Kein Kreuzerl fürs Kreuz

Die Aktion „Pro Reli“ hat in Berlin eine Abfuhr erhalten. Zu Recht. Die Initiative wollte den verpflichtenden Ethik-Unterricht an den Schulen abschaffen und stattdessen die Wahlmöglichkeit einführen zwischen Religions- und Ethik-Unterricht.

Warum jedoch sollte ein säkularer Staat, hier: eine säkulare Stadt auf die Möglichkeit zur moralischen Bildung ihrer Bürger verzichten und der Religion den gleichen Stellenwert einräumen wie der areligiösen Erziehung?

Die Anhänger von „Pro Reli“, die sich gegen die säkulare Bevormundung der Stadt in Gestalt des verpflichtenden Ethik-Unterrichts stellten, wollten ihrerseits die Pflicht zur Wahl zwischen Religion und Ethik ab der ersten Schulklasse.

Für die Vertreter des Status quo, also des vorgeschriebenen Ethik-Unterrichts, ist es hingegen auch weiterhin möglich, dass Schüler zusätzlich zum Fach Ethik freiwillig Religionsunterricht nehmen.

Warum ist es so wichtig, dass es keine Pflicht zur Wahl zwischen Religions- und Ethik-Unterricht gibt? Weil die beiden – aus Sicht der säkularen Gesellschaft – eben nicht gleichwertig sind und daher auch nicht gleich berechtigt Teil der allgemeinen, verpflichtenden Schulbildung sein sollten.

(Das wäre übrigens so ähnlich, als würde darüber abgestimmt – und viele, vor allem US-amerikanische Konservative wollen gerade das -, ob Schüler die verpflichtende Wahl haben zwischen Biologie-Unterricht in Gestalt der „Evolutionstheorie“ und der „gleich berechtigten“ Alternative in Form einer religiösen „Schöpfungslehre“.)

Der areligiöse Ethik-Unterricht zeichnet sich im Idealfall als ein für alle Menschen, unabhängig von ihren individuellen religiösen Überzeugungen, verpflichtendes Programm des friedlichen Zusammenlebens aus. Er hat daher das Potenzial zum Verbinden. Verschiedene Formen des Religionsunterrichts betonen dagegen – zwangsläufig – das Trennende zwischen sich und ihren Konkurrenten.

Während Ethik also das „alle Menschen werden Brüder“ in den Mittelpunkt stellt, befördert der verpflichtende Religionsunterricht (auch wenn er „frei gewählt“ wurde) den „Clash of Civilizations“.

Es wäre außerdem naiv zu glauben, alle Eltern würden ihre Kinder frei wählen lassen. Die säkulare Gesellschaft hat ein Recht darauf, Kinder vor ihren Eltern und deren Traditionalismen zu schützen – zugunsten einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft, in der alle Platz haben. Auch die Anhänger eines zusätzlich angebotenen freien Religionsunterrichts.

Die Ein-Hand-Bibliothek

Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle Bücher einer gut sortierten Privatbibliothek in ein einziges Taschenbuch packen. Faszinierend! Ich meine dabei nicht eine Schwarte, die den Weg ins Guinness-Buch der Rekorde schafft, weil sie 20 Meter dick ist. Nein, ich spreche vom so genannten eBook, dem elektronischen Buch, das es mittlerweile in verschiedenen Varianten auf dem Markt gibt.

Technische Grundlage dieser „Ein-Hand-Bibliothek“ ist das ePaper, eine Art Kunststoff, in dem Tintenpartikel eingelagert sind (eInk, natürlich!), die durch das Anlegen einer Spannung in eine bestimmte Lage gebracht werden und somit Buchstaben, Satzzeichen und Bilder darstellen. Das Geniale daran: Strom fließt nur beim Verändern dieser elektronischen „Tintenkleckse“, sprich: beim Umblättern. Der Energieverbrauch hält sich daher in Grenzen, was eine Akkulaufzeit von mehreren Tagen ermöglicht. Da lassen sich schon ein paar Wälzer verschlingen – je nach Größe des integrierten (oder zusätzlich einsteckbaren) Speichers passen mehrere hundert bis tausend Bücher in elektronischem Format auf so ein eBook.

Außerdem kann man sich die Tageszeitung, Magazine und vieles mehr überspielen, einige Modelle können sogar wie ein Notizblock verwendet und mit einem speziellen Stift beschrieben werden. Textmarkerfunktionen erweitern den Komfort, ohne die mitgeführten Bücher unauslöschlich zu verunstalten. Perfekt für Studenten, die unterwegs oder an der Uni an Texten arbeiten wollen.

Aber natürlich ist das eBook auch deshalb genial, weil es nicht einmal so schwer ist wie ein echtes Taschenbuch, schnell in die Tasche gesteckt und am Strand, im Kaffeehaus oder im Zug wieder hervor gezaubert werden kann.

Die grauschwarze Tinte auf weißem Hintergrund verdient ihren Namen: Die Buchstaben sehen wirklich so aus, als wären sie auf Papier gedruckt und nicht so, als würden sie dem Leser von einem Computerbildschirm entgegen flimmern. Das schont die Augen.

Ich werde mir ganz bestimmt ein eBook zulegen, spätestens dann, wenn es all meine philosophischen Lieblingsbücher in günstigen elektronischen Versionen zu kaufen gibt. Derzeit sind hauptsächlich belletristische Werke erhältlich. Der Preis der eBooks selbst, also der Geräte und derjenige der einzelnen Bücher, der Dokumente, muss allerdings noch sinken. Oder die öffentliche Hand fängt an, ihren Bildungsauftrag ernst zu nehmen und fördert beides – um der guten alten Kulturtechnik des Lesens und um des Wissens seiner Bürger willen.

Man stelle sich vor, was das an Entlastung für Schulkinder und deren Lehrer bedeuten könnte: Statt schwerer Schultaschen mit einem Stoß von Büchern gefüllt nur mehr ein schlankes eBook, aus dem die Texte aller Unterrichtsgegenstände gelesen werden. Die Hausaufgaben und Schularbeiten werden ebenfalls in die auf Notizbuch-Funktion umgestellten eBooks geschrieben und in der Schule per WLAN ins Netz überspielt. Die Lehrer holen sich die Arbeiten anschließend virtuell auf den Bildschirm, um sie dort zu korrigieren.

Vom positiven Einfluss auf die Umwelt habe ich noch gar nicht gesprochen: Weniger echte Bücher bedeutet mehr Bäume in der Landschaft und weniger CO2 in der Atmosphäre. Vielleicht könnte man das Plastik des eBooks so designen, dass es nach echtem Buch riecht. Nur das Gefühl (und das Geräusch) beim Blättern ginge verloren. Aber darauf würde ich verzichten, wenn ich dafür meine 3000 Bücher in einer Hand halten könnte…

Gott würfelt nicht?

Vor 200 Jahren kam der englische Theologe (welch‘ Ironie, dass er, das große Feindbild damaliger und auch noch vieler heutiger Theologen einer der Ihren war!) und Biologe Charles Darwin auf die Welt. Vor 150 Jahren erschien sein die bisherige Betrachtung der biologischen Welt radikal veränderndes Werk „Über den Ursprung der Arten“. Es ermöglichte jenen, die bereit waren, offenen Auges zu sehen, eine fundamentale Revision der bis dahin eingenommenen Perspektive.

Darwin ist für viele (hauptsächlich religiöse) Menschen noch immer ein Gottseibeiuns: Wir, die Menschen, die vermeintliche „Krone der Schöpfung“, das Ergebnis eines blinden Spiels von Zufall und Notwendigkeit, von Mutation und Selektion?

Eine unerträgliche Vorstellung!

Der Erfinder der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hatte wohl recht, als er Darwins Theorie als eine der drei großen Kränkungen der Menschheit (nach der durch die Wiederentdeckung des heliozentrischen Weltbildes durch Nikolaus Kopernikus und vor der durch seine eigene, Freuds Theorie über die Bedeutung des Unterbewusstseins) bezeichnete.

Dabei ist alles so einfach: Keine Artenvielfalt, ja kein ein einziges mehrzelliges Lebewesen (und damit uns selbst, die Menschen) gäbe es, hätte nicht zufällige Mutation durch Variation der ersten Einzeller beim Versuch, sich selbst durch idente Reduplikation zu vermehren, als „Fehler im System“ zugeschlagen.

Wer das einmal begriffen und die verführerische Vorstellung über Bord geworfen hat, die ganze Welt wäre von Anbeginn an auf unsere Entstehung ausgerichtet gewesen, sieht vieles klarer, ja natürlicher – auch die Entstehung und Entwicklung von kulturellen Erscheinungen wie etwa Ideologien und Religionen.

Auch sie entstehen durch „Mutation“ vorhandener Bestände, durch kreative Veränderung der jeweiligen Gegenwart. Ob sie sich halten können, hängt von den Rahmenbedingungen ihrer Zeit in ihrem Umfeld ab. Manche von ihnen werden selektiert und sterben aus – so wie das geozentrische Weltbild, das dem gegenteiligen Wissen über das Universum, das die neuzeitliche Naturwissenschaft zunehmend erwarb, eines Tages nicht mehr standhalten konnte.

Welche biologischen, aber auch geistigen Arten, also Ideen und künstlerische Hervorbringungen in der Zukunft entstehen und welche wieder vergehen werden, lässt sich nicht voraussagen. Aber dass sich alles verändert, die natürliche und die kulturelle Welt, ist offensichtlich. Wer das leugnet, sollte die eigenen Überzeugungen, den eigenen Wissensstand, die eigenen Einstellungen und ihren Wandel in der Zeit in den kommenden Jahren beobachten.

Charles Darwin hat die Welt um eine Idee reicher gemacht, die sich noch weiter entwickeln wird (nicht alle Detailfragen der Evolution sind bis zum heutigen Tag befriedigend geklärt). Ihre grundsätzlichen Mechanismen „Mutation“ und „Selektion“ sind jedoch unwiderlegt und werden von Natur- und Geisteswissenschaftern gleichermaßen für ihr jeweiliges Gebiet anerkannt.

Kreisverkehr

„Ich bin draufgekommen, dass es in meinem Leben Sachen gibt, die wichtiger sind, als mit dem Auto im Kreis zu fahren.“ Mit diesem in die Sportgeschichte Österreichs eingegangenen Sager beendete Niki Lauda am 28 September 1979 in Montreal seine Karriere als Formel 1-Pilot.

(Dass er zwei Jahre später wieder im Cockpit saß, tut hier nichts zur Sache.)

Seit heute Vormittag, 9:33 Uhr, blickt die ganze Welt Richtung Genf. Im CERN, einem physikalischen Grundlagenforschungszentrum, wurde ein Protonenstrahl auf die Reise geschickt: Auf eine „Fahrt“ durch einen 27 km langen, kreisförmigen Tunnel.

Der Teilchenbeschleuniger, wie das technische Monstrum auf Deutsch heißt, soll – nebst ein paar anderen wichtigen – diejenige Frage klären, ob das so genannte Higgs-Boson, ein bisher in seiner Existenz bloß postuliertes Elementarteilchen, tatsächlich existiert. Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik benötigt das „Higgs“, um den übrigen Teilchen Masse zu verleihen.

Und wozu brauchen wir das? fragen Zweifler an der Sinnhaftigkeit des enormen, nicht zuletzt finanziellen Aufwandes für die Suche nach einem, falls denn überhaupt vorhandenen, klitzekleinen Teilchen. Wäre das Geld nicht besser eingesetzt, wenn damit der Hunger in der Welt verringert, die medizinische Versorgung der Bewohner armer Länder ausgeweitet oder zumindest ihre Ausbildungsmöglichkeiten verbessert würden?

Abgesehen von der nicht gerade unbedeutenden Tatsache, dass ein nicht gefundenes Higgs-Boson das aktuelle physikalische Weltbild zum Einsturz und Physiker aller Herren Länder dazu bringen würde, Haare raufend nach einem neuen Modell zu suchen, wäre der unmittelbare Nutzen für Otto Normalverbraucher auf den ersten Blick wirklich nicht ersichtlich.

Aber so ist das nun einmal mit der Wissenschaft: Die meisten von uns, die wir vielleicht (noch) nicht verstehen, worum es bei solch anspruchsvollen Experimenten überhaupt geht, werden früher oder später von ihren Ergebnissen und den daraus abgeleiteten Anwendungen profitieren. Das zumindest zeigt die bisherige Wissenschafts- und Technikgeschichte der Menschheit – trotz aller Negativa, die der Fortschritt mit sich gebracht hat und wohl auch in Zukunft mit sich bringen wird.

„Kein Nutzen ohne Schaden“ lautet das entsprechende Credo all jener, die das Glas des menschlichen Wissens und Könnens lieber halb voll sehen möchten als halb leer.

Dass die geplante Kollision der Elementarteilchen auch Licht in den „Ursprung des Universums“ bringen könnte, ist ungleich spannender und sollte auch von Nicht-Physikern in ihrer Bedeutung für das Selbstverständnis der Menschheit nicht unterschätzt werden.

Es gibt also tatsächlich „Fahrten im Kreis“, die ziemlich wichtig sind.

Verlierer sehen anders aus

Die Arme hoch, die Fäuste geballt, die Brust heraus gestreckt, vielleicht ein Jubelschrei, manchmal ein Lächeln – letzteres gehört aber nicht unbedingt dazu.

Zwei Psychologen (aus Kanada und den USA) wollen durch Analyse der Bildsequenzen von über 100 Judoka (Männer und Frauen, teils sehend, teils blind) aus 36 Nationen herausgefunden haben, dass Siegerposen im internationalen Vergleich einander sehr ähnlich sind. Sie dürften also angeboren sein. Nicht nur bei Menschen, übrigens. Affen verhalten sich hier ziemlich menschlich. Oder umgekehrt.

Die Siegerpose dient, so die Interpretation der Daten, nicht nur als Ventil für die Freude über den eigenen Erfolg. Sie ist darüber hinaus ein Signal an die eigene Gruppe: „Seht her, ich bin der Größte!“

Die Bilder wurden nach gewonnenen oder verlorenen Kämpfen bei den letzten Olympischen Spielen und Paralympics von Athen aufgenommen.

Interessant daran: Die Verlierer-„Posen“ unterscheiden sich, im Gegensatz zu denen der Sieger, im Vergleich der Kontinente stark voneinander. Denn während die angeborenen Ausdrucksformen für Erfolg intuitiv und gleichsam automatisch aus uns heraus brechen, hängen Art und Umfang der zur Schau getragenen Niederlage von unserem kulturellen Umfeld, sprich: von unserer Sozialisation ab.

Verlierer aus Westeuropa und Nordamerika zeigen ihre Scham viel weniger deutlich als jene aus anderen Nationen. Die Erklärung der Wissenschafter: Verlieren ist in unseren Breitengraden viel stärker stigmatisiert als in anderen Regionen der Welt.

Schlechtes Karma

Sie brüstete sich einst damit, eine der intelligentesten Schauspielerinnen Hollywoods zu sein: Sharon Stone. Angeblich würde ihr IQ bei sagenhaften 154 Punkten und damit sogar über dem von Albert Einstein liegen.

Mit ihrer neuesten Aussage, das Erdbeben in China könnte vielleicht „schlechtes Karma“ für die Pekinger Tibet-Politik sein, hat sie sich jedoch nicht mit dem Ruhm der Intelligenz bekleckert.

Abgesehen davon, dass die Karma-Lehre prinzipiell unsinnig ist, findet ihre Anwendung durch Sharon Stone das falsche Ziel: warum sollte die Bevölkerung Chinas leiden, wenn dessen Machthaber Tibet unterdrücken?

Kommentare wie derjenige Stones erinnern frappant an die These eines konservativen Bischofs aus Österreich, AIDS wäre die „Strafe Gottes“ für „unzüchtiges Verhalten“, oder an die Aussage von Reverend Bill Shanks, Pfarrer in New Orleans, der Hurrikan Katrina und sein Werk der Vernichtung wären eine Säuberungsaktion Gottes in einer Stadt voller Sünde.

Wenig überraschend schimpfen derzeit Millionen von Chinesen über die Schauspielerin, laut einer Internet-Umfrage würden ihr 70 Prozent „niemals verzeihen“.

Kein Wunder also, dass der Werbepartner von Sharon Stone, die Luxusmarke Christian Dior, sie zu einer offiziellen Entschuldigung nötigte, immerhin ist China ein wichtiger Zukunftsmarkt.

Worte sind mächtig, und wenn es noch dazu die falschen Worte sind, können sie großen Schaden anrichten. Sharon Stones „Analyse“ der Ursachen der Naturkatastrophe in China sind ein gutes Beispiel – für schlechte Kommunikation.

Göttliche Banane

Daniel Dennett ist ein US-amerikanischer Professor für Philosophie an der Tufts University in Medford, Massachusetts. Seine Vorträge und Diskussionen, die auch über youtube abgerufen werden können, sind perfekte Inszenierungen.

Die PowerPointPräsentationen, die Dennett dabei verwendet, sind hervorragende Beispiele für die goldene Regel im Kommunikationsgeschäft „weniger ist mehr“. Sparsam mit geschriebenen Worten, dafür mit umso mehr Bildern veranschaulicht der Professor seine Überlegungen.

In einem Vortrag, in welchem sich der bekennende Atheist über das Konzept des „intelligent design“ lustig macht, zeigt er das Foto einer Banane. Dabei erklärt er, dass diese Frucht das perfekte Beispiel für „intelligent design“ sei. Sie wäre ideal auf die Bedürfnisse des Verbrauchers Mensch eingestellt:

  • Farbcodierung für den Konsum (grün = unreif, noch nicht genießbar! Gelb = zum Verzehr geeignet! Braun = Achtung, besser nicht mehr essen!)
  • Leichte Schälbarkeit anhand der Aufrisslasche oben und der Perforation an den Seiten.
  • Perfekte Form zur leichteren Einführung in den Mund.

Natürlich ist Daniel Dennett ein Spötter, der sich über seine weltanschaulichen Widersacher lustig macht. Aber er tut dies auf eine sehr bildhafte und plakative Weise. Daher bleiben seine Beispiele und das, was er damit sagen will, im Gedächtnis hängen – so funktioniert erfolgreiche Kommunikation..!

Redseligkeit

„Ein so redseliges Vis-à-vis hat man selten.“ So beschreibt Oberstleutnant Thomas Stecher von der Kriminaldirektion 1 den Akademiker, der seine Frau, seine Tochter, seine Eltern und seinen Schwiegervater mit einer Axt ermordet hat.

Das Motiv: verspekuliertes Geld, finanzieller Ruin und die Scham über sein Versagen.

Der Täter wollte seiner Familie die Schande ersparen, einer Familie, in der Arbeit, Fleiß und Erfolg die fundamentalen Tugenden seien.

Warum ein Mensch, der von der Polizei beim Verhör als „redselig“ wahrgenommen wird, es in seinem gesamten bisherigen Leben nicht geschafft hat, mit den Menschen, die er liebt, offen über sich und seine Probleme zu reden, bleibt – vorerst – sein Geheimnis.

Netz-Café

Der Duft frisch gebrühten Kaffees und verführerisch leckerer Mehlspeisen liegt in der Luft. Papier knistert in den Händen schweigend in ihre Lektüre vertiefter Gäste. Hier und da ein Lachen, ein paar Wortfetzen, die sich mit dem „Klink-Klink“ abwechseln, das vom Schlagen eines Mokkalöffelchens oder einer Gabel gegen Tassen und Teller gleichsam aus dem Nichts in den Raum hinein erfunden wird.

Die Atmosphäre eines echten Wiener Kaffeehauses lässt sich nicht künstlich erzeugen oder virtuell nachbilden. Das Gefühl, eine Zeitung aus „Fleisch & Blut“, also aus Papier & Druckerschwärze, in Händen zu halten, ihren Geruch tief in sich einzusagen, vor und zurück zu blättern, ist einzigartig. Hier stößt unsere atemlose, beinahe unentrinnbar schnelle Gegenwart an die Grenzen eines geheimen Reiches freiwilliger Langsamkeit – und prallt an ihr ab.

Wenn ich gefragt werde, was ich an Wien liebe, so muss ich nicht lange nachdenken. Und dennoch gestehe ich: Auch ich kann der modernen Zeit nicht ganz entrinnen, will es auch nicht, da es einiges zu entdecken gibt im weltweiten elektronischen Netz, das es lohnt, „fremd zu gehen“.

Mein „Liebling“ ist

www.zeit.de

die Online-Version der wohl umfangreichsten Zeitung im deutschsprachigen Raum. Nicht, dass die „echte“ Zeit auch nur ansatzweise durch ihre kleine, elektronische Schwester ersetzt werden könnte. Aber immer wieder findet der ziellos umher flanierende Leser Geschichten, Hintergründe, Analysen und Schwerpunkte, die es rechtfertigen, sich hier auf zu halten. Übrigens: Ich glaube, mein „Apple“, mit dem ich mir die „Zeit“ von Zeit zu Zeit ins Haus hole, wiegt nur unmerklich weniger als die Originalausgabe aus Papier…

derstandard.at

ist bestimmt eine der attraktivsten „Seiten“ des Internet – aus Österreich. Informationen, Hintergrundstorys, Kommentare – wenn der Papier-„Standard“ nicht so gut in der Hand läge und sich durch seine lachsfarbene Andersartigkeit vom Rest der heimischen Medienwelt abheben würde, wäre ich versucht, zu sagen: Mir genügt die Internet-Version. Die kann ich weltweit lesen und fühle mich sofort zuhause – mit allen Vor- und Nachteilen dieser multimedialen „Heimatverbundenheit“…

teletext.orf.at und www.orf.at

Na klar, das musste ja kommen. In einem Land, wo der ORF – trotz diverser in- und ausländischer „Privater“ – nach wie vor ein fragwürdiges Monopolistendasein führt, komme auch ich nicht ganz umhin, mich seiner Angebote zu bedienen. Die Farbcodierung der ORF-Site ist einfach praktisch, das lässt sich nicht leugnen. Wer mehr, sprich: tiefer gehende Informationen sucht, darf hier natürlich nicht Halt machen. Die Online-Version des Teletext hat den Vorteil, dass sie knapp, also prägnant daher kommt und eine höhere Aktualität in kürzerer Zeit erreicht, sprich: Hier erfahre ich ziemlich am schnellsten, was sich in den letzten Minuten verändert hat. Wahrscheinlich liegt das daran, dass die „copy/paste“-erfahrenen Redakteure zwei Browserfenster neben einander offen haben: Ihr eigenes und dasjenige der APA…

Zurück ins „Ausland“:

Mit der elektronischen Version der „Neuen Zürcher“

www.nzz.ch

sympathisiere ich vor allem wegen der „Dossiers“ und Hintergrundberichte. In Zeiten, wo die Geschwindigkeit von Sein und dem darüber Nachdenken erschreckende Ausmaße annimmt, finde ich es anziehend anarchistisch, wenn ein Online-Medium wagt, Texte ins Netz zu stellen, für deren Lektüre man länger braucht, als für den Verzehr einer Mozartkugel – oder meinetwegen eines einzelnen Gipfels einer Toblerone…