lieber in die Opposition gehen, als Abstriche bei ihren Forderungen machen würde, und zieht das dann auch durch.

Ob einmal mehr die Angst vor dem Verlust der Pole Position an den Futtertrögen der Macht über die intellektuelle und moralische Redlichkeit siegen wird?

Im Herbst werden wir es erfahren.

Der Untergang des Abendlandes oder seine Wiedergeburt..?

Nun also Erdoğan.

Der türkische Möchtegern-Alleinherrscher spricht Klartext mit Deutschland, Österreich und den Niederlanden und durch sie, pars pro toto, mit der gesamten Europäischen Union:

„Wenn ihr nicht das tut, was wir wollen, also Wahlkampf in euren Ländern machen, dann seid ihr Faschisten und verratet die Werte der Demokratie, die ihr uns gegenüber permanent einmahnt. Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!“

Hat er Recht mit dieser Aussage und der unverhohlenen Drohung, sein Arsenal an möglichen Grauslichkeiten auszupacken?

Natürlich nicht.

Wer Intoleranz gegenüber nicht tolerant ist, muss sich deswegen keineswegs selbst der Intoleranz zeihen lassen.

Dieses Verhalten geht klar als Notwehr durch.

Nein, weder Deutschland, noch Österreich, noch die Niederlande und schon gar nicht die EU insgesamt muss sich von Erdoğan auf der Nase herumtanzen lassen. Nicht einmal deshalb, weil er die Schlüssel zu jenem Tor in der Hand hält, das eine weitere Flüchtlingswelle daran hindert, Europa zu überfluten.

Natürlich wäre letzteres nicht angenehm.

Dennoch sollte die EU die Standhaftigkeit gegenüber einem potenziellen Diktator nicht leichtfertig auf dem Alter des Komforts opfern.

Wenn Europa beschließt, Erdoğan zu zeigen, wo der Hammer hängt, dann müssen alle Mitgliedsländer mitmachen bei der Aufnahme der Flüchtlinge, nicht nur jene drei, die bei den Hilfesuchenden am beliebtesten sind: Schweden, Österreich und Deutschland.

Dennoch ist es fraglich, ob es klug wäre, den „Boss vom Bosporus“ (Copyright: extra 3) vor den Kopf zu stoßen. Aber nicht seinetwegen, sondern wegen der Türkinnen und Türken in ihrer Heimat und jener, die in Europa leben.

Sie könnten sich – noch mehr – mit ihrem Präsidenten solidarisieren und (siehe Bundespräsidenten-Wahl 1986) „jetzt erst recht!“ für ihn und seine Pläne zur endgültigen Abschaffung der Demokratie stimmen.

Die Gefahr, dass genau das passiert, scheint durch die Kritik  an Erdoğan innerhalb Europas langsam zu wachsen.

Was also tun?

Entweder die EU beschließt, ab sofort keinen anderen außer EU-Politikerinnen und Politikern zu erlauben, auf ihrem Hoheitsgebiet Wahlwerbung zu machen. Das wäre die konsequenteste Entscheidung. Sie müsste allerdings auf Dauer etabliert werden, damit sie nicht zu eindeutig nach einer „Lex Erdoğan“ riecht.

Das würden vielleicht sogar die stolzen Türken und Türkinnen verstehen und anerkennen:

„Diese Union aus mehr als zwei Dutzend Staaten steht wie ein Mann hinter einem klaren Prinzip und lässt sich nicht erpressen. Da sollten wir am besten auch dabei sein.“

Eine solche Handlungsweise müsste aber von mindestens einer wichtigen Maßnahme begleitet sein – dem offiziellen Angebot an die Türkinnen und Türken:

„Wenn ihr euch für die Demokratie entscheidet, garantieren wir euch einen seriösen Mehrstufenplan zur Aufnahme in die EU mit einem Zeithorizont von maximal zehn Jahren.“

Die EU selbst sollte allerdings bis zum Abschluss dieses Mehrstufenplans an ihrer politisch-rechtlichen Struktur arbeiten und sie solchermaßen umbauen, dass die Einführung einer Diktatur für ein Land verunmöglicht wird, sobald es Mitglied der Union ist. Ob und wie das juristisch umzusetzen ist, weiß ich nicht.

Oder aber wir erlauben die paar Wahlkampfauftritte und zeigen der türkischen Bevölkerung in der Türkei und in Europa, wie Demokratie geht.

Es ist schwer vorauszusagen, ob Erdoğan eine solche Aktion nicht vielleicht ebenfalls in seiner Heimat als Sieg verkaufen und sein Volk dadurch noch stärker hinter sich, den „starken Mann“, der es „denen von der EU gezeigt“ hat, scharen kann.

Einen Versuch wäre es womöglich wert.

Ich persönlich präferiere die Variante, der Bevölkerung der Türkei ein seriöses EU-Beitrittsangebot zu machen, das daran geknüpft ist, demokratische Spielregeln einzuhalten – und das heißt zunächst einmal, Erdoğans Pläne zum Umbau der Verfassung abzulehnen.

Denn ein islamisches Land als Teil der Europäischen Union könnte, neben dem einen oder anderen Risiko, auch viele Chancen in geopolitischer, ökonomischer und – ja, auch – kultureller Hinsicht bedeuten.

In Anbetracht der Tatsache, dass in einigen, nicht unwichtigen Ländern der EU ohnedies bereits große türkische Gemeinschaften leben, wäre dieser Ansatz noch besser zu argumentieren.

Wie dieser Plan allerdings den islamkritischen Menschen in Europa und jenen rechten Politikerinnen und Politikern schmackhaft gemacht werden kann, ist wahrscheinlich die schwierigste Frage.

Früher war alles schlechter: Prosit 2017..!

Viele Menschen, die im soeben zu Ende gegangenen Jahr rechte Parteien gewählt oder rechten Populisten zugejubelt haben, werden von den (großteils Links-)Intellektuellen als dumm abgestempelt:

Sie hätten keine Ahnung, worum es „wirklich“ ginge, was „tatsächlich“ der Fall sei, wie man sich „moralisch korrekt“ zu verhalten habe.

Ich bin nicht der Meinung, dass diese Einschätzung den Kern der Sache trifft.

Denn viele Menschen, gerade jene aus den niedrigeren sozialen und Bildungsschichten, fühlen sich nicht nur subjektiv durch eine massenhafte Einwanderung von schlecht oder gar nicht ausgebildeten Menschen aus Nordafrika und dem arabischen Raum bedrängt. Da sie selbst schlechter ausgebildet sind, bieten die Neuzugänge eine gewisse Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt.

Darüber hinaus siedeln sich die Neuankömmlinge auch vermehrt in jenen Gegenden an, in denen die Wohnungspreise und Lebenshaltungskosten niedrig sind. Und das sind genau jene ländlichen Regionen oder städtischen Bezirke, in welchen auch die ärmeren Inländer wohnen.

Dass (vor allem rechte) Populisten diese objektiven Probleme aufgreifen und geschickt instrumentalisieren, ist nicht ganz unverständlich (und m.E. auch nicht ganz unberechtigt).

Die linken Eliten und Linksintellektuellen übersehen jedoch, dass sie selbst zu einem nicht unerheblichen Teil selbst schuld daran sind, dass die Stimmung unter der Mehrheitsbevölkerung durchwachsen bis schlecht ist.

Denn ihr Narrativ lautet: „Alles wird immer schlimmer.“

Doch das stimmt ganz einfach nicht.

Sieht man sich die Daten und Fakten an, so korrespondiert die objektive Lage der Welt nicht der subjektiven Einschätzung ihrer pessimistischen Interpreten – auf rechter und auf linker Seite.

Nehmen Armut und Hunger, nehmen Kriege und Terroranschläge zu, wie dies vor allem Linke beklagen und damit ihre Vorschläge zu einer friedlicheren, gerechteren Welt zu rechtfertigen versuchen?

Das Gegenteil trifft zu:

Die Welt wird (nicht nur für Menschen) ein immer besserer Ort – relativ und in absoluten Zahlen.

Der SPIEGEL-Journalist Guido Mingels beschreibt dies in seiner Kolumne „Früher war alles schlechter“, die demnächst als Buch auf den Markt kommt:

„Früher war alles schlechter: Warum es uns trotz Kriegen, Krankheiten und Katastrophen immer besser geht“

Gerade jetzt, zu Jahresbeginn, nach einem Jahr, das in der subjektiven Wahrnehmung vieler Menschen nicht grausamer und gewalttätiger hätte sein können, ist es notwendig, einen nüchternen Blick auf die Welt zu werfen:

Ja, vieles liegt im Argen und wir haben alle Hände voll zu tun, an einer (noch) besseren Welt zu arbeiten.

Doch dass früher alles besser war, wie jene linken (und rechten) Nostalgiker gerne lamentieren, ist ein Irrtum – oder eine glatte Lüge.

Alles Gute im Neuen Jahr!

Ein TRUMPeltier im Porzellanladen..?

Nun hat er also tatsächlich die Wahlen zur US-Präsidentschaft gewonnen:

Donald Trump – Unternehmer, Rassist, Macho.

Was er an guten Ideen für sein Land und für die Welt auf Lager hat, wissen wir bis heute nicht, über seine aberwitzige Weltsicht („Mauer zu Mexiko bauen“, „Muslimen die Einreise in die USA verwehren“ et cetera) hingegen sind wir bestens informiert – und haben vor diesem Wahlergebnis gezittert.

Die spannende Frage ist jedoch:

Wie viel von dem, was Trump vor den Wahlen angekündigt hat, wird er als Präsident der USA auch tatsächlich umsetzen?

Natürlich könnte er einige unangenehme Entscheidungen treffen, die sowohl starken Einfluss auf die Welt, als auch auf sein eigenes Land nach sich ziehen würden.

Es seien nur zwei Beispiele genannt: Das Klimaabkommen von Paris wieder aufkündigen, „Obamacare“ wieder abschaffen.

In Bezug auf letzteres hat er sich kurz nach der Wahl gegenüber seinen Ankündigen von der Zeit vor der Wahl erstaunlich gemäßigt gezeigt. Zu viele Menschen hängen an „Obamacare“, um es leichtfertig komplett einzustampfen.

Der Populist Trump weiß das und kann und will es sich daher auch nicht mit seinen Landsleuten verscherzen.

Was das Klimaabkommen von Paris betrifft, sieht die Sache etwas anders aus. Hier würde er womöglich bei vielen seiner Landsleute auf Zustimmung stoßen.

Dennoch dürfen wir auch diesbezüglich vorsichtig zuversichtlich sein. Gerade ein demokratisches westliches Land, wie die USA es sind, ist auch durch Innovationskraft auf der einen und eine hoch entwickelte Zivilgesellschaft auf der anderen Seite in der Lage, die Bedeutung dieses Abkommens einzuschätzen und verantwortungsvoll damit umzugehen; dies umso mehr, als selbst andere große Staaten, die bedeutende Klimasünder waren bzw. noch sind, das Abkommen unterzeichnet haben und wohl weiter daran festhalten werden. Sich hier aus der globalen Verantwortung zu stehlen ist ohne Imageverlust schwer möglich.

Ob Donald Trump seine Ankündigung, das Engagement der USA innerhalb des Verteidigungsbündnisses NATO zurückzufahren, wahrmachen wird oder nicht, ist langfristig betrachtet irrelevant.

Denn die EU sollte in jedem Fall und besser heute als morgen daran arbeiten, eine gemeinsame Militärstruktur zu etablieren, um potenziellen Angriffen gegenüber, auch solchen durch die USA (und seien es nur „Cyberwar“-Attacken), gewappnet zu sein.

CETA und Mordio..!

Alle haben sie gegen CETA Wind gemacht:

Die SPÖ, die Grünen, die FPÖ, Greenpeace, Global 2000 und Attac.

Geholfen hat es nichts, zuletzt hat Christian Kern doch zugestimmt.

Das war zwar von Anfang an zu erwarten, denn alles andere wäre Unsinn gewesen. Doch der österreichische Bundeskanzler, seines Zeichens der Chef jener Partei, die sich das Wohl der „kleinen Leute“ auf die Fahnen geschrieben hat, wollte es sich nicht nehmen lassen, eine Ehrenrunde zu drehen, um seiner Klientel zu zeigen: „Ich kümmere mich um euch und eure Anliegen!“

Dennoch: War dieses Manöver wirklich notwendig?

Der Vertrag zwischen Kanada und der EU ist für beide Seiten von Nutzen.

Die Ängste der Gegner sind unbegründet und in vielen Fällen nicht nur falsch, sondern absurd.

Da werden anonyme „Großkonzerne“ ins Treffen geführt, die – angeblich – die Demokratie aushöhlen und unsere Umwelt- und Sozialstandards untergraben wollen. Dabei wird übersehen, dass hinter jedem Unternehmen reale Menschen und ihre Familien stehen, die davon profitieren, einen Arbeitsplatz zu haben.

An kleinen Firmen hängen wenige, an großen Firmen viele Einzelschicksale:

Die ArbeitnehmerInnen, LieferantInnen, all jene, die in solchen Bereichen tätig sind, die indirekt mit Firmen und deren Produkten und Dienstleistungen in Verbindung stehen (z.B. das Transportwesen in Bezug auf die Belieferung von Supermärkten), aber natürlich auch Investoren. Doch bei diesen handelt es sich meist nicht um einige wenige Einzelpersonen, welche sich auf Kosten der „kleinen Leute“ bereichern. Es sind oft sogenannte „institutionelle Anleger“, also z.B. Pensionsfonds, in welchen wiederum eine große Zahl „kleiner Leute“ veranlagt ist.

Die Welt im 21. Jahrhundert ist zu komplex, um sie mit marxistischer Rhetorik aus dem 19. Jahrhundert oder neomerkantilistischen Versatzstücken zu analysieren.

Jene, die sich als Verteidiger der „kleinen Leute“ gerieren und CETA in Bausch und Bogen ablehnen, sind meist selbst keine „kleinen Leute“, deren Jobs direkt an freiem internationalen Handel hängen. Es sind KünstlerInnen, Intellektuelle und PolitikerInnen, die aus einer relativ gesicherten Position heraus allen anderen den Einkauf bei (teuren) heimischen Biobauern und diversen lokalen Handwerkern (Stichwort „Heini Staudinger“) aufzwingen wollen, anstatt ihnen die Wahl zu überlassen, was sie von wem erwerben und konsumieren möchten.

Obwohl die Anti-CETA-Populisten es noch so oft wiederholen: Mit Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung hat das nichts zu tun.

Es ist Ausdruck jenes nationalen Kleingeistes, den Linke normalerweise ihren rechten politischen Kontrahenten vorwerfen.

Umso beängstigender, dass so viele gebildete Menschen diesen Rattenfänger nachlaufen und zujubeln.

Auch wenn es Greenpeace, Global 2000, Attac, SPÖ und Grünen nicht gefallen mag:

Der internationale Handel hat den Menschen Freiheit und Wohlstand gebracht und einen Austausch von Kunst, Wissenschaft und Technik – nicht zuletzt zum Zwecke der Völkerverständigung. Wer sich ideologie- und angstfrei mit den Fakten befasst und intellektuell redlich ist, sollte das erkennen und zugeben, auch wenn es ihn kurzfristig Sympathiepunkte bei der eigenen Klientel kosten mag.

Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.

Böse Türkei..! Böse Türkei..?

Seit ein paar Tagen geistert ein Artikel durch die sozialen Netze.

Sein brisanter Inhalt:

Die Türkei würde Sex mit Kindern per Gesetz erlauben.

Das ist – so böse es auch klingen mag – reiner Blödsinn.

Tatsache ist vielmehr:

Das Schutzalter, also jenes Alter, ab dem ein Mensch mit einem anderen Menschen jeden Alters (ab dem Schutzalter aufwärts) legal Sex haben darf, beträgt in der Türkei laut Gesetz 15 Jahre.

Der einvernehmliche Sex von Menschen im Alter von 15 bis 12 Jahren soll nun per Gesetz legalisiert werden.

Ist das ein unmoralisches Vorhaben, über das sich etwa die Kronen Zeitung (sie schreibt am lautesten gegen dieses Verbrechen per Gesetz an) zu Recht empört?

Nein.

Denn in Österreich liegt das Schutzalter sogar niedriger, nämlich bei 14 Jahren.

Einvernehmlicher Sex ist hierzulande für Menschen ab dem Alter von 13 Jahren erlaubt, sofern der ältere der beiden Partner nicht mehr als drei Jahre älter, also maximal 16 Jahre alt, ist.

Man kann vieles an der Türkei kritisieren, z.B. die durch die Regierung Erdogan schrittweise unter Bedrängnis geratene Demokratie, die Art, wie der Präsident mit politischen Gegnern umgeht, welche Vorstellung von Pressefreiheit er hat und wie er auf Kritik an seiner Person reagiert.

Das „Strafrecht“ in Bezug auf das Thema „Sexualität“ hingegen eignet sich nicht für Kritik.

Zurück zum Start…

Der Verfassungsgerichtshof hat die Stichwahl aufgehoben.

Zwar konnten keine Manipulationen nachgewiesen werden, dennoch haben in 14 von 120 (also mehr als zehn Prozent) aller österreichischen Wahlbezirke illegale Handlungen stattgefunden:

Die Kuverts, in welchen die Wahlzettel der Briefwahl steckten, wurden zu früh, in Abwesenheit eines oder mehrerer Wahlbeisitzer und das auch noch teilweise von unbefugten Personen geöffnet.

Der zweite, von VfGh-Präsident Holzinger genannte Grund für die Aufhebung war die ebenfalls illegale Informationspolitik des Innenministeriums: Ausgewählte Personen (vor allem Mitarbeiter von Meinungsforschungsinstituten und Journalisten) erhielten Teilergebnisse der Wahl (und diese Praxis findet seit Jahren statt) vor 17 Uhr.

Für Kritiker des Urteils des VfGh war der erste Grund (die illegale „Weiterverarbeitung“ der Briefwahlkarten) nicht ausreichend (und der zweite eine Bagatelle): Die Verfassung sehe wörtlich vor, dass nicht nur der Vorgang gegen das Gesetz verstoßen haben muss, sondern auch eine Manipulation nachgewiesen werden konnte. Wohlgemerkt: Die Möglichkeit, dass manipuliert werden hätte können, reicht laut Gesetzestext nicht aus.

Dennoch hat der VfGh so entschieden und er tat gut daran.

Wenn auch nur der leiseste Verdacht bestehen bliebe, es hätte Manipulationen gegeben (und ausschließen kann das niemand), wäre der Demokratie kein Gefallen getan.

Jene, die nun befürchten, Norbert Hofer könnte durch die Entscheidung des VfGh einen Vorteil errungen haben, der sich in seiner Wahl zum Bundespräsidenten Anfang Oktober niederschlagen könnte, sollten folgendes bedenken:

Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, „Politik“ zu machen. Durch die Annulierung der Stichwahl hat er einzig und allein die Demokratie (und eine legale, korrekte Abwicklung einer Wahl, noch dazu der einzigen direkten Wahl eines hohen Amtsträgers durch das Wahlvolk, ist DIE demokratische Handlung schlechthin) im Auge behalten.

Das scheint mir wichtiger zu sein als die (vielleicht vorhandene) Gefahr, dass Norbert Hofer tatsächlich im Herbst zum Bundespräsidenten gewählt wird.

PS: Wir werden es zwar nie erfahren, aber die – hypothetische – Frage, was die Grünen getan hätten, wenn die Stichwahl knapp zugunsten Norbert Hofers ausgegangen wäre, darf dennoch gestellt werden. Ich denke, sie hätten – mit denselben Gründen – die Wahl angefochten. Mit vielleicht den gleichen Motiven, wie sie sie der FPÖ nun unterstellen.

Aber nichtsdestotrotz mit demselben Recht und legitimer Weise.

Der grüne Erlöser

Er hat es also geschafft:

Alexander Van der Bellen ist der neue österreichische Bundespräsident.

Das ist gut so, denn Van der Bellen ist ein sympathischer, gebildeter und vor allem überlegter Mann mit politischer Erfahrung, Hausverstand und einer gehörigen Portion Humor.

Man muss sich nicht für ihn schämen, er wird Österreich im Ausland würdig vertreten.

Das ist die gute Nachricht.

Eine Sache könnte die Jubelstimmung unter seinen Fans jedoch trüben:

Wenn Van der Bellen ein Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher sein will, muss er nolens volens einige realitätsferne Ideale jener ignorieren, die ihn zum grünen Erlöser hochgejubelt haben.

Dass er kurz vor der Wahl plötzlich zum TTIP-Gegner mutierte, mag einer strategischen Überlegung entsprungen sein (Norbert Hofer sprach sich auch gegen TTIP aus, insofern hätte es hier nichts zu gewinnen gegeben, eine konträre Haltung einzunehmen). Besonders reflektiert ist diese Einstellung aber nicht – vor allem für einen studierten Ökonomen im Range eines Universitätsprofessors.

Wenn Van der Bellen als Türöffner für österreichische Wirtschaftsdelegationen im Ausland agieren will, kann er nicht als Merkantilist und Gegner freien internationalen Handels auftreten.

Und auch die Anhänger einer undifferenzierten Willkommenskultur wird der neue Bundespräsident wohl oder übel vor den Kopf stoßen müssen. Die Flüchtlingsproblematik kann nicht von Österreich, Deutschland und Schweden im Alleingang gelöst werden. Wenn sich alle anderen Länder innerhalb und außerhalb der EU aus ihrer Verantwortung stehlen, kann Österreich trotzdem nicht die Tore weit aufmachen. Denn das würde die Bevölkerung früher oder später überlasten und zu einem Rechtsruck führen, der sich im Sieg der FPÖ bei den nächsten, spätestens bei den übernächsten Nationalratswahlen niederschlagen würde.

Van der Bellen darf und soll seine Ideale bzw. diejenigen seiner Anhänger zu verwirklichen versuchen. Aber er sollte es stets im Bewusstsein tun, für alle Österreicherinnen und Österreicher verantwortlich zu sein und nicht nur für jene, die ihn gewählt haben.

Ungerechte Welt..?

„Die da oben können es sich richten und tun es auch!“ lautet eine oft geäußerte Vermutung, die nun wieder lauter zu hören ist, seit die so genannten „Panama Papers“ aufgetaucht sind: geleakte Dokumente eines Offshore-Dienstleisters in Panama, die zeigen sollen, wie die „Reichen“ und „Mächtigen“ ihr Geld am Fiskus und somit an der Allgemeinheit vorbeimanövrieren, um es in sicheren Verstecken zu bunkern.

Doch trifft es wirklich zu, dass DIE „Reichen“ und „Mächtigen“ es sich richten, dass diese Eliten die Allgemeinheit ausbeuten und sich um ihre Verantwortung für das „bonum commune“ drücken?

In dieser Undifferenziertheit stimmt das sicherlich nicht.

Zwar mag es einige, ja, vielleicht sogar viele „Reiche“ und „Mächtige“ geben, die das tun, die Mehrzahl dieser Menschen leistet aber brav ihren Teil an der Verantwortung für die Allgemeinheit – und zwar zunächst einmal dadurch, dass sie als Unternehmer nicht nur Menschen Arbeit bieten, sondern auch noch darüber hinausgehende positive volkswirtschaftliche Effekte erzielen.

Gerade in jenen Ländern, in denen der Fiskus sich besonders gierig an den Besserverdienenden (und das sind nun einmal großteils Unternehmer) bedient, steigt der Verdacht, dass Ungerechtigkeit existiert: nämlich jenen Besserverdienern gegenüber, die sich zunehmend ausgenutzt fühlen.

Wen wundert es da, wenn sie alle – legal zur Verfügung stehenden – Möglichkeiten ausreizen, ihr Geld behalten zu dürfen?

Wenn der Staat oder besser: die Staatengemeinschaft Wert darauf legt, dass die Allgemeinheit nicht im Stich gelassen wird, sollte sie ihre Leistungsträger nicht über Gebühr in die „Pflicht“ nehmen, sondern lieber dafür sorgen, dass die Zahl der Leistungsträger ansteigt, anstatt jene der so genannten „Leistungsempfänger“.

Das klingt zwar nach bösem „Neoliberalismus“, ist aber nichts anderes als die Forderung, den Kampfruf nach „Gerechtigkeit!“ ernst zu nehmen und ihn konsequent zu Ende zu denken:

Gerechtigkeit ist eine wechselseitige Verpflichtung und kein einseitiges Recht.