Donald Trumps Twitter-Account wurde von dem Kurznachrichtendienst gesperrt.
Nicht nur der scheidende US-Präsident findet das problematisch.
Auch viele Medienexperten sprechen von Zensur und kritisieren die Sperre Trumps.
Doch ist sie tatsächlich problematisch?
Twitter ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen und auch wenn es vielleicht eine jener Plattformen ist, welche global eine sehr hohe Reichweite haben, gibt es trotzdem keinen legitimen Anspruch darauf, dieses virtuelle Sprachrohr nutzen zu dürfen.
Das gilt auch, ja, insbesonders für Donald Trump.
Es ist schwer zu glauben, dass er, der zu den reichsten Menschen seines Landes gehört, keine andere Möglichkeit finden könnte, seine Meinungen unters Volk zu bringen.
(Das kann in einem liberalen demokratischen Rechtsstaat jeder Mensch mit Internetzugang.)
Und gerade in einem Land wie den USA sollte es einem Privatunternehmen möglich sein, sich selbst seine Kundschaft auszusuchen.
Trotzdem kann man es schlecht finden, dass Twitter Donald Trump verbietet, seine – durchaus oft befremdlichen – Botschaften unters Volk zu bringen.
Denn die offene Debatte auch von umstrittenen Positionen ist das Salz in der Suppe einer demokratischen, offenen Gesellschaft.
Twitter darf Trump selbstverständlich sperren, aber tun sollte der Kurznachrichtendienst es nicht.
Kategorie: Politik
An der Nadel
Demnächst dürfte sie losgehen:
Die Impfung mit einem der zugelassenen Corona-Vakzine.
Allerdings dürften im ersten Durchgang zunächst einmal nur die wichtigsten Personengruppen (z.B. Hochrisikopatienten und Menschen, die mit solchen zu tun haben) in den Genuss der Impfung kommen.
Genuss?
Skeptiker verweisen auf mögliche Impfschäden und begründen dies damit, dass die Corona-Impfstoffe – anders als dies normalerweise üblich ist – in relativer kurzer Zeit entwickelt worden seien.
Gefahren, die sich erst beim langsamen Herantasten an eine möglichst hohe Durchimpfungsrate der Bevölkerung über Jahre hinweg, zeigen würden, könnten drohen.
Ganz ausschließen läßt sich das zwar nicht, doch die bisherigen Untersuchungen zu den demnächst zum Einsatz kommenden Vakzinen stimmen zuversichtlich.
Abgesehen von den üblichen Impfreaktionen halten sich die Nebeneffekte in Grenzen.
Am Ende wird es wohl auf eine Abwägung von Kosten und Nutzen hinauslaufen.
Und selbst wenn die Frage, ob vom Gesetzgeber eine Impfpflicht verordnet werden soll, derzeit noch keine Rolle spielt, weil – siehe oben – die Impfung aller Bevölkerungsteile (aufgrund logistischer Herausforderungen) noch eine Zeitlang auf sich warten lassen dürfte:
Irgendwann werden wir sie diskutieren und – nach meinem Dafürhalten – mit „Ja“ beantworten müssen.
Denn es wird sich auf Dauer nicht argumentieren lassen, die Wirtschaft durch Lockdowns an die Wand zu fahren und dadurch weltweit Menschenleben zu riskieren, wenn eine einigermaßen sichere Impfung zur Verfügung steht.
Rhapsodie in Rot-Pink
Nun ist es fix:
Die Wiener Regierung wird nach der letzten Wahl aus einer Koalition von SPÖ und NEOS bestehen.
Die Grünen sind abgemeldet, dass die Roten mit den Blauen koaliert hätten, wäre höchst unwahrscheinlich bis unmöglich gewesen.
Und auch eine „große Koalition“ mit den Schwarzen stand wohl nicht wirklich zur Debatte.
Gibt es realistische Chancen für Christoph Wiederkehr und sein Team, der Bundeshauptstadt zumindest einen kleinen pinken Stempel aufzudrücken?
Die machtbewusste SPÖ hat den NEOS unter anderem (Jugend, Integration und Transparenz sind noch im Portfolio mit enthalten) das Bildungsressort überlassen.
Das ist konsequent, trommeln die Pinken doch seit Bestehen, dass Bildung das Wichtigste überhaupt sei.
D’accord!
Aus liberaler Sicht befähigen Wissen und fachliche Kompetenz dazu, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Hilfe zur Selbsthilfe nennt man das.
Die Frage ist allerdings, ob sich die NEOS mit dieser Aufgabe – zumal in Wien – nicht ein wenig übernehmen könnten.
Mangelnde Deutschkenntnisse, allgemeine Schwierigkeiten bei der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ein starres (in vielen Bereichen am legalen Gängelband des Bundes hängendes) Bildungssystem dürften eine Menge an Herausforderungen bieten, an denen die NEOS scheitern könnten.
Dennoch: Der Versuch könnte sich lohnen.
Wenn es Christoph Wiederkehr und seinem Team gelingt, mit Unterstützung (oder Duldung) der SPÖ ein paar Akzente für eine Neuaufstellung des Bildungssystems zu setzen, könnte dies ein Land wie Österreich, das noch keine starke liberale Basis aufweist, auch allgemein politisch weiterentwickeln und reifer machen.
Ein Vorteil für das Experiment zugunsten der NEOS ist definitiv die durch die Bundespolitik eher schlecht als recht gelöste Problematik rund um Corona & Lockdown.
Hier könnte man ansetzen und einen mutigen, innovativen Neustart hinlegen.
Was möglich ist, wird nicht zuletzt auch davon abhängen, wie viele (gerade auch finanzielle) Mittel dem Bildungsressort zugestanden werden.
Lassen wir uns überraschen!
Vienna calling
Die Schlacht um die Hauptstadt ist geschlagen.
Obwohl Wien nach wie vor in roter Hand bleibt – alles andere wäre eine große Überraschung gewesen -, hat die ÖVP massiv an Stimmen und somit auch Mandaten zugelegt.
Doch nicht nur die Schwarzen sind gewachsen.
Auch Grüne und Neos haben zugelegt.
Der Verlierer des Wahltages heißt FPÖ.
Heinz-Christian Strache, der mit einer eigenen Liste angetreten ist, hat den Einzug ins Stadtparlament und somit die Chance auf einen Platz in der Wiener Landespolitik (auf „Gemeindeebene“, also auf Ebene der Bezirksräte, ist das anders) verpasst.
Dass nach Ibizia- und Spesen-Skandal überhaupt noch jemand ihm seine Stimme gegeben hat, ist verwunderlich.
Der alte und neue Bürgermeister Michael Ludwig befindet sich aufgrund des Zuwachses bei den drei Parteien ÖVP, Grüne und Neos in der komfortablen Lage, den Koalitionspartner frei wählen zu können:
Mit jeder der drei genannten politischen Gruppierungen ginge sich eine Mehrheit aus, ohne Partner nicht.
Natürlich könnte die SPÖ aufgrund dieser Ausgangslage die Grünen unter Druck setzen, es nach rund zehn Jahren in der Koalition ab sofort ein wenig billiger zu geben.
Ob die Grünen auf ein solches Spiel einsteigen sollten?
Wohl eher nicht.
Doch was würde passieren, wenn Ludwig mit den Neos oder gar mit der ÖVP in eine Regierung geht?
Die Neos würden – hoffentlich – die vor der Wahl stadtauf, stadtab gepredigten Werte beibehalten, das heißt: den Schwerpunkt auf das Thema „Bildung“ legen und die SPÖ kontrollieren, ihr nicht jede Variante von roter Freunderlwirtschaft durchgehen lassen.
Doch würde Ludwig da mitspielen?
Und könnten die Neos dieser Aufgabe wirklich gerecht werden?
Eine Zusammenarbeit mit der ÖVP hingegen würde das, was Jahre lang Usus in der Bundespolitik war, auf diejenige der Bundeshauptstadt übertragen: eine „große“ Koalition.
Das mag vielen Menschen hierzulande als eine akzeptable Option erscheinen, doch dem gelernten Wiener (und noch mehr dem gelernten Österreicher) schwant Übles:
Wenn Schwarz und Rot sich in Wien einmal einen für beide Seiten akzeptablen Proporzpakt ausgeschnapst haben, könnte es ewig so weitergehen.
Keine guten Aussichten für eine Stadt, die sich nicht nur physisch durchaus verjüngen könnte.
Die Variante SPÖ / Neos wäre etwas Neues – der Pakt mit einer ÖVP light, die vor allem mit ihrem gesellschaftspolitischen Liberalismus bei der SPÖ anschlussfähig wäre.
Was die wirtschaftspolitischen Ansichten betrifft, sind die Neos wohl nicht viel liberaler als die ÖVP.
Doch auch für an Umweltschutz interessierte Städter wären die Neos eine Alternative zu den Grünen.
Denn auch sie sind sich der Herausforderungen bewusst, die in diesem Bereich auf uns zukommen.
O tempora, o Moria!
Das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist abgebrannt.
Vielleicht auf Grund von Brandstiftung durch einige Flüchtlinge selbst.
Vermutet die griechische Regierung.
Die österreichische Regierung, in Gestalt des Herrn Innenministers Karl Nehammer, macht deshalb klar:
Brandstiftung geht gar nicht und deshalb werden auch keine Flüchtlingskinder nach Österreich geholt.
Ist doch logisch!
Ist das logisch?
Was haben die Kinder mit den Brandstiftern zu tun?
Nichts – und zwar ganz unbesehen der Antwort auf die Frage, wer denn nun tatsächlich das Flüchtlingslager angezündet hat.
Soll Österreich nun Flüchtlingskinder aufnehmen oder nicht?
Ja, soll es, meiner Meinung nach.
Natürlich nicht alle, aber einige.
Natürlich kann man, wie Bundeskanzler Kurz das tut, darauf hinweisen, dass Österreich neben Schweden und Deutschland zu den drei führenden Ländern Europas zählt, wenn es darum geht, Flüchtlinge aufzunehmen, und auch jetzt Hilfe vor Ort leistet.
Doch es wäre dennoch gut, darüberhinaus ein paar Flüchtlingskinder aus dem niedergebrannten Lager Moria aufzunehmen.
Warum?
Weil wir es uns leisten können und weil es vielleicht als eine symbolische Geste wahrgenommen wird, die auch andere Länder dazu bewegt, das Gleiche zu tun.
Leben ist lebensgefährlich
Corona ist noch nicht überwunden, die Infektionszahlen steigen wieder, auch in Österreich.
Doch bereits jetzt machen Menschen – vor allem viele junge – Party.
Der Sommer ist da, der Alkohol fließt in Strömen, die Hormone sowieso.
Wer jung ist, will das Leben genießen, wie könnte man das den Menschen verübeln?
Die Frage, wer für wen auf was verzichten sollte bzw. muss, ist keine leicht zu beantwortende.
Das Argument mit der Wirtschaft, die vor die Hunde geht und damit uns alle in den Abgrund zieht, ist eines, das rund um den so genannten „Lockdown“ zu hören war.
Es ist m.E. legitim.
Doch ist es nicht ebenso zulässig, dass Menschen, vor allem junge, die – statistisch betrachtet – durch Corona weniger gefährdet sind als Mitglieder von Risikogruppen (z.B. Alte), ihr Leben in vollen Zügen leben, sprich: ungehindert genießen wollen?
Dass eine dieser Gruppen von der anderen totale Askese fordert, ist jedenfalls schwer zu begründen.
Das Leben geht weiter und der Tod wird immer ein Bestandteil davon sein.
Totale Sicherheit kann es niemals geben.
Wer sie möchte, muss sich in einen Atombunker setzen.
Aber einen solchen Rückzug kann er nicht allen anderen Menschen verordnen.
Wir sollten uns einen „modus operandi“ überlegen, wie wir die berechtigten Interessen aller Gruppen in diesem Spiel am besten in Einklang bringen können.
Schwarz & Weiß
Menschen mögen es einfach:
Hier die Guten, da die Bösen, auf einer Seite die Schwarzen, auf der anderen die Weißen.
Die aktuellen Demonstrationen in den USA, die nicht selten in Gewalt ausarten – und sei es nur jene gegen Hab und Gut anderer Menschen -, werden immer öfter mit dem Verweis auf den angeblichen strukturellen Rassismus gerechtfertigt.
Doch selbst wenn es diesen strukturellen Rassismus tatsächlich gibt, kann er nicht als Ausrede dafür verwendet werden, von friedlichen Kundgebungen zu Plünderungen und Orgien der Zerstörung überzugehen.
Blinde Gewalt, wie wir sie derzeit in den USA erleben, ist keine Lösung für die vermeintlichen oder realen Probleme des Landes. Wahrscheinlich ist die Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, das fundamentale Problem.
Der legale Besitz von Waffen in den Händen von Zivilisten, die Angst davor, dass der Andere zuerst schießen könnte und es daher besser wäre, ihm zuvorzukommen, ist nach meinem Dafürhalten viel eher das strukturelle Problem, das man in den Griff bekommen müsste.
Sind alle Weißen Rassisten? Ganz bestimmt nicht. Rassismus gibt es auch umgekehrt – von Schwarzen gegenüber Weißen. Und selbstverständlich gibt es ihn auch von jeder Gruppe anderen Gruppen von Menschen gegenüber. Doch die Antipathien, die Menschen, aus welchen Gründen auch immer, für einander empfinden mögen, müssen nicht zwangsläufig dazu führen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
Es ist die Gewaltbereitschaft und ihre Bewaffnung, die sich in einer Art Rückkoppelungsschleife selbst verstärkt.
Sie zu durchbrechen und idealer Weise umzukehren, sie in eine positive Richtung zu drehen, wäre das, was wir tun sollten.
Doch wie lässt sich diese Aufgabe bewältigen?
Jupiter und die Rinder
Es ist schwer, den Menschen in Österreich zu erklären, warum Bundeskanzler Sebastian Kurz in seinen Dienstwagen steigen und die Reise ins Kleinwalsertal antreten hat müssen, anstatt die Gespräche, die er dort zu führen beabsichtigte, via Skype oder Telefon abzuwickeln.
Ist Kurz ein Notarzt, der physisch vor Ort erscheinen muss, weil ohne seine Präsenz Menschenleben in Gefahr sein könnten?
Das ist er natürlich nicht.
Die Reise nach Vorarlberg ist schon per se abstrus, noch viel mehr ist sie dies jedoch in Zeiten von „Corona“ und bei Kenntnis all jener Vorschriften, mit denen die österreichische Bundesregierung ihr Volk in den letzten zwei Monaten mehr oder weniger zu Hause eingesperrt hat.
„Social Distancing“, das verpflichtende Tragen von Masken, ein Verbot von Gruppentreffen von Menschen, die nicht im selben Haushalt leben – nichts davon hat Sebastian Kurz, haben die EinwohnerInnen des Kleinwalsertals beim Staatsbesuch aus Wien berücksichtigt.
Gibt es nun Strafen für die dem Kanzler in Vorarlberg zujubelnden Menschen, für die FotografInnen vor Ort, für den Bundeskanzler selbst und die Mitglieder seiner Reisegruppe?
Würde man die Regeln, die über ganz Österreich verhängt worden sind, auf die genannten Personen ebenso anwenden, wie auf jene, die in den letzten Wochen von der Polizei in Parks mit saftigen Strafen versorgt worden sind, müsste genau das passieren.
Doch natürlich wird nichts geschehen.
„Quod licet Iovi, non licet bovi“ lautet bekanntlich die Regel für die unterschiedliche Handhabung von Recht und Ordnung, je nachdem, wer betroffen ist – der Durchschnittsbürger oder der Herr Bundeskanzler und jene, die ihm zujubeln.
Dass Sebastian Kurz es nicht schaffte, beim ZIB2-Interview auf die Frage, ob er und die Veranstalter vor Ort Fehler gemacht haben könnten, mit einem unverklausulierten „Ja.“ zu antworten, spricht Bände.
Die Menschen vor Ort, so Kurz mehr oder weniger explizit, träfe die Schuld.
Wie könnte Jupiter auch Fehler begehen, die nur uns Rindern unterlaufen können?
Exitus auf Raten?
Ihr Vorgänger hat sich gleichsam über Nacht davongestohlen.
Eine Position in der zweiten Reihe war doch nichts für ihn.
Christian Kern hat den Job, den die SPÖ ihm nach seinem Abgang als Bundeskanzler angeboten hat, nach kurzer Zeit wieder hingeschmissen.
Ganz verübeln kann man es ihm nicht.
Wer einmal Regierungschef war und davor Top-Manager, gibt wohl nur ungern den Hausverwalter der größten Oppositionspartei, vor allem, wenn diese seit Jahren dabei ist, sich selbst zu Grunde zu richten.
Dass Kerns Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner jetzt die „Vertrauensfrage“ stellt, mag nach gelebter Basisdemokratie klingen.
Der wahre Grund für dieses Manöver dürfte jedoch darin zu sehen sein, dass die erste weibliche Parteichefin der SPÖ nun ebenfalls die Flucht antreten, sich aber nicht ganz so stillos zurückziehen will wie ihr Vorgänger.
Wahrscheinlich rechnet sie damit, dass entweder der Zuspruch oder die Beteiligung an der Befragung nicht allzu hoch ausfallen dürfte.
Beides wären gute Argumente, um sich zu verabschieden und endlich wieder einen Beruf auszuüben, der mit Erfolgserlebnissen aufwarten kann. Der Job der SPÖ-Chefin hat davon nur wenig zu bieten.
Bleibt die spannende Frage, wer Pamela Rendi-Wagner nachfolgen könnte.
Denn weit und breit ist kein(d) Kandidat(in) in Sicht, der (die) die Herkulesarbeit verrichten und die SPÖ wieder in die Gewinnzone führen könnte.
Das liegt nicht bloß an der ausgedünnten Personaldecke, sondern auch daran, dass nicht so wirklich klar ist, wofür eine sozialdemokratische Partei Österreichs im Jahr 2020 noch stehen könnte.
Wer auch immer die Führung übernehmen wird, wenn Frau Dr. Rendi-Wagner die ins Koma gefallene SPÖ zurücklässt:
Dass die Patientin reanimiert werden kann, ist nicht gesagt.
Schwarz-Grün ist die Hoffnung?
Ein leichter Überhang zugunsten Frauen bei den Regierungsposten – wer hätte das gedacht?
Die neue Regierung, seit Anfang des Jahres 2020 in Amt und Würden, überrascht ihr Volk bereits zu Beginn mit einer freiwilligen Quote.
Was kann da noch schiefgehen?
Nun, dass die Ehe zwischen ÖVP und Grünen keine Liebesheirat ist, darf man als gegeben annehmen. Trotzdem könnte sich das Experiment als ein spannender Versuch erweisen, gegensätzliche Positionen unter einen Hut zu bekommen.
Dass die SPÖ an diesem Experiment nicht teilnehmen darf, ist nicht weiter verwunderlich. Sieht man von den Personaldebatten rund um die Parteispitze und anderen Querelen (Stichwort „Parteischulden“) ab, muss man wohl zugeben, dass eine „sozialdemokratische Partei“ im Österreich des Jahres 2020 ihre Existenzberechtigung eingebüßt hat.
Wir befinden uns nicht im England des 19. Jahrhunderts. Heute kann prinzipiell jeder Mensch in diesem Land jede beliebige Ausbildung machen, jeden beliebigen Job ergreifen, sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten.
Die drängendste Frage der Zeit ist nicht die soziale, es ist die ökologische.
Und ganz egal, ob und, falls ja, wie sie sich beantworten lässt, gestellt werden muss sie in jedem Fall.
Dass die Ökonomie auf diese Frage eingehen und sich an ihr abarbeiten muss, scheint unabweisbar. Insofern macht es Sinn, dass die Wirtschaftspartei Österreichs eine Koalition mit der Umweltpartei Österreichs eingeht.
Ob diese Zusammenarbeit zu einer Reihe fauler Kompromisse führen wird, durch welche der Juniorpartner an die Wand und seine Themen erdrückt werden, wird sich zeigen.
Eine solche Zusammenarbeit wenigstens zu versuchen, ist nicht nur legitim, sondern auch aus demokratiepolitischer Sicht klug.
Die ÖVP kann viel verlieren, aber auch einiges gewinnen, vor allem moralische Statur, was sie nach dem Debakel mit der FPÖ dringend benötigt.
Die Grünen können zeigen, dass sie nicht nur als theoretisierende Opposition auf Bundesebene, sondern auch an den Hebeln der Regierungsmacht ihren Wert treu bleiben. Zugleich müssen sie es in der Realität wohl etwas billiger geben als in den rein hypothetischen Debatten, in denen sie bisher ihre Ideale ausschließlich auf dem Papier verwirklich konnten.
Das mag den hehren Zielen der Grünen eine gewisse Einschränkung auferlegen, doch Politik ist bekanntlich die Kunst des Möglichen.
Möglich ist alles, lassen wir uns davon überraschen, was davon Wirklichkeit wird!